Klimaresilientes Stadtgrün
Lebensraum für Pflanzen in der Stadt bieten vorrangig öffentliche Grünanlagen und straßenbegleitendes Grün, Gewerbegrün sowie privat genutzte Gärten. Aber auch in Kombination mit Bebauung und deren Erschließung kann ohne zusätzlichen Flächenbedarf mit grünen Gebäudehüllen und begrünbaren Wegebefestigungen eine wirksame grüne Infrastruktur geschaffen werden. In der Stadt der Zukunft zählt jede Pflanze, um das Klima für ihre Bewohner ein Stück weit erträglicher zu gestalten. Getreu dem Motto „Grün macht Klima“ begeben wir uns auf die Suche nach Pflanzen, die auch in Zukunft noch ihren Beitrag zur Klimamäßigung leisten können. Nur klimaangepasste Pflanzen, in standortgerechter Verwendung trotzen dem Klimawandel, unabhängig ob es sich dabei um heimische oder nichtheimische Vegetation handelt. Wichtige Kriterien für eine standortgerechte Pflanzenverwendung sind neben der Trockenstresstoleranz noch Frosthärte, Vitalität und Aussehen, Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit sowie der Pflegeaufwand.
Grünflächen in der Stadt mit entsprechend leistungsfähiger Pflanzenauswahl bilden das Rückgrat der blau-grünen Infrastruktur. Vernetzte Strukturen innerhalb des Stadtgebiets
- fördern die Verdunstung über Substrat und Vegetation
- halten Niederschlagswasser zurück
- senken die Oberflächen- und Umgebungstemperaturen und zusätzlich für Flächen mit Baumbestand
- schattieren das Baumumfeld
- filtern Schadstoffe
- speichern CO2
Blau-grüne Zapfstellen (Station 5)
Damit Grün in der Stadt seine Wohlfahrtswirkungen entfalten kann, ist eine Grundversorgung mit Wasser und Nährstoffen unerlässlich. Um Trinkwasservorräte zu schonen, wird vor Ort anfallendes Niederschlagswasser in Regenwassersammlern gespeichert. Als Speicher für die Zapfstellen kommen flachgründige unterirdische Zisternen und für mobiles Grün auch integrierbare Wassertanks in Frage. Der Wassertransport vom Speicherort zum grünen Endverbraucher erfolgt über Faserdochte, die das Wasser entgegen der Schwerkraft kapillarwirksam weiterleiten. Der Übergang zum Pflanzsubstrat markiert das Ende des Transportweges und definiert an dieser Schnittstelle gleichzeitig den standortspezifischen Wasserbedarf, getreu dem Motto: „O`zapft is!“
Klimaangepasste Pflanzungen (Station 12)
Ob Straßenbegleitgrün, öffentliches Grün oder Privatgarten: Das Klima fordert seinen Tribut. Gefragt sind strapazierfähige langlebige Pflanzenzusammenstellungen, die mit wenig(er) Wasser auskommen, aber trotzdem für Mensch und Tier einen Benefit bereithalten. Mit der Idee von Staudenmischpflanzungen, die 1993 in Veitshöchheim ihren Anfang nahm, lassen sich viele attraktive Pflanzbilder für sonnige und halbschattige Lebensbereiche realisieren. Erzeugen Sie mit einer Vielfalt an Formen und Farben Aufenthaltsräume, Rast und Landeplätze für alle Arten von Stadtbewohnern. Getreu dem Motto: „Auf die richtige Mischung kommt es an“ herrscht anschließend prima Klima im Staudenbeet.
Eine 5 bis 10 cm dicke Mulchauflage schützt Pflanzen und Boden vor Austrocknung und erleichtert die Pflege. Mulch isoliert den Boden und gleicht Temperaturschwankungen aus. Daraus resultieren kühlere Bodentemperaturen und ein geringerer Bewässerungsbedarf. Als organische Mulchstoffe eignen sich z.B. gehäckselte Rinde, Stroh, sowie Schnittgut und Laubstreu. Sonnenpflanzen bevorzugen mineralischen Mulch aus gewaschenem Sand, Kies- oder Splitt in Korngrößen von 2 bis 16 mm. Die Schichtdicke soll 3 bis 5 cm betragen.
- Forschungsprojekt "Staudenmischpflanzungen: Vielfalt statt Einfalt!"
- Merkblatt "Veitshöchheimer Staudenmischpflanzungen für sonnige Standorte im privaten und öffentlichen Grün"
- Merkblatt "Veitshöchheimer Staudenmischpflanzungen für halbschattige und schattige Standorte"
- Merkblatt "Schotter- und Kiesgärten - Vielfältig und naturnah"
- Merkblatt "Farbe für Stadt und Land - Artenreiche Ansaaten für den Siedlungsbereich"
Stadt-Klimabäume (Station 14)
Das Münchner Stadtgebiet beherbergt rund 900.000 Bäume. Dank ihrer Größe, Raumwirkung und vielfältigen Ökosystemleistungen zählen sie zu den wirksamsten Instrumenten bei der Bekämpfung innerstädtischer Hitze und Trockenheit. Mit zunehmendem Alter nehmen die klimaregulierenden Effekte weiter zu. Gängige Stadtbaumarten wie Kastanie, Esche und Ahorn leiden aber immer stärker unter Trockenstress und werden zunehmend durch Krankheiten und Schädlinge geschwächt. Platzmangel und Leitungsinfrastruktur lassen oft nur ein begrenztes Wurzelraumvolumen zu. Durch Versiegelung des Traufbereichs sowie Rückstrahlung von Gebäuden verschärfen sich die Klimaextreme noch zusätzlich. Damit Bäume in der Stadt eine Zukunft haben, testet die LWG Veitshöchheim seit 2009 im Projekt „Stadtgrün 2021+“ 30 vielversprechende Baumarten auf ihre Eignung als stresstolerante, klimafeste Stadtbäume.
Klima-Erlebnis-Häusl (Station 15)
Schon mal was vom Klimawandel gehört?
Wenn nicht, ist ein Besuch im Klimawandel-Garten Pflicht. Dort im „Klima-Erlebnis-Häusl“ nehmen Sie mit eigenen Augen und Ohren wahr, wie der Klimawandel uns heute schon begegnet. Eine Audio-Installation macht die Folgewirkungen für jeden Besucher vor Ort zum Hörerlebnis. Wer nicht hören will, wird es ohnehin fühlen, denn die Folgen der Erderwärmung beeinflussen längst unseren Alltag. Um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen, bedarf es Klimaschutzmaßnahmen, die zu einer Einsparung von Treibhausgasen beitragen und einer Klimaanpassung, die auf eine Mäßigung der Folgewirkungen abzielt. Das „Klima-Erlebnis-Häusl“ bietet praktische Anschauung, wie wir mit einer klimaangepassten Pflanzenverwendung in unterschiedlichen Handlungsfeldern Klimaschutz und Klimaanpassung betreiben können. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, am besten fangen wir gleich heute noch damit an.
Hören Sie mal rein, wie sich die Folgen von Erderwärmung und Klimawandel auswirken und was man zur Klimamäßigung dagegen tun kann:
„Tropennacht“
Pflanzen an Fassaden und auf Dächern spenden Schatten und isolieren das Gebäude. Sanftes Blätterrauschen und eine natürliche Duftnote wiegen Sie in einen erholsamen Schlaf.
„Waldbrand“
© Wolfram Rothkegel, LWF
Der Umbau von reinen Nadelbaumwäldern zu Mischbeständen minimiert den Trockenstress und macht unseren Wald widerstandsfähiger gegenüber Wetterextremen und Schädlingen. Zudem bilden Laubbäume im Vergleich zu Nadeln eine wenig brennbare und schnell zersetzende Bodenstreu mit hohem Wasserhaltevermögen aus.
„Starkregen“
Sport-, Spiel- und Pflanzflächen halten als begrünbare Regenwassersammler Niederschlagswasser zurück bis es verdunstet oder natürlich gefiltert im Boden versickert. Grüne Dächer und wasserdurchlässige Wege, am besten kombiniert mit Zisternen, reduzieren die Abflussmengen zusätzlich.
„Orkanböe mit Ast- und Stammbruch“
Mehr Totholz? Ja, bitte! Aber eine Stadt ohne lebende Bäume? Lieber nicht!
Sie verschönern Straßen und Plätze, verbessern das Stadtklima, machen
Städte erst lebenswert. Dafür braucht es klimaangepasste Baumarten, die
Vorrang vor unterirdischen Leitungen bekommen, ausreichenden Wurzelraum
genießen und sich unbelästigt vom Verkehr im Stadtraum entfalten können.
„Murenabgang“
Ein Verzicht auf Versiegelung und Bebauung in sensiblen Hanglagen schützt vor Wasser- und Winderosion. Wenn doch gebaut werden muss, dann bitte landschaftsbezogen mit standortgerechter Vegetation, die Bauwerke und offenen Boden lückenlos bedeckt und deren Wurzeln tief ins Erdreich eindringen, um das Risiko für Schlammlawinen zu minimieren.
„Gewitter“
Einsetzender Regen macht die schwül-heiße Gewitterluft erträglich. Damit die feuchte Kühle im lokalen Klima verhaftet bleibt und der mitunter sintflutartige Abfluss keinen Schaden anrichtet, braucht es Speicherplatz in Form von Tiefbeeten und Regengärten. Diese saugen das Wasser wie ein Schwamm auf und geben es später über Boden und Pflanzen dosiert an die Atmosphäre ab.
„Gletscherabbruch“
Warum in die Ferne schweifen, wenn das grüne Paradies liegt so nah!? Ersparen Sie sich und unserem Klima rund 53 Kilogramm CO2 pro Flugstunde, indem Sie Ihren Urlaub im eigenen Traumgarten oder auf der chilligen Balkonoase verbringen. Durch Verzicht auf die stressige An- und Abreise fällt Ihre CO2-Bilanz noch günstiger aus und Sie genießen ein bis zwei Urlaubstage mehr.
„Hagel“
Gut, wer einen Unterstand mit Gründach oder einen bewachsenen Carport besitzt. Das puffert nicht nur den Niederschlag, sondern schützt Fahrzeuge und Inventar vor mechanischen Schäden. Wenn dann noch ausreichend Freiflächen für das abfließende Schmelzwasser vorgehalten werden, steht einer Hagelbeobachtung aus sicherer Umgebung nichts im Wege.
„Hochwasser“
Hochwasservorsorge erfordert mehr Grün und offenen Boden in den versiegelten Zentren aber auch einen anderen Umgang mit unseren Gewässern. Beide Elemente zusammen bilden die „blau-grüne Infrastruktur“, die dafür sorgt, Abflüsse zu drosseln und Notwasserwege zu gestalten, um bei Überflutung einen schadlosen Wasserabfluss durch die Siedlungsgebiete zu gewährleisten.
„Dürre“
Wassermangel sowie Extremwetter erhöhen im Ackerbau die Erosionsgefahr und erfordern Anpassungen bei der Bewirtschaftung, Düngung und Sortenwahl. Gut möglich, dass in trockenen Anbauregionen Bayerns ein klimaresilienter Pflanzenbau mit Erdnüssen, Sesam, Schwarzkümmel und afrikanischen Bohnen die Kultur von Kartoffeln, Mais und Weizen ersetzt.
Klimaschutz „undercover“ (Station 16)
Klimaschutz beginnt schon an der Bodenoberfläche. Im Gegensatz zu einer lückigen braunen Grasnarbe beugen bodenbedeckende trockenheitsverträgliche Pflanzenmischungen einer Aufheizung des Bodens sowie bei Extremwetter einer Wind- und Wassererosion vor. Damit auch bei Neuanpflanzungen oder Ansaaten der offene Boden bedeckt ist, verwenden Gartenprofis organische oder mineralische Mulchmaterialien als eine temporär wirksame isolierende Schutzschicht. Im Gegensatz zu pflanzenarmen Kies- und Schotterschüttungen sorgt die Mulchauflage im Gartenbeet für besseres Wachstum und einen Schutz des Bodens vor Temperaturextremen und Erosion. Durch kühlere Bodentemperaturen reduziert sich auch der Bewässerungsbedarf. Zudem werden unerwünschte Beikräuter unterdrückt, was die Pflege erleichtert. Die Streuschicht ist gleichzeitig Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pilze, die die Bodenstruktur erhalten.
Als organische Mulchmaterialien kommen bevorzugt gehäckselte Rinde in Körnungen von 10 bis 40 mm und Stroh in Halmlängen von 20 bis 60 mm zum Einsatz, die in Schichtdicken von 5 bis 8 cm flächendeckend ausgebracht werden. Auch abgetrocknetes Rasenschnittgut und Laubstreu können in dünneren Schichtdicken verwendet werden. Wichtig vor dem Ausbringen des organischen Materials ist eine Düngung mit Stickstoff. Am besten mit einem organischem Langzeitdünger, z.B. in Form von Hornspänen, um Mangelerscheinungen an den Pflanzen vorzubeugen. Die für eine Zersetzung des Mulchmaterials verantwortlichen Bodenlebewesen sind nämlich ebenfalls auf Stickstoff angewiesen. Sonnenpflanzen dagegen bevorzugen mineralischen Mulch aus gewaschenem Sand, Kies- oder Splitt in Korngrößen von 8 bis 16 mm. Die Schichtdicke soll hier 3 bis 5 cm betragen. Auf eine zusätzliche Düngung kann verzichtet werden.
Mein Freund der Stadtbaum (Station 17)
Insbesondere in Krisenzeiten erfährt das Verhältnis Mensch zu Baum eine besondere Wertschätzung. Ob als Nahrungsquelle, Rohstofflieferant, Kohlenstoffspeicher, Schattenspender oder Habitat - die Vorzüge und Qualitäten von Bäumen werden von uns allen geschätzt. Jetzt, in Zeiten des Klimawandels, müssen sie aber auch von uns mit allen Mitteln geschützt werden. Wir müssen uns kümmern, sonst ist es um Baum und Mensch geschehen. Das fängt mit der standortgerechten Auswahl an Baumarten an, umfasst die artspezifische Pflege und Hege in der Wachstumsphase und endet mit lebenserhaltenden Maßnahmen zur Stamm- und Kronensicherung. Auch ein abgestorbener Baum hat seine Daseinsberechtigung. Über 8.000 Organismen, von Baummarder, Fledermäusen, Eichhörnchen und Spechten über eine Vielzahl an Insekten bis hin zu Moosen und Pilzen, leben im Totholz. Bevor es jedoch dazu kommt, braucht es in unseren Siedlungen mehr robuste klimaangepasste Baumarten, die Vorrang vor unterirdischen Leitungen bekommen, ausreichenden Wurzelraum genießen und sich unbelästigt vom Verkehr in den Stadtraum entfalten können. Geben wir unseren belaubten Freunden einfach das, was sie zum Leben brauchen.