Forschungs- und Innovationsprojekt
Nutzwasserbereitstellung und Planungsoptionen für die urbane und landwirtschaftliche Bewässerung
© Dr. Nadine Scheyer/ Stadtentwässerung-Schweinfurt
Viele Regionen in Deutschland und Europa sehen sich durch zunehmende saisonale Wasserknappheit mit einer neuen wasserwirtschaftlichen Situation konfrontiert. Um Wasser durch Mehrfachnutzung länger in der Region zu halten und damit Nutzungskonflikten vorzubeugen, ist es dringend notwendig auch unkonventionelle Lösungen zu sondieren.
Ziel des Projekts
Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Nutzwasser-Projektes ist es, mit der Praxis neue hochflexible und bedarfsgerechte Managementstrategien für eine Wasserwiederverwendung zur urbanen und landwirtschaftlichen Bewässerung zu entwickeln und so zu optimieren, dass eine Anwendung in anderen Zielregionen beschleunigt wird. Das in den Kläranlagen anfallende Klärwasser, das üblicherweise in Fließgewässer abgeleitet wird, wird dabei so aufbereitet, dass sehr hohe Reinheitsgrade erreicht werden und das Wasser sich dem Trinkwasser annähert. Diese Wasserqualität wird als Nutzwasser bezeichnet. Schwerpunkte sind dabei zunächst die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für eine genehmigungsrechtliche Implementierung, die Festlegung von Wasserqualitätsanforderungen für unterschiedliche Bewässerungspraktiken, Echtzeit-Ansätze zur Bedarfsbestimmung und automatisierte Systeme zur Qualitätssicherung. Aufbauend darauf wird untersucht, wie Nutzwasser zum Einsatz im urbanen Grün und in der landwirtschaftlichen Bewässerung kommen könnte.
Methode des Projekts
Das Projekt setzt sich aus übergeordneten Arbeitspaketen zusammen, die von vielen Partnern bearbeitet werden. Untersucht werden dabei einerseits die technischen Möglichkeiten der Wasseraufbereitung und andererseits die Verwendung des hochwertigen Nutzwassers. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) leitet das Arbeitspaket 3: Bestimmung des Bewässerungsbedarfs und unterstützt im Arbeitspaket 5: Bedarfsgerechte Nutzwasserbehandlung und Bereitstellung.
Um eine ausreichende Menge an Nutzwasser durch die Aufbereitungsanlage tagesgenau bereitstellen zu können, ist der lang- und kurzfristige Bewässerungsbedarf maßgebend. Daher wird am Beispiel des Gemüsebaugebietes der Gemeinde Gochsheim ein Cloud-basierter Ansatz für die Prognose des Bewässerungsbedarfs entwickelt. Hierzu werden Echtzeit-Wetterdaten, Wettervorhersagedaten (DWD) und schlagbezogene Daten in der frei verfügbaren Bewässerungs-App der Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern (ALB) e.V. verrechnet. Das Modell wird über die tatsächlichen Wasserentnahmen an den Wasseruhren validiert.
Zusätzlich werden Daten von lokalen Grundwassermessstellen, und Bodenfeuchtesensoren in Echtzeit ausgelesen. Alle Daten werden über ein zentrales Gateway in die Cloud des Leibniz-Rechenzentrums übermittelt und dann für eine bedarfsgerechte Nutzwasserbereitstellung herangezogen.
Nutzwasser soll in Zukunft auch in der urbanen Bewässerung zum Einsatz kommen. Für die Demonstration dieser Nutzwasseranwendung wird der Sportplatz des TV Oberndorf direkt neben der Kläranlage Schweinfurt mit Nutzwasser bewässert. Zudem soll im zweiten Projektjahr am Stadion der Stadt Schweinfurt eine Nutzwasserbewässerung auf ausgewählten Grünflächen erfolgen. Die erfassten Wassermengengaben werden ebenfalls in das Cloud-basierte Bedarfsmanagement integriert und bewertet. Hieraus sollen kulturspezifische Wasserbedarfswerte für urbanes Grün entwickelt und die bestehende ALB Bewässerungs-App um diese Anwendung erweitert werden.
Des Weiteren steht die Entwicklung und Demonstration flexibler Prozesskombinationen für die Bereitstellung von Nutzwasser, die eine sichere Barriere gegen pathogene Keime, Antibiotikaresistenzen und organischer Spurenstoffe darstellen können, im Fokus. Die mittels hochtechnisierter Verfahren unterschiedlich aufbereiteten Wässer sollen auf mögliche phytotoxische Effekte, hygienisch und chemische Beeinträchtigungen sowie Rückstände in Pflanze und Boden bewertet werden. Hierzu werden zum einen Gemüsekulturen in einem Gewächshaus und auf einer Freilandfläche, zum anderen Stadtbäume und eine Wechselflorfläche an der Kläranlage Schweinfurt mit unterschiedlichen Wasserqualitäten kontrolliert bewässert und untersucht.
Projektinformationen
Projektleitung: Stefan Kirchner (LWG-IEF1)
Projektbearbeiter: Louis Baumann (LWG-IEF1), Nikolai Kendzia (LWG-ISL1)
Laufzeit: 01.04.2021 bis 31.03.2024
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung
Projektpartner: Technische Universität München (TUM); TZW: DVGW - Technologiezentrum Wasser; IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH; Regierung von Unterfranken; Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (LRZ); Stadt Schweinfurt – Referat III Umweltschutz; Xylem Services GmbH; Brandt-Gerdes-Sitzmann (BGS) Umweltplanung GmbH; COPLAN AG; Nanostone Water GmbH; HOLINGER Ingenieure GmbH; Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern (ALB) e.V.; Wasserwirtschaftsamt (WWA) Bad Kissingen; Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen-Würzburg; Zweckverband Klärwerk Steinhäule (ZVK); Intermunicipal Water Company Veurne Region (Toreele, Belgien); International Water Association (IWA) Water Reuse Specialist Group
Förderkennzeichen: 02WV1563F