Rebschutz
Technische Möglichkeiten zur Einsparung von Pflanzenschutzmitteln

Der Bayerische Landtag hat im Zuge des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ und dem nachfolgenden Versöhnungsgesetz beschlossen, die Halbierung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel (PSM) anzustreben. Die Dauerkultur Rebe benötigt für ein gesundes Lesegut einen intensiven Schutz vor Krankheiten. Beide Anforderungen müssen in Zukunft vom Winzer erfüllt werden, hier kann Technik helfen.

Rechtliche Vorgaben
Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz

Das übergeordnete Ziel des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz ist, die Risiken, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können, weiter zu reduzieren. Diese Zielsetzung geht konform mit der EU-Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie 2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden.

Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP)

Gute fachliche Praxis

Gemäß § 2a Abs. 1 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) darf Pflanzenschutz nur nach guter fachlicher Praxis durchgeführt werden. Sie ist gesetzliche Vorschrift und somit auch verbindlich zu befolgen.
Die gute fachliche Praxis ist kein statischer Zustand, sondern ein dynamisches System, das sich auf der Grundlage neuer Erkenntnisse und praktikabler Verfahren ständig weiterentwickelt.

Gute fachliche Praxis

Integrierter Pflanzenschutz

Seit 1987 ist der Integrierte Pflanzenschutz das Leitbild des modernen Pflanzenschutzes und im deutschen Pflanzenschutzgesetz verankert. Die Europäische Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie 2009/128/EG setzte im Jahr 2009 auch in der Europäischen Union den Integrierten Pflanzenschutz als Maßstab des Handelns im Pflanzenschutz fest. Die im Anhang III der Richtlinie aufgeführten acht allgemeinen Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes sind seit 2014 für alle Anwender von Pflanzenschutzmitteln verbindlich.
In Deutschland wurden diese Grundsätze mit der Novellierung des Pflanzen­schutz­gesetzes in 2012 als Bestandsteil der Guten fachlichen Praxis verankert. Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzen­schutzmitteln von 2013 widmet sich in vielen Punkten der Umsetzung und Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes.

Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes Externer Link

Green Deal

Mit dem „Green Deal“ hat sich die Europäische Union ein weitreichendes Ziel gesetzt. Bis 2050 soll Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Der Beitrag der EU-Landwirtschaft soll dabei u.a. bei der Einsparung von 50 % der Pflanzenschutzmittel und 20 % der Düngemittel liegen. Dies soll laut "Farm to Fork"- und "Biodiversitäts"-Strategie bis 2030 erreicht werden.

Europäischer Grüner Deal (extern) Externer Link

Technische Möglichkeiten zur PSM-Einsparung

Applikationstechnik

Düsen und Gebläseeinstellung

  • Mit den richtigen Düsen und der richtigen Einstellung von Düsen und Gebläse gelangt die richtige, ausreichende Menge PSM auf die Zielfläche und es geht nichts verloren.
  • Achten Sie auf Düsentyp, Düsenkaliber, Anzahl offener Düsen (entsprechend der Behandlungshöhe), Anstellwinkel und Betriebsdruck.
  • Verwenden Sie Injektorflachstrahldüsen
  • Geräte mit Querstrom- oder Radialgebläse lassen sich besser auf die Laubwand einstellen als herkömmliche Axialsprühgeräte.
  • Stellen Sie das Gebläse Ihres Pflanzenschutzgerätes korrekt auf Luftleistung, Luftgeschwindigkeit und Strahlrichtung ein.
  • Das Luftvolumen entsprechend der Belaubungsdichte einstellen. Dies kann die Abdrift deutlich reduzieren.

Recyclingsysteme

Spritz- und Sprühgeräte, die nicht angelagerte Spritzflüssigkeit auffangen und die Abdrift deutlich gegenüber herkömmlichen Sprühgeräten verringern können, ohne die Wirksamkeit der Anwendung zu mindern. Dazu gehören Tunnel-, Kollektor-, Reflektor- und Zirkulations-Spritzverfahren. Im „Verzeichnis verlustmindernder Geräte“ des JKI sind diese mit bis zu 95 % Abdriftminderung eingetragen.

Vorteile:

  • Geforderte Reduktion kann erreicht werden
  • Einsparung von ca. 40% (von bis zu 70% beim Austrieb bis zu 20% bei voller Laubwand) sind laut Herstellerangaben möglich.
  • Amortisation teilweise über eingesparte PSM

Nachteile:

  • Hohes Gewicht (200 – 300 kg)
    • Bodenverdichtung
    • problematisch in Steillagen
  • Ausmaße - Größe der Vorgewende
  • Anschaffungskosten

Tunnel-Spritzverfahren

  • Spritzverfahren (ohne Trägerluft)
  • Beidseitige Behandlung der Laubwand mit Injektorflachstrahldüsen
  • Zweimal 5 Düsen, zur besseren Belagsbildung 30⁰ nach oben gerichtet
  • Zwei Tunnelelemente mit Abdichtung umschließen die Laubwand
  • Hydraulische Anpassung an unterschiedliche Laubwandbreiten und Gassenabstände

Kollektor-Spritzverfahren

  • Recyclingelemente auf der gebläseabgewandten Seite
  • an hydraulischem Rahmen befestigt
  • nicht angelagerte Tropfen werden an den Kollektorwänden von speziell geformten Abscheideprofilen vom Luftstrom getrennt
  • über Auffangrinne, Injektorpumpe und Filtereinrichtung wird die aufgefangene Brühe in den Brühebehälter zurückbefördert
  • Vorteil: für alle Gebläsearten geeignet

Reflektor-Spritzverfahren

  • Luftstrom trifft auf die gewölbte Prallfläche des Reflektors und wird zurück auf die Laubwand gelenkt
  • überwiegender Teil der im Gebläseluftstrom befindlichen Tropfen läuft die Reflektorwand schlierenartig nach unten und wird in einer Wanne aufgefangen und zurück in den Brühebehälter gefördert
  • restliche Teil an Pflanzenschutzmitteltropfen (Feintropfen) gelangt mit der Umlenkung erneut auf die Laubwand
  • durch den Einsatz von Injektordüsen wird dieser restliche Teil minimiert
  • nur mit Tangentialgebläse möglich
  • Weiterentwicklung: Düsen dosieren in den umgelenkten Luftstrom nochmals Spritzbrühe => zweiseitige Behandlung

Zirkulations-Spritzverfahren

  • baut auf Reflektorverfahren auf
  • in die gewölbte Prallwand wird eine zusätzliche Gebläseeinheit mit Düsen montiert
  • Luft und Sprühtropfen zirkulieren
  • fast geschlossenes System => JKI-Abdriftminderung: 95%
  • alle Gebläsetypen möglich
Gerätebeispiele verschiedener Anbieter

Sensortechnik

Ziel der Technik ist es, Lücken in der Laubwand zu erkennen und an dieser Stelle die Applikation zu unterbrechen. Außerdem automatisch exakt ein- bzw. ausschalten am Zeilenanfang bzw. -ende.

Gerätebeispiel zur Sensortechnik

Applikationsbedingungen

Nach guter fachlicher Praxis gilt es die äußeren Bedingungen für die Applikation von Pflanzenschutzmitteln genau zu beachten. Applizieren Sie Pflanzenschutzmittel nur bei günstigsten Wetterbedingungen:

  • Temperatur
    • Bei hohen Temperaturen besteht durch Thermik die Gefahr von Abdrift
    • Behandlung bei Temperaturen < 25°C
  • Relative Luftfeuchte
    • Behandlungswirkung deutlich besser bei Luftfeuchte > 50 %
  • Wind
    • Windgeschwindigkeiten möglichst unter 3 m/s, jedoch nie bei beständigem Wind über 5 m/s – ab 4 m/s beginnen Blätter und Zweige sich zu bewegen und Fahnen leicht zu flattern. Bewegen sich kleine Äste beträgt die Windgeschwindigkeit bereits 6-7 m/s.
    • Wind weht nicht in Richtung sensibler Bereiche

Applikation

  • Flüssigkeitsmenge an die Laubwandentwicklung anpassen
  • Düsentyp, Düsenkaliber und Betriebsdruck so wählen, dass wenig Abdrift (Feintropfen) und Abtropfverluste entstehen
  • Fahrgeschwindigkeit anpassen, möglichst nicht über 6 km/, ansonsten werden durch den Luftwiderstand der Gebläseluftstrom und die Tropfen nach hinten abgelenkt – schlechteres Eindringen in die Laubwand ist die Folge

Förderung Pflanzenschutzmittel sparender Technik

Investitions- und Zukunftsprogramm des BMEL („Bundesmilliarde“) - Positivliste "Investitionsprogramm Landwirtschaft" mit förderfähigen Pflanzenschutz-Geräten (ab ca. Seite 129) (wird laufend aktualisiert)

rentenbank - Förderung des BMEL - Investitionsprogramm Landwirtschaft Externer Link