Nachbericht zur Hybrid-Veranstaltung am 16.01.2023
Industriegemüsetag 2022 in Veitshöchheim
Nach 2 Jahren Coronapause trafen sich Anbauer, Berater, Vertreter der Sauerkonservenindustrie, der Züchter, der Verbände sowie aus verschiedenen staatlichen Institutionen wieder persönlich zum Industriegemüsetag in Veitshöchheim. Der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Andreas Maier begrüßte fast 60 Teilnehmer in der Aula der LWG Veitshöchheim. Neu war die Möglichkeit einer Onlineteilnahme, diese wurde von 58 Teilnehmern genutzt.
Andreas Maier ging in seiner Eröffnungsrede auf die Entwicklungen im Industriegemüseanbau in Bayern ein. So ging die Anbaufläche für Einlegegurken von 1400 ha im Jahr 2015 auf 933 ha im Jahr 2020 zurück, weil Anbauflächen in das Ausland verlagert wurden. Auch verlagerten Verarbeiter ihre Produktion in das Ausland. 2021 war wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Verursacht wurde dies durch die Steigerung der Erträge. Gründe dafür sind unter anderem: die Sortenwahl - dazu liefert unser Sortenversuch transparente und neutrale Aussagen, das stabile warme Wetter im Sommer, welches die Gurke als wärmeliebende Pflanze im Wachstum fördert und die weitere Professionalisierung des Anbaues. Absatzprobleme im Gastronomiebereich während des Corona-Lockdowns hätten unter anderem auch zu einem Rückgang der Anbaufläche bei Industriekraut geführt, so Andreas Maier.
Rainer Petzi vom AELF Abensberg-Landshut ging in seiner Begrüßung auf die besondere Situation der Bewässerung von Gemüsebaukulturen in Niederbayern ein. Die Mengenbegrenzung stellt für bewässerungsintensive Kulturen, wie beispielsweise die Einlegegurke, und das Industriekraut, ein Problem dar. Die Moderation der Veranstaltung übernahm anschließend Andreas Schmitt vom Institut für Erwerbs und Freizeitgartenbau der LWG.
Aktuelle politische Situation und die Auswirkungen auf die Betriebsmittelpreise
Josef Martin Bauer, Leiter der Pflanzenbauberatung von der BayWa München ging in seinem Vortrag „Aktuelle Entwicklungen bei Betriebsmitteln für den Pflanzenbau“ auf die derzeitige schwierige Situation der Entwicklung der Kosten bei den Betriebsmitteln ein. Beispielsweise ist Russland ein großer Produzent von Stickstoffdüngern. Auch ist der hohe Energiekostenanteil von mehr als 80 % verantwortlich für die steigenden Betriebskosten bei Stickstoffdüngern. Bei Phosphat- bzw. Kalidüngern liegt er bei circa 20 %, so Bauer. In Deutschland ging der Verbrauch an Stickstoffdüngern zwar seit 2014 um 30 % zurück, während der Verbrauch von Phosphat, Kalk und Kalidüngern in etwa gleichblieb. Trotzdem führten die steigenden Energiekosten, insbesondere bei den Stickstoffdüngern, zu großen Preissteigerungen am Markt. Markt- und Preisentwicklungen im Bereich der Düngemittel sind und bleiben schwer kalkulierbar, so Bauer in seinem Zwischenfazit.
Auch der Pflanzenschutzmarkt war bis 2021 mit 24 % seit 2015 rückläufig. Das Jahr 2022 war geprägt von Produktionsproblemen. So kam es in China aufgrund der dortigen Coronapolitik zu Logistikproblemen und einer Wirkstoffknappheit. Für 2023 würde die Situation bei den Lieferketten angespannt bleiben. Folge wären erneute Preissteigerungen. In seinem abschließenden Resümee empfiehlt Bauer eine frühzeitige Mengenplanung und Abstimmung mit der Pflanzenbauberatung und den Betrieben. Der Anbauer sollte flexibel sein. Erwartet wird jedoch eine bessere Warenverfügbarkeit für 2023.
Saisonrückblick aus Sicht der Anbauberatung
Johannes Frank vom Erzeugerring für Obst und Gemüse Straubing, ließ traditionell mit seinen Praxisbeobachtungen das vergangene Anbaujahr 2022 Revue passieren. Die Saison begann mit einem trockenen Frühjahr, Starkniederschlägen im Juni und einer langen Trockenperiode bis zum Saisonende. Der Witterungsverlauf wirkte sich positiv auf die Erträge bei Einlegegurken aus, so Frank. Weiterhin zeigte Frank anschaulich Fotos zu Strukturschäden, als Folge unsachgemäßer Bodenbearbeitung, welche zu Bodenverdichtungen im Unterboden führte.
Anschließend gingen Frederic Wöhrl, ebenfalls vom Erzeugerring für Obst und Gemüse Straubing, und Daniela Gleissner vom AELF Abensberg-Landshut in Ihrem Vortrag „Weniger ist mehr – Stickstoff in der Einlegegurke“ auf Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus dem Nmin-Monitoring der Jahre 2018 - 2020 ein. Ziel des Nmin-Monitorings war eine Überprüfung der Düngeempfehlung der Beratung, verbunden mit einer angestrebten Reduktion der Nitratmengen zu Kulturende. Fazit von Gleissner und Wöhrl war, dass die Besonderheiten des Anbausystems - wie beispielsweise eine wöchentliche Nachdüngung - Ursache für hohe Nmin-Gehalte zu Saisonende im Boden wären. Die Stickstoffdüngung müsste stärker an den Nitratgehalt im Boden und an dem Ertragsverlauf angepasst werden, so die Referierenden in Ihrem Fazit.
Welche Sorte ist die Richtige? Vorstellung der Ergebnisse aus den Anbauversuchen in Niederbayern
Florian Hageneder vom AELF Abensberg-Landshut stellte die Ergebnisse des Einlegegurken-Anbauversuchs vor. Ziel des Versuches war neben einer traditionellen Sortensichtung auch die Prüfung auf eine mögliche Einsparung von Pflanzenschutzmitteln gegenüber dem falschen Mehltau. Dafür wurden alle 11 Versuchssorten mit einer betriebsüblichen Pflanzenschutzspritzfolge behandelt. Im zweiten identischen Block erfolgte eine Reduktion der Spritzungen in Abstimmung mit der Betriebsleitung und dem AELF Abensberg-Landshut, so Hageneder.
Statt vier Behandlungen wurden zwei in der reduzierten Variante weggelassen. Die Erträge (Masse und Monetär) lagen 2022 dicht beieinander. Witterungsbedingt war der Befallsdruck im Hinblick auf falschen Mehltau gering. So erreichten die Varianten mit einer reduzierten Behandlung sogar teilweise höhere Erträge, welches auf einen negativen Effekt der Fungizide auf die Erträge zu erklären ist. Eigentlich müsste der Versuch wiederholt werden, so Hageneder in seinem Fazit.
Abgerundet wurde der Tag mit einem umfangreichen Pflanzenschutzteil. Markus Göttl vom AELF Deggendorf - Straubing ging in seinem Vortrag „Pflanzenschutz aktuell – Industriegemüse“ auf aktuelle Pflanzenschutzprobleme im Industriegemüsebau ein. Göttl verwies auf die allgemeinen rechtlichen Bestimmungen zum Einsatz und der Entsorgung von Pflanzenschutzmitteln (PSM). Eine Dokumentation ist hier unbedingt nötig und hilfreich. Weiterhin stelle Göttl Versuchsergebnisse bei der Bekämpfung von falschem Mehltau in Einlegegurken vor. Der Wirkstoff Oxathiapiprolin in Kombination mit verschiedenen Partnern zeigte hier eine gute Wirkung, ebenso Mittel mit dem Wirkstoff Phosphonsäure. Geprüfte Biomittel würden jedoch keine Wirkung zeigen, so Göttl. Ein wichtiger Schädling im Anbau von Industriekraut ist der Kohlerdfloh. Es sollte unbedingt hinterfragt werden, ob die Beizung effektiv ist oder man nach Alternativen suchen sollte?
Als ein verbindliches Ausstiegsdatum für Glyphosat wurde der 01.01.2024 festgelegt. Im Vortragsblock „Glyphosatverbot - Was kommt danach? /Alternativen in der Unkrautbekämpfung“ sollten Alternativen aufgezeigt werden. Die Problematik wurde aus verschieden Sichten dargestellt.
Dr. Sybille Orzek vom Institut für Pflanzenschutz der LfL gab in Ihrem Vortrag „Alternativen, Zulassungssituation im Industriegemüseanbau“ einen Überblick zu dem Stand der Dinge. Seit 2022 ist ein Glyphosat-Einsatz nur noch in Ausnahmefällen unter bestimmten Auflagen erlaubt, die Zulassung ist derzeit bis 15.12.2023 auf EU-Ebene befristet, so Dr. Orzek. Auch wenn die Entscheidung noch nicht endgültig gefallen ist, gilt die Zielvorgabe, für Forschung und Beratung Alternativen zu erarbeiten.
Gregor Knösels aus dem Spreewald verzichtet seit 5 Jahren auf den Einsatz von Herbiziden im konventionellen Einlegegurkenanbau. In seinem Vortrag „Mechanisches Beikraut-Management - ein Erfahrungsbericht“ stellte er seine Motivation und gesammelten Erfahrungen vor.
Grund für den Verzicht war die Abdriftgefahr. Mit Hilfe der Digitalisierung ist ein zentimetergenaues Arbeiten möglich, das wäre die Voraussetzung für sein System des Beikrautmanagements. Knösels setzt Fingerhacken zur Unkrautkontrolle ein. Vorgeschaltet werden Gänsefußschare, welche den Einsatz der Fingerhacken effektiver gestalten würden. Zwei bis drei Hackgänge wären so möglich. Die sandigen Standorte erlauben Fahrgeschwindigkeiten von 15 km/h.
Abschließend ging Lina Schardey in ihrem Vortrag auf Perspektiven, Potential und Möglichkeiten beim Einsatz von Hackrobotern im Gemüsebau ein. Schardey war Bearbeiterin des laufenden Projektes „Innovative Methoden zur ökologischen Beikrautregulierung im Gartenbau“. Vorgestellt wurden verschiedene autonome Hackroboter wie der Farm GT von Farming Revolution oder der Dino von Naïo Technologies aus Frankreich.