Abschlussbericht
Erfahrungen im Anbau von Tafeltrauben - innovative Sorten und Anbauhinweise
Die EU-Reform der EU-Weinmarktordnung im Jahr 2000 ermöglichte auch in Deutschland den erwerbsmäßigen Anbau von Tafeltrauben. Chancen bestehen für den heimischen Anbau in der Verwendung pilzwiderstandsfähiger ("PiWi") Sorten, die bezüglich Fungizideinsatz günstiger einzustufen sind. Dieser Fakt gilt als wichtiges Kriterium gegenüber der Importware, die hinsichtlich Überschreitung von Höchstmengen an Pflanzenschutzmittel-Rückständen immer wieder für Schlagzeilen in der Presse und Vorbehalte beim Verbraucher sorgt.
Als weitere entscheidende Vorteile dieser "neuen Obstart" gelten die Aspekte "regional" (contra CO2-schädlichem Transport von z.B. Südeuropa) sowie "frisch" und v.a. "vollreif" geerntet mit ausgeprägtem Aroma.
Bei der Versuchsanstellung seit 2002 an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) wurde auf die damals erhältlichen Tafelsorten zurückgegriffen. Einige davon sind aufgrund der Optik und Beerengröße inzwischen nicht mehr "1. Wahl" für den Erwerbsanbau, sondern eher für den Haus- und Kleingartenbereich zu gebrauchen. Durch die intensiven Kontakte zu osteuropäischen Rebschulen bzw. Anbauer und der intensiven Züchtung kamen auch viele Neuheiten in das Sortiment deutscher Rebschulen.
Versuche und Erfahrungen aus Veitshöchheim
Gemeinsam mit der Abteilung Weinbau der LWG wurden seit 2002 verschiedene Versuche (Sortenprüfung, Erziehungssysteme, Überdachung, Pflanzenschutzbehandlung) im Obstbauversuchsgelände "Stutel" (Gemarkung Thüngersheim) durchgeführt. Standort: Lehmiger Sand, wenig Humus (1,2 %); pH-Wert 7,2. Jahresniederschlag: 560 mm (langjähriges Mittel), seit 1989: 582 mm, jedoch sommertrocken (April – Oktober 200 – 250 mm; davon jährliche Perioden von 3 – 4 Wochen ohne oder nicht relevante Regenfälle). Jahresdurchschnittstemperaturen: 8,7 °C (langjähriges Mittel); seit 1989: 9,7 °C. Im Winter meist keine Schneeauflage, somit Barfröste.
Wie bei allen anderen Obstarten ist Zusatzbewässerung zur Erzeugung guter Fruchtqualitäten unter diesen Bedingungen unerlässlich. Sie erfolgt über Tröpfchenbewässerung, die nach Erfahrung gesteuert wird: bei Trockenheit 2 – 3 x pro Woche; pro Stock und Gabe ca. 15 Liter über 2 Tropfer je Pflanze ausgebracht.
Das Screening der Sorten (1. Prüfstufe) erfolgte am Spalier (Bogenerziehung) als einfaches Erziehungssystem; bei Keltertrauben üblich. Pflanzabstand: 2 m x 1,5 m. Nachteil: Trauben können in Drähte einwachsen → schwierige Ernte; Fruchtverletzungen; zudem erhöhte Sonnenbrandgefahr. Die 2. Prüfstufe der besten Sorten wurde in der Pergola-Erziehung (T) und/oder im überdachten Lyra-System (V) durchgeführt. Wir favorisierten trotz höherer Material- und Arbeitskosten für die Anlagenerstellung das "T": die Trauben hängen frei → höhere Ernteleistung, keine Fruchtbeschädigungen durch Drähte bzw. Sonnenbrand; vereinfachte Laubarbeiten; Abstand: (2,5 -) 3 m x 1,25 m. Das Arenenberger-V und Schrägdach-Systeme wurden 2009 installiert.
Der Reihenabstand wird bei Obstbaubetrieben jedoch von den dort eingesetzten Maschinen und Geräten bestimmt.
Die Fruchtausdünnung sollte möglichst früh erfolgen (Ende Juni, spätestens Anfang Juli), wenn die Jungfrüchte halbe Erbsengröße erreicht haben und das Verrieseln der Trauben abgeschätzt werden kann. Wir dünnen auf 1,5 Trauben pro Fruchtrute aus (abwechselnd 1 und 2 passende Trauben belassen). Je nach Erziehung verbleiben pro Stock 8 – 10 (12) Fruchtruten; folglich 12 – 15 Trauben. Es hat sich gezeigt, dass meist zu viele Früchte hängen bleiben. Dies resultiert – wie bei anderen Obstarten auch – in minderen, v.a. inneren Fruchtqualitäten, ungleicher Ausreife und Stress für den Rebstock (Ausreife, Frosthärte …). Wenn man von Traubengewichten von 400 (500) g ausgeht ergibt sich ein theoretischer Hektarertrag von 18 – 22 Tonnen abzüglich Ausfälle. Dies ist v.a. bei großbeerigen und –traubigen Sorten eindeutig zu viel (anzustreben: 12 – 15 Tonnen).
Im Nährstoffbedarf orientieren wir uns an den Sollwerten pro ha nach HUGENTOBLER LBBZ Arenenberg (Schweiz): 70 – 80 kg N; 40 – 50 kg P205; 100 – 120 kg K2O und 25 – 30 kg MgO. Die tatsächlichen Bodengehalte sind einzubeziehen. Nach eigenen Erfahrungen reichen 50 – 60 kg N. Phosphor- und Kaliwerte können ebenfalls reduziert werden; Magnesium hingegen nicht!
Im Pflanzenschutz kamen bis einschließlich 2007 konventionelle Mittel mit der Indikation "Tafeltrauben" zum Einsatz. Wichtige Schaderreger und eingesetzte Pflanzenschutzmittel (Zulassungsstand 2007)
- Kräuselmilben (1 x Schwefel)
- Traubenwickler (2 Generationen; Mimic, Runner – in isolierten Lagen je nach Befallsdruck mit Verwirrung RAK 1 + 2 und/oder Bacillus-thuringiensis-Präparaten)
- Echter und Falscher Mehltau (2 – 4 x; Mittel wie Collis, Flint, Discus, Topas bzw Schwefel, Cueva gegen Echter Mehltau bzw. Cueva, Dithane NeoTec, Forum, Mildicut, Polyram WG u.a. gegen Falschen Mehltau)
- Botrytis (1 – 2 x, z.B. Cantus, Teldor, Switch)
Die letzte Behandlung erfolgte jährlich jeweils 48 – 55 Tage vor Erntebeginn der Frühsorten. Untersuchungen auf Pflanzenschutzmittel-Rückstände an der LGL Erlangen ergaben dabei eine deutliche Unterschreitung der erlaubten Rückstands-Höchstmengen.
Seit 2008 wurden Mittel des biologischen Pflanzenschutzes eingesetzt außer der Unkrautbekämpfung.
Trotz PiWi-Sorten muss der Standort sorgfältig ausgewählt werden: vollsonnig (Süd-/SO-Lagen), nicht direkt in Tallagen von Flüssen und Seen (erhöhte Nebelgefahr im Herbst → höherer Pilzdruck).
Zu beachten ist, dass benachbarte Weinberge einen gewissen, meist hohen Schaderregerbefallsdruck (Pilze, Wickler) erzeugen, der ggf. in isolierten, bisher nicht weinbaulich genutzten Gebieten hingegen geringer eingeschätzt werden kann.
Bei frühen und mittleren Sorten nehmen die Probleme mit Ohrwürmern und Wespen zu. An der LWG erwies sich die damals vertriebene Wespenfalle "Attrafall" mit ihrem sehr fängigen Ködermittel aus natürlichen Substanzen als sehr wirksam gegen Wespen. Dabei muss jedoch eine Ausbringung mindestens 3 Wochen vor der Ernte erfolgen. Wer seine Anlagen überdacht, kann durch Hagelschutznetze an Rand- und Stirnseiten Wespen und Vögel gleichermaßen abwehren. Im Übrigen bringt die Überdachung auch Vorteile bezüglich des Pilzbefalles, was v.a. auch im biologischen Anbau die Regulierung von Echtem und Falschem Mehltau erleichtert. Durch das Auftreten der Kirschessigfliege, welche v.a. blaue Sorten stärker befällt, sind engmaschige Insektenschutznetze (0,8 bis 1 mm) an Stirn- und Seitenreichen von Überdachungen sinnvolle Abwehrmöglichkeiten. Dennoch muss ein etwaiger Befall im Inneren kontrolliert werden.
An der LWG standen weit über 100 Sorten/Klone weltweiter Herkünfte in Prüfung. Gerade neue(re) Sorten, meist aus Osteuropa, hinterließen gute Eindrücke. Folglich mussten strenge Kriterien zur Bewertung angelegt werden. Somit fielen auch früher empfohlene, "lieb" gewordene Sorten durch das Raster. Hilfreich waren die Verkostungen von zahlreichen Sorten, die jährlich am Veitshöchheimer Tafeltraubentag durchgeführt wurden (siehe Grafiken der Verkostungen 2007 bis 2009) und in unsere Sortenempfehlung mit einflossen. Auch wenn es gewisse Verschiebungen zwischen den einzelnen Jahren gab, so etablierten sich Sorten wie 'Palatina', 'Juliana', 'Arkadia', 'Muskat bleu', 'Frumoasa Alba' stets im vorderen Bereich. Fakt ist auch, dass die aus dem LEH zugekauften Sorten ausländischer Herkunft – bis auf ganz wenige Ausnahmen – das "Tabellenende" zierten. Dies bedeutete, dass fast alle heimisch erzeugten, frisch und vollreif geernteten Trauben günstiger einzustufen waren und vom Verbraucher geschätzt wurden. Defizite lagen v.a. im Bereich der kernlosen Sorten. Die Reifezeit des Sortiments erstreckte sich von Ende August bis Anfang/Mitte Oktober. Spät reifende Varietäten können nur in Super-Lagen bzw. unter Überdachung kultiviert werden. Dennoch besteht ein gewisses Risiko v.a. durch ungünstige Witterung. Daher – und auch zur Einengung des Sortenspektrums – sind wir der Auffassung, dass bis auf wenige Ausnahmen nur noch Sorten der frühen und mittleren/mittelspäten Reifezeit zu empfehlen sind. Durch Lagerungsmöglichkeiten lässt sich der Angebotszeitraum dennoch bis in den November hinein ausdehnen.
Mögliche Aufteilung der Sorten nach der Beerenfarbe: ca. 60 – 65 % "weiß", ca. 30 % blau, 5 % rosé / Besonderheiten. Wie erwähnt sollten nur PiWi-Sorten Verwendung finden, denn nur sie können mit reduziertem Pflanzenschutzeinsatz kultiviert werden. Dabei ist es wichtig, dass sie den langen Zeitraum von Abschlussbehandlungen im Juli bis zur Ernte befallsfrei überstehen.
Wer Besonderheiten für seinen Betrieb braucht (z.B. für Buffets oder Dekorationen), könnte die originellen, dattelförmigen, spitzovalen Sorten wie 'Original' (zweifarbig: gelbgrün mit roséfarbener Backe) oder 'Souvenir' (tief dunkelblau) einbeziehen.
Trauben, die verletzt oder durch Witterungseinflüsse qualitativ negativ beeinflusst sind, können zu Saft und Brand verarbeitet werden – hingegen nicht zu Most, Wein und seit 2009 auch nicht mehr zu Federweißen.
Der Anbau von Tafeltrauben steckt in Deutschland weiter in den Anfängen, obwohl diese "neue Obstart" mit vielen positiven Attributen besetzt ist. v.a. für direkt absetzende Betriebe bietet sie die Möglichkeit, sich positiv darzustellen, das Sortiment attraktiv, abwechslungsreich und innovativ zu gestalten. Wenn der Kunde heimische, frische, voll ausgereifte Tafeltrauben erwerben kann, ist er begeistert. Doch die Bekanntheit dieser Innovation ist beim Verbraucher noch nicht angekommen! Daher muss viel Werbung betrieben werden ("predigen wie ein Missionar!"). Die lokale Presse greift derartige Innovationen gerne auf, so dass die Betriebe Bekanntheit erlangen.
Im indirekten Absatz ist der Weg noch sehr weit. Der LEH greift bislang kaum auf heimische Tafeltrauben zurück. Hauptgründe hierfür sind fehlende Mengen, ungenaue Erntefixierung Wochen voraus für Webeaktionen zu bestimmten Terminen; im Vergleich zu Importware höhere Preise (der Deckungsbeitrag heimischer Tafeltrauben liegt bei 1 € / kg). Jedoch können LEH-Betriebe mit regionalen Produkttheken den Einstieg ermöglichen.
Manche Obstbauer sehen die Tafeltraubenkultur etwas skeptisch, da sie im Vergleich zu Baum- und Strauchobst etwas anders kultiviert wird und eine Konkurrenz in der Erntespitze zu Kernobst, Spätzwetschgen und Herbsthimbeeren bedeuten. Witterungsextreme, Vogel- und Wespenschäden, vor allem aber ein (möglicher) Befall mit der Kirschessigfliege erfordern einen geschützten Anbau (Regenkappen und Insektenschutznetze) spätestens ab Anfang August.
Der anfängliche Sortenspiegel befindet sich im Umbruch. Eine Reihe von Neuheiten zeigen qualitative Vorteile. Für die Etablierung neuer Sorten ist es wünschenswert, dass die Praxis einige für den versuchsweisen Anbau eingestufte Sorten mit einbezieht, damit Erfahrungen aus anderen Regionen mit unterschiedlichen klimatischen Konditionen in die Sortenbewertung einfließen können.
Die bei den Kunden – v.a. Familien mit Kindern – bevorzugten kernlosen Sorten erweisen sich schwierig im Anbau. Auch positiv aufgefallene kernarme Sorten wie 'Juliana', 'Arkadia', bzw. 'Drusba' und 'Ontario' können dabei weiterhelfen.
Tab. 2) Wichtige Anforderungen an TafeltraubenAllgemeine Eigenschaften | Pilzwiderstandsfähige Sorten, langes Erntefenster, gute Lagereigenschaften |
Pflanzgut | Nur veredelte Stöcke pflanzen (Reblaus-Verordnung) |
Optik, Geschmack, Mundeindruck | Trauben: groß, schöne Form; Beeren locker angeordnet |
Beeren | (mittel-)groß, knackig festes Fruchtfleisch, keine zähe Fruchthaut; süß-milde Säure, saftig; keine Fremdaromen (z.B. starker Fox-Ton); gesund; keine Spritzflecken, keine Pigmentierung! (Keine oder wenig Kerne) |
Weitere Anlagen:
Biologischer Tafeltraubenanbau mit den richtigen Sorten
Wie bei allen Obstarten gilt die Wahl der richtigen Sorten als DER entscheidende Aspekt: Freud‘ bezüglich problemlosem Anbau, Robustheit des Stockes und guter Fruchtqualität stehen in einem engen Grad leider auch Leid gegenüber, z.B. Verwendung älterer Sorten, die heute hoch anfällig gegen Echten oder Falschen Mehltau sind. Der Befallsgrad an Schaderregern in einer Region, der richtige Standort und der Jahreseinfluss haben wesentlichen Einfluss auf Pilzinfektionen. Wenn auch die Weinregionen sich als prädestiniert für den Anbau von Tafeltrauben erweisen, so ist dort aber auch mit einem höheren Befallsdruck an Schaderregern zu rechnen.
Der regionalen Sortenprüfung kommt besondere Bedeutung zu. So wurden seit über 10 Jahren zahlreiche Sorten an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim im Obstbauversuchsgelände Stutel geprüft. Der Standort ist an 3 Seiten von Weinbergen umgeben – ein hoher Befallsdruck an Schaderregern liegt somit vor.
Als Einschnitt galt die Reform des Weinrechts, die den Anbau der Tafeltrauben in Deutschland nun kommerziell ermöglichte. Schnell kamen Sorten (vielfach aus osteuropäischer Herkunft), die als Tafeltrauben klassifiziert waren, auf den Markt. Es zeigte sich, dass die früher – vor der Reform des Weinrechts – verwendeten "Traubensorten" (oft auch Keltertrauben) nicht den heutigen Ansprüchen genügen. Damals (2002) übliche Sorten wie 'Bianca', 'Hecker', 'Himrod', 'Phoenix', 'Boskoop Glorie', 'Glenora', können aus verschiedenen Gründen (v.a. Geschmack, fehlende Robustheit, mangelnde Winterhärte ….) für den erwerbsmäßigen Anbau getrost ersetzt werden.
Im Versuchsgelände wurden in der Summe weit über 200 Klone und Sorten an Tafeltrauben getestet, primär für den Anbau im Erwerbsobstbau. Zahlreiche von den Beschreibungen her vielversprechende Sorten haben sich aus verschiedenen Gründen, z.B. Winterfrosthärte, Pilzbefall, Traubenqualität inkl. Geschmack oder Reifezeit nicht bewährt. Franken ist hier doch noch etwa 10 Tage später als Baden, Rheinhessen, Pfalz, sodass spätreifende Varietäten in einigen Jahren qualitativ nicht richtig ausreifen konnten. Einige osteuropäische Sorten, die dort als frostfest und robust eingestuft wurden, haben unter unseren Klimabedingungen Probleme gezeigt. Somit beschränken wir uns in der Empfehlung auf Sorten, die hier bis Ende September geerntet werden können und verzichten auf späte wie 'Angela', 'Theresa'. In vielen Geschmackstests fanden wir heraus, dass Sorten mit "Foxton" (meist in "Amerikanerreben" bzw. deren Nachkommen) überwiegend abgelehnt und sie nur von einem kleineren Liebhaberkreis akzeptiert werden.
Es ist auch festzustellen, dass die Schaderreger mit längeren Standzeiten zunehmen. All dies führt dazu, dass nur ganz wenige Sorten für eine Empfehlung in Frage kommen.
Die erste Frage bei Verkostungen lautet stets: "Haben sie auch Kerne?" Gerne würden wir „ruhigen Gewissens“ kernlose Sorten empfehlen, doch gerade sie zeigen Defizite in der Fruchtqualität (meist sehr kleine Beeren), z.T. Geschmack („nur neutral“ oder aber parfümiert / blumig / starker Erdbeerton), Winterfrosthärte, Pilzwiderstandsfähigkeit, physiologischen Störungen (Stiellähme). Wer gewisse Nachteile in Kauf nimmt, kann folgende Kernlose auswählen:
Tabelle 3) Kernlose Tafeltrauben für den AnbauSorte | Beerenfarbe | Eigenschaften |
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'New York' Syn. 'Lakemont Seedless' | grün-gelb | Reife: Mitte - Ende September; schmale Traube, Verrieseln und Stiellähme möglich; Behang rechtzeitig ausdünnen! Dennoch kleine Beeren, aber mit feinen Fruchtaromen, mild im Geschmack, süß; Falscher Mehltau möglich, frosthart. |
'Venus' | blau | Reife: Ende August - Mitte September, kurzes Erntefenster (wird schnell weich); mittelgroße, schmale, kompakte Trauben; runde, mittelgroße, Beeren mit +/- ausgeprägten Erdbeerton; stark wüchsig, sehr große Blätter; gute Winterfrosthärte und Robustheit |
'Kischmich' | rosé | Reife: Mitte September; Beeren fest, oval, süß, feinfruchtig; sehr große, kompakte Traube; Mehltau nimmt zu: geschützter Anbau sinnvoll |
'Vanessa' | rosé | ab Mitte August; feinfruchtig, süß mit akzeptablem Erdbeerton |
Die Rebschule Wolf ist Sorteninhaber weiterer kernloser Sorten, die bei uns für eine Anbauempfehlung noch nicht lange geprüft sind oder durch späte Ausreife ausscheiden. 'Talisman', 'Leon' 'Aphrodite', 'Jana' sind vielversprechende kernlose Neuheiten, während sich 'Primus', 'Millenium' (beide früh, süß-fruchtig) und die qualitativ hochwertige 'Tonia'® als anfällig und nur für den geschützten Anbau erweisen.
Weitere Rebschulen, u.a. Schmidt und Steinmann, führen zusätzliche kernlose Sorten, die für einen versuchsweisen Anbau mit in Frage kommen.
Da die kernlosen Beeren kleiner sind, gilt besonderes Augenmerk auf intensiven Schnitt, mehrfache Laubarbeiten, konsequente Fruchtausdünnung, Schutz vor Wespen, Vögel bzw. Kirschessigfliegen z.B. durch Einnetzungen. Vorteilhaft: die Spaliererziehung an Drahtrahmen mit 2 Flachbögen, deren Fruchtruten an weiteren Drähten fixiert, auf 2 - 2,50 m Höhe begrenzt und mit Folie oder Insektenschutznetzen geschützt werden können. Bewährt haben sich 12 - 14 Ruten je Stock mit 18 - 20 Trauben, die je nach Beeren- und Traubengröße 5 - 15 (z.B. Fanny, Frumoasa Alba) kg pro Stock entsprechen.
Die seit Jahren – auch stets mit gutem Feedback vieler Anbauer – beste, bewährte Sorte ist die schweizer Sorte 'Muscat bleu'. Sie überzeugt mit mittelgroßen, rundlichen, hangstabilen Beeren in lockerer Traube (oft auch verrieselt, v.a. bei schlechtem Blühwetter); somit kaum Botrytis (auch in der relativ festen Schale begründet) und langem Erntefenster von Anfang/Mitte September bis Mitte Oktober. Der hervorragende Geschmack (süß, aromatisch; ausgeprägter Muskatton) verzeiht die doch markanten, meist als störend empfundenen Kerne. Hervorzuheben ist die gute Widerstandsfähigkeit gegen Frost und Pilzbefall.
'Birstaler Muskat' gilt als "gelbe Schwester" der 'Muscat bleu' mit ebenso gutem Geschmack, hohem Ertrag (Ausdünnen bevorzugt auf nur 1 Traube pro Fruchttrieb, sonst leidet das Aroma) und guter Robustheit. Gravierender Nachteil: die deutlich kleineren Beeren lassen die Kerne dominant erscheinen. Das ist der Grund, dass 'Birstaler Muskat' in der Bewertung stark abfällt.
Als gelb-grüne Alternativen dazu gelten 'Garant' und 'Drusba', beide ab Anfang September reifend mit süß-fruchtigen, mittelgroßen Beeren, deren Kerne weniger wahrgenommen werden. Beide Sorten erweisen sich robust. 'Garant' besitzt einen angenehmen Muskatton, 'Drusba' ist neutraler.
Als mehrjährig gut präsentiert sich unter den "weißen" Sorten die ab Mitte September reifende moldawische Sorte 'Frumoasa Alba' bezügl. Frosthärte, Geschmack (süß-fruchtig, dezente Muskatnote), großen, lockeren Trauben, sehr großen rundlichen Beeren, deren Kerne als kaum störend empfunden werden. Sie ist gegen Echten Mehltau tolerant; Falscher Mehltau kann v.a. in regenreichen Jahren auftreten.
'Fanny', eine sehr bekannte weiße Sorte ab Mitte/Ende September, besticht durch sehr große Trauben und v.a. Super-Ertrag, der – wenn nicht auf 1 bis maximal 1,5 Traube pro Fruchtrute ausgedünnt – allerdings zu Lasten des Geschmacks geht. Eine zusätzliche Düngung v.a. Magnesium, ist bei derartig hohem Behang ab Ende Juni zu beachten. Die Frosthärte ist gut; Falscher Mehltau kann auftreten.
Zu 'Ontario' liegen nun auch 8 jeweils positive Prüfjahre vor. Bei dieser blauen, ab Mitte/Ende September reifenden Sorte mit großen, lockeren Trauben und festen, großen, ovalen, feinfruchtigen Beeren stören die Kerne kaum. Frosthärte und Pilzwiderstandsfähigkeit erwiesen sich stets günstig.
Details und Bilder zu Sorten und Verkostungsergebnisse können Sie u.a. einsehen unter:
In allen Weinbauregionen haben einige Obstbauer und Winzer mit dem Anbau von Tafeltrauben begonnen, zumal heimisches Obst aus der Region, voll ausgereift mit gutem Geschmack und frisch geerntet, den Kunden überzeugt. Im Direktabsatz gehen Tafeltrauben gut und sie bereichern das gesamte Angebot, was auch den Absatz anderer Obstarten fördert. Hingegen hat sich die indirekte Vermarktung noch nicht etabliert. Anbauer, die direkt den LEH beliefern, haben ihren Anbauumfang und ihr Sortiment gefunden. Den meisten Anbauern ist klar geworden, dass nur der geschützte Anbau für sichere Erntemengen sorgt und sie damit ihre Lieferverpflichtungen erfüllen können.
Ein solcher Pionier in Unterfranken ist Armin Braun, der seine ab 2006 angelegten 1,5 ha Tafeltrauben (auf 2 benachbarten Flächen, geschützter Anbau) in Bergrheinfeld-Garstadt bei Schweinfurt ökologisch bewirtschaftet. Regenkappen (gegen pilzliche Erreger) und seitliche Schutznetze (gegen Vögel und Wespen), die ab August bzw. spätestens ab beginnender Blaufärbung geschlossen werden, sorgen für eine sichere Ernte mit Vermarktung überwiegend an den Lebensmitteleinzelhandel und Fachgeschäfte von September bis Mitte Oktober. Das Biosortiment umfasst 'Palatina', 'Arkadia', 'Fanny' (alle „weiß“), 'Venus', 'Muskat bleu' (blau) sowie die rosafarbene 'Katharina'. Alle Trauben sind mit einer kleinen Banderole „Bio“ am Stängel ausgezeichnet.
Wenn ein Teil der Trauben nicht die gewünschte Qualität erreicht, Mängel aufweist oder die letzte Partie nicht mehr vermarktet werden kann, ist es für die Anbauer wichtig, diese Früchte in der Saftbereitung oder Brennerei zu verwerten. Das Weinrecht verbietet, Tafeltrauben zu Wein, Most und Federweisen zu verarbeiten.
Wie bei vielen Obstarten stellt uns die Kirschessigfliege nun vor große Herausforderungen. Insektenschutznetze, die auch bei uns im Versuchsbetrieb ab Sommer eingesetzt werden, scheinen in Kombination mit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln, luftiger Kulturführung, kürzeren Ernteintervallen, komplettem Abernten und Bestandshygiene hoffentlich gute Lösungsansätze zu bieten. Bei Keltertrauben blieben 2014 die „weißen“ Sorten in Franken verschont. Ob dies auch für alle „weißen“ Tafeltraubensorten und für andere Regionen zutrifft und ob alle blauen Tafelsorten gleichermaßen befallen werden, das werden die weiteren Sortenprüfungen an vielen Standorten zeigen.