Nachbericht - Fachtagung 7. Juli 2022
Beet- und Balkonpflanzentag 2022 "Dynamik bei Produktion und Markt"
Die diesjährige Fachtagung an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim stand unter dem Motto „Dynamik bei Produktion und Markt“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten nach 2-jähriger pandemiebedingter Online-Durchführung der Tagung wieder vor Ort den üppigen Sommerflor des Versuchsbetriebes Zierpflanzenbau besichtigen und sich über die Neuheiten der grünen Branche informieren. In einer großen Fachausstellung zeigten über 40 Unternehmen der Branche ihre Produkte für die Saison 2023.
Zahlreiche Züchter- und Jungpflanzenfirmen waren vertreten und präsentierten ihre Neuheiten im Bereich Beet- und Balkonpflanzen, Stauden, Naschgemüse und Naschobst. Die Palette der Hersteller gartenbaulicher Produkte reichte von moderner Gewächshaustechnik über zeitgemäße Substrate, Düngemittel und Pflanzenstärkungsmittel. Hier konnten sich die rund 360 Besucherinnen und Besucher umfassend austauschen und beraten lassen.
In Fachvorträgen wurden vormittags aktuelle Entwicklungen im Zierpflanzenbau thematisiert. Im Fokus stand dabei die Problematik der Energieversorgung vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage.
Mit großem Interesse verfolgten die Teilnehmer den Vortrag von Gabriele Harring, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Zierpflanzen (BVZ) im Zentralverband Gartenbau mit Schwerpunkt Wirtschafts-, Umwelt-, Energie- und Pflanzenschutzpolitik. Unter dem Motto „Energiesektor quo vadis?“ gab sie einen Ausblick auf die Entwicklungen im Energiebereich.
Dabei berichtete sie, dass die Abhängigkeit von Gas in den Gartenbaubetrieben sehr hoch ist. Nach Studien des Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerks (C.A.R.M.E.N) stiegen schon bis Dezember 2021, noch vor dem Ukraine-Krieg, die Preise für Erdgas, Flüssiggas und Heizöl steil an. Dagegen blieben die Preise für Hackschnitzel und Anthrazit-Steinkohle relativ stabil. Auch die Kosten für Holzpellets stiegen weniger sprunghaft. Laut Energiesicherungsgesetz (EnSiG), das am 12. Juli 2022 erneut novelliert wurde, haben Energieversorger unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, ihre Gaspreise gegenüber den Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen, um auf die gestiegenen Beschaffungskosten zu reagieren. So können die höheren Kosten an alle Endkunden weitergereicht werden. Dabei können die Energieversorgungsunternehmen nicht alleine entscheiden, bei wem sie ihre Gaslieferungen einschränken.
Für den Agrarsektor werden 180 Millionen Euro zur Unterstützung der besonders durch den Ukraine-Krieg betroffenen Unternehmen bereitgestellt. Die Anpassungsbeihilfen, die aus Mitteln von Bund und EU gezahlt werden, sollen im Gartenbau nur für Gemüse- und Obstbaubetriebe zur Verfügung stehen. Für den Zierpflanzenbau gibt es keine Mittel. Die Begründung ist, dass die erzeugten Produkte nicht zur Versorgung mit Lebensmitteln dienen, obwohl das Thünen-Institut explizit eine besondere Betroffenheit für den Unterglas-Anbau festgestellt hat. Für besonderen Unmut bei den Teilnehmern sorgte die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des ZVG. Darin stellte sie fest, dass man nur eine geringe Betroffenheit für den Gartenbau erwarte und ein möglicher Produktionsausfall auch durch Kollegen in Europa kompensiert werden könne.
Unsicherheit gibt es nach wie vor bei der Energiesicherheit. Gabriele Harring berichtet von einer Aussage der Bundesnetzagentur: Zurzeit kann jede Branche genau begründen, warum genau sie nicht limitiert werden darf. Daher hat die Bundesregierung keine Abschaltreihenfolge festgelegt und offengelassen, bei wem Einschränkungen erfolgen.
Kurzfristig bedeutet das für die betroffenen Zierpflanzenbaubetriebe, dass bei der Erzeugung ihrer Produkte nicht nur Energie gespart, sondern die eingesetzte Energie auch effizienter verwendet werden muss. Auch bei der Optimierung der Kulturmaßnahmen gibt es ein hohes Einsparpotential. Dazu gab Gabriele Harring am Ende ihres Beitrages zahlreiche Tipps. Bewässerungssysteme müssen das Wasser gezielt zu den Pflanzen bringen. Wasserlachen auf den Kulturflächen sollten vermieden werden. Durch undichte Leitungen entstehen nasse Stellen in den Gewächshäusern. Die Verlegung von Schläuchen zur Wasserverteilung sollte unter dem Gewebe erfolgen. Durch Nässe erhöht sich die Luftfeuchte und die damit verbundene Verdunstungskälte in den Gewächshäusern. Dadurch kommt es zu hohen Energieverlusten. Erstklassige Hygiene in Kombination mit gut isolierten und sauberen Außenflächen sorgt ebenfalls für eine erhebliche Einsparung der Heizenergie. Langfristig sollte über eine Umstellung auf andere Energieträger nachgedacht werden.
Im nachfolgenden Vortrag befasste sich Christine Hartmann, Gartenbauingenieurin an der LWG und Mitglied im bundesweiten Arbeitskreis Pflanzenstärkung, mit den zahlreichen Wortschöpfungen im Bereich der Biostimulanzien. Unter dem Stichwort „Erklärungsnotstand“ brachte sie etwas Licht in diesen „Begriffsdschungel“.
Der Begriff der Biostimulanzien wird in der EU-Düngeprodukte-Verordnung 2019/1009 erstmals definiert. Da diese Verordnung erst seit dem 16. Juli 2022 umgesetzt wird, können aktuell noch keine verbindlichen Aussagen getroffen werden, welche Produkte unter dem Begriff Biostimulanzien zukünftig CE zertifiziert werden. Voraussichtlich fallen darunter Produkte aus den Bereichen der Pflanzenstärkungsmittel, Bodenhilfsstoffe und Pflanzenhilfsmittel.
Die Wirkungen der Biostimulanzien sind vielfältig. Sie fördern unter anderem die Qualitätsmerkmale der Pflanzen oder steigern die Effizienz der Nährstoffverwertung. Auch die Toleranz gegenüber abiotischem Stress oder die Verfügbarkeit von Nährstoffen kann durch die Anwendung verbessert werden. Eine Neuerung wird bei den zukünftig CE zertifizierten Biostimulanzien eine Kontrolle der Inhaltsstoffe sein. Sie müssen in den angegebenen Konzentrationen enthalten sein. Auch ein Wirksamkeitsnachweis ist erforderlich. CE zertifizierte Biostimulanzien können zukünftig EU weit gehandelt werden.
In den Augen von Christine Hartmann besteht die Herausforderung momentan darin, die Wirksamkeit in Praxisversuchen nachzuweisen und entsprechende Prüfstandards festzulegen. Die Begründung dafür ist, dass in die Wirksamkeit der Biostimulanzien viele Umweltfaktoren wie Entwicklungsstadium der Pflanzen, Art der Aufnahme oder unterschiedliche Standort- und Witterungsbedingungen hineinspielen.
Christine Hartmann berichtet von Ihren Erfahrungen aus den bundesweiten Ringversuchen zu Pflanzenstärkungsmitteln. Dabei wird an unterschiedlichen Versuchsanstalten in Deutschland die Wirkung diverser Produkte aus dem Bereich der Pflanzenstärkung, Boden- und Pflanzenhilfsstoffe untersucht, die zukünftig als Biostimulanzien zertifiziert werden könnten.
Die eingesetzten Mittel wurden an einheitlichen Kulturen beispielsweise Lavandula, Myosotis, Salvia oder Pennisetum ausgetestet.Daraus resultierend kann gesagt werden, dass es selten möglich war, qualitative Unterschiede zwischen behandelten und nicht behandelten Pflanzen festzustellen. Eine optimale Klima- und Kulturführung hatte dabei oft einen größeren Einfluss auf die Qualität und die Gesundheit der Pflanzen als die Behandlung mit den Präparaten. Auch für den Schaderregerbefall waren häufig der Standort und damit die Kulturbedingungen (Luftfeuchtigkeit, Einstrahlung etc.) ausschlaggebend. Konnten Wirkungen nachgewiesen werden, so waren sie in weiteren Versuchen nicht sicher reproduzierbar.
Die Diskrepanz zwischen den sehr positiven Ergebnissen der Grundlagenforschung und den eher ernüchternden Erfahrungen der praxisnahen Forschung ist hoch. Christine Hartmann hofft, durch die europaweit einheitliche Zertifizierung auf standardisierte und geeignete Bewertungskriterien und Analysemethoden, um zukünftig in ihrer Versuchsarbeit die Wirkung von Biostimulanzien sicher nachweisen zu können. Für die Produzenten ist sie zuversichtlich, dass sich durch Qualitätssicherung und Wirkungsnachweise dieser zertifizierten Produkte die Anwendungssicherheit erhöhen wird.
(Quellen: EU-Düngeprodukte-Verordnung 2019/1009, vom 5. Juni 2019; Elisabeth Götte, Pflanzenschutzdienst Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen)
Anschließend schlug Beatrix Bieker-Royackers, Gartenbauingenieurin an der LWG, in ihren Ausführungen die stärkere Produktion und Vermarktung von Stauden im Zierpflanzenbau vor. Die Nachfrage nach Stauden liegt laut Angaben des AMI (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft) inzwischen bei 7 Prozent der vermarkteten Zierpflanzen, Tendenz stark steigend.
Die Gründe aus Sicht der Kunden sind vielfältig. Sie fordern zunehmend nachhaltig produzierte Pflanzen, die außerdem pflegeleicht sind. Die Pflanzen sollen den Garten in ein Paradies für Insekten verwandeln. Hier beschrieb die Referentin, dass die zahlreichen Besucher der LWG bei den Stauden auf der Versuchsfläche der LWG fasziniert stehen bleiben. Das liegt nicht nur an der großen Vielfalt der Blüten und Farben, sondern auch am starken Beflug mit Bienen, Hummeln oder Schmetterlingen. Darüber hinaus sind viele Stauden sehr hitzetolerant und können, wenn sie ausgepflanzt werden, auch mit geringen Wassermengen auskommen. Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Frosthärte der Sorten und damit die Möglichkeit sich mehrere Jahre daran zu erfreuen, statt die Pflanzen wenige Wochen nach dem Kauf wieder entsorgen zu müssen.
Für die Zierpflanzenbaubetriebe ergeben sich durch die Produktion von Stauden vor allem vor dem Hintergrund der Energieeinsparung viele Vorteile. So können Jungpflanzen, die bereits im August oder September des Vorjahres zugekauft werden, im Freiland überwintert werden. Empfindlichere Arten werden in ein frostfrei gehaltenes Gewächshaus gestellt. In beiden Fällen ist der Energieeinsatz nicht sehr hoch. Ein wichtiges Ziel der Züchtung neuer Sorten ist es, mit verbesserten Genetiken die Pflanzen schon im Ersten Jahr zeitig zu einer üppigen Blüte und Vermarktung zu bringen. Bei vielen Sorten ist keine Vernalisation mehr nötig. Diese Sorten können ab Kalenderwoche 12 getopft werden und benötigen etwa 10 bis 12 Wochen bis zur Verkaufsreife. So können Sommerstauden bereits zusammen mit den Beet- und Balkonpflanzen vermarktet werden, aber auch noch im Anschluss bis zum Beginn des Herbstsortiments.
Die Vielfalt der von den Züchtern und Jungpflanzenfirmen angebotenen Arten und Sorten erweitert sich stetig. Im Vortrag stellte die Referentin eine kleine Auswahl persönlicher Favoriten vor. Diese besitzen nicht nur eine üppige Blütenpracht, sondern weitere wertvolle Eigenschaften.
Die zunehmend heißen und trockenen Sommer erfordern ein angepasstes Sortiment. Daher werden in Veitshöchheim Sorten getestet, die mit Hitze und Trockenheit umgehen können.
Beispiele dafür sind Agastache foeniculum 'Little Adder' (Florensis), Gaura lindheimeri 'Bellezza White' (Selecta One), Calamintha nepeta 'Marvelette White' (Florensis), die Coreopsis verticillata 'Corleone'-Serie (Volmary), Nepeta faassenii 'Cat's Meouw' (Danziger) oder Perovskia 'Bluesette' (Florensis).
Viele Stauden sind hervorragende Insektenmagneten. Hier stachen in der Leistungsprüfung besonders die Achillea millefolium 'Milly Rock'-Serie (Florensis), Agastache foeniculum 'Little Adder' (Florensis), die Gaillardia aristata 'Gusto'-Serie (Danziger) und 'SpinTop'-Serie (Dümmen Orange), Echinacea purpurea, z. B. 'Kismet White' (Kientzler) und Helenium x cultorum 'Short'n Sassy' (Fleurizon) hervor.
Noch intensiverer Beflug wird an den Monarda didyma-Sorten registriert, z. B. 'Pardon My Rose' (Danziger) oder 'Electric Neon Pink' (Danziger). Eine Vielfalt an Schmetterlingen tummelt sich an Buddleja davidii, beispielsweise der 'Butterfly Candy'-Serie (Vitroflora) und der 'Summer Bird'-Serie (Volmary).
Zur Testung der Frosthärte der Stauden wurde in Veitshöchheim eine Auswahl, der im Sommer 2021 geprüften Sorten im Kübel überwintert. Folgende Sorten, die auch schon im Sommer durch üppige und langanhaltende Blütenpracht auffielen, zeigten nach der Überwinterung einen guten Austrieb: Anemone x hybrida 'Pink Cloud' (Kientzler), Echinacea-Sorten wie 'Kismet White' (Kienzler) oder 'Panama Red' (Danziger), Penstemon-Sorten wie 'Onyx and Pearls' und 'Midnight Masquerade' (beide Vitroflora), Leucanthemum maximum 'Donna F1' (Florensis), die Achillea millefolium 'Milly Rock'-Serie oder auch die Helenium-Sorte 'Short'n Sassy' (Fleurizon).
Eine schnelle Kultur mit zeitiger Verkaufsreife ohne Überwinterung führt in kurzer Zeit zu einer kompakten Verkaufsware. Dadurch sparen die Produzenten Kosten und vor allem Energie. In dieser Hinsicht punkteten die Achillea millefolium 'Desert Eve'-Serie (Syngenta), die Coreopsis grandiflora 'Solanna'-Serie (Florensis) oder die Echinacea purpurea 'Mooodz'-Serie (Hilverda Florist) sowie die Sorte 'Panama Red' (Danziger). Alle Sorten fielen durch eine üppige und sehr dauerhafte Blüte ab Juni auf. Bei weiteren Versuchen werden Neuheiten mit besseren Genetiken an der LWG auf dieses Kriterium getestet.
An den Stauden-Vortrag knüpfte Thomas Schneider, Gärtnermeister an der LWG, mit seinen Ausführungen direkt an. Obwohl ein abwechslungsreiches Staudensortiment widerstandsfähig gegen Schädlinge ist, können manche hartnäckigen „Drecksviecher“ bei der Produktion Probleme bereiten. Um größere Ausfälle in den Kulturen zu verhindern und den Einsatz chemischer Präparate zu verringern, setzt Schneider daher seit vielen Jahren auf den Einsatz von Nützlingen.
Besondere Schwierigkeiten bereiteten in diesem Jahr die Blattläuse, die bereits ab Kalenderwoche 12 in den unterschiedlichsten Arten auftraten und sich ab Mitte April durch massiven Zuflug von außen explosionsartig ausbreiteten. Aufgrund der hohen Befallsstärke war eine dreimalige Behandlung mit Chrysoperla carnea notwendig, da der Einsatz von Schlupfwespen keine ausreichende Wirkung erzielte. Der Nützlingseinsatz funktionierte nur in einzelnen Blattlaus-Herden, aber nicht bei der Ausbreitung der Läuse im gesamten Bestand. Calibrachoa und Dahlia waren besonders anfällig. So mussten als letztes Mittel Spritzungen einzelner Parzellen mit Teppeki vorgenommen werden.
Die weiteren Schädlinge, z. B. Minierfliegen an Dahlia und Helianthus, Spinnmilben an Persicaria und Weiße Fliege konnten mit Nützlingen gut bekämpft werden. Sehr gut hat dieses Jahr wieder die Bekämpfung von Trauermückenlarven durch einmaliges Angießen nach dem Topfen mit Steinernema feltiae funktioniert. Die viermalige Ausbringung von Amblyseius cucumeris und A. barkeri gegen Thripslarven und Weichhautmilben innerhalb der ersten acht Kulturwochen war ebenfalls sehr erfolgreich. Diese Nützlinge müssen vor dem Rücken ausgebracht werden, wenn die Blätter der Pflanzen sich noch berühren. Nur so können Raubmilben sich gut im Bestand verteilen und die Streuverluste bei der Ausbringung werden reduziert.
Im Umgang mit Nützlingen sind wichtige Faktoren zu beachten, damit der Einsatz gelingt. Hier berichtete Thomas Schneider aus seinen langjährigen praktischen Erfahrungen. Die Lieferzeit vom Hersteller zum Betrieb sollte möglichst kurz sein. Sind sie zu lange unterwegs, kann die Vitalität deutlich nachlassen. Daher empfiehlt Thomas Schneider dringend Qualitätskontrollen beim Eintreffen. Mit der Lupe oder dem Mikroskop sollte die Beweglichkeit der Tiere untersucht werden. Raubmilben werden zur Ausbringung mit leicht angefeuchtetem Vermiculite vermischt und mit einem Ausblasgerät Marke Eigenbau über der Kultur verteilt. Schlupfwespen werden in „Offener Zucht“ vermehrt. Dazu wird Fingerhirse ausgesät und darauf zwei Arten Getreideblattläuse gezüchtet, die auf einkeimblättrige Pflanzen spezialisiert sind. Wenn diese sehr zahlreich geworden sind, werden Schlupfwespen auf den gedeckten Tisch gesetzt, die die Getreideblattläuse parasitieren und sich so vermehren. Die selbst gezüchteten Schlupfwespen sollen dann auf die Kulturpflanzen wechseln und die dortigen Blattläuse vernichten.
Mit diesem Verfahren hat Thomas Schneider seit Jahren Erfolg, allerdings verheimlicht er nicht die Tücken. Wenn die Getreideblattläuse zu zahlreich werden, haben die Schlupfwespen genug Blattläuse zur Parasitierung und sehen keinen Anlass, zu den Kulturpflanzen zu wechseln. Die als Monitoring eingesetzten Gelbtafeln ziehen leider auch Schlupfwespen magisch an. Darüber hinaus gibt es weitere Schädlinge, die sich gerne auf Fingerhirse vermehren. Thripse fühlen sich dort sehr wohl und können sich auf den gesamten Pflanzenbestand ausbreiten. Für die auftretenden Schwachstellen findet Thomas Schneider aber immer wieder neue Lösungen. So möchte er in der offenen Zucht demnächst auch Raubmilben verteilen, die Thripse fressen.
Abgeschlossen wurde die Vortragsreihe durch Eva-Maria Geiger, Leiterin des Arbeitsbereiches Produktqualität und Pflanzengesundheit an der LWG Veitshöchheim und langjährige Expertin im Bereich Beet- und Balkonpflanzen.
Zunächst gab sie einen Überblick zur nachhaltigen Produktion von neuen Sommerflor-Testsorten an der LWG Veitshöchheim. Basis für eine nachhaltige Kultur ist ein akribisches Hygiene- und Energie-Management. Alle Gewächshäuser wurden vor Kulturbeginn gereinigt, Dichtigkeit der doppellagigen Energieschirme überprüft und die Jungpflanzen beim Wareneingang kontrolliert. Die Verwendung neuer Sorten lohnt sich. Bei allen Züchterfirmen steht eine schnelle Kulturführung und frühes Erreichen des Vermarktungsstadiums als Selektionskriterium bei der Auswahl neuer Sorten ganz oben. In Veitshöchheim erfolgt eine Belegung der Gewächshäuser mit Sommerflor-Sorten erst ab Anfang März. In den kältesten Monaten des Jahres werden die Gewächshäuser frostfrei gehalten. Fast alle Beet- und Balkonpflanzen kamen bei Topftermin Anfang März im Zeitraum Mitte April bis Anfang Mai zur Vermarktungsreife.
In der Hauptwachstumsphase bis Mitte April wurde eine Heiztemperatur von 16 bzw. 14 Grad Celsius gehalten, die natürliche Einstrahlung wirkte in den Frühjahrswochen stark unterstützend. Dies garantierte eine zügige Entwicklung der Pflanzen ohne hohen Infektionsdruck und ohne Ausfälle durch bodenbürtige Krankheitserreger und Botrytis. Als Standardsubstrat wurde ein um 50 Prozent torfreduziertes Substrat (Blue Topf grob + Perlite, Einheitserdewerk Patzer, Sinntal-Jossa) sowie ein torffreies Substrat (Blue Topf grob + Perl SM, Einheitserdewerk Patzer, Sinntal-Jossa) verwendet. Der höhere Kalium-Gehaltes des torfreduzierten bzw. des torffreien Substrates förderte einen kompakten Pflanzenaufbau der Testsorten.
Zusätzlich wirkte ein strenger Cool Morning (Heiztemperatur 6 Grad Celsius, Lüftungstemperatur 9 Grad Celsius) für einen schönen und logistikfreundlichen Pflanzenaufbau unterstützend, so dass bei den meisten Sorten wuchsregulierende Maßnahmen eingespart werden konnten bzw. nicht erforderlich waren. Gedüngt wurde mit einem phosphorreduzierten Mehrnährstoffdünger (Ferty 3 EcoPhos (18-6-18) Planta Düngemittel GmbH, Regenstauf).
Besonderes Augenmerk wurde auf die Einsparung von Energie gelegt. Hierfür ist die Einteilung von Kulturen in Abhängigkeit von ihrem Temperaturbedarf eine effektive Energie-Einsparmaßnahme. So wurden alle 800 Prüfsorten für eine zügige Kultur nach der Einwurzelungsphase bei 18 Grad Celsius in zwei Gruppen unterteilt: höherer Temperaturbedarf (16 Grad Celsius, zuletzt 12 Grad Celsius) und moderater Temperaturbedarf (14 Grad Celsius, zuletzt 12 Grad Celsius). Die Kultur erfolgte in zwei baugleichen Gewächshäusern, die sich jedoch durch ihre Lage innerhalb des Venlo-Blockes unterschieden. Das moderat temperierte Gewächshaus lag am Ende des Venlo-Blocks und war damit deutlich höheren Energieverlusten durch die zusätzliche Außenwand ausgesetzt.
Aufgrund der geographischen Lage des Venlo-Blockes griff hier jedoch die natürliche Einstrahlung in den Morgenstunden am stärksten von allen Gewächshäusern. Zum Ende der Cool Morning-Phase heizte sich das Gewächshaus nach Anheben des Lüftungssollwertes zügig auf. Dies führte neben den wuchsregulierenden Effekten bei den Kulturpflanzen auch zu einer erheblichen Energieeinsparung. Die Berücksichtigung der Position des Gewächshauses, der natürlichen Einstrahlung in den Morgenstunden und die Selektion der Sorten auf eine moderate Temperaturführung brachte im geschilderten Fall eine Energieeinsparung um über 30 Prozent (Gesamtbedarf: 25,5 Kilowattstunden pro Quadratmeter brutto) im Vergleich zu dem baugleichen, im Venlo-Block eingebundenen Gewächshaus (39,3 Kilowattstunden pro Quadratmeter brutto) mit sich. Eva-Maria Geiger belegte auch, dass ein früher Kulturbeginn bei der Kultur von Euphorbia hypericifolia ab Kalenderwoche 8 die Blütezeit kaum verfrühte, dafür aber den Energiebedarf wesentlich erhöhte. Bei einem zwei Wochen späteren Kulturbeginn wurde der Energieverbrauch um fast 50 Prozent gesenkt.
Die Gewächshäuser der LWG werden aktuell mit Gas beheizt. Umgerechnet auf andere Energieträger und unter Berücksichtigung des tagesaktuellen Durchschnittspreises wären die kalkulatorischen Energiekosten für Gas und Erdöl am Standort Veitshöchheim unter Berücksichtigung der tagesaktuellen Tarife bzw. Preise vergleichbar. Deutliche Einsparungen wären mit Pellets (minus 35 Prozent) und mit Holzhackschnitzel (minus 70 Prozent) zu erzielen gewesen.
Ab Mitte Mai werden die von den Züchter- und Jungpflanzenfirmen eingereichten neuen Prüfsorten im Freiland hinsichtlich ihrer Gartenleistung in 40-cm-Containern bzw. in 35-cm-Ampeln getestet. Im Mittelpunkt der Leistungsprüfung stehen hierbei Pflanzengesundheit, Blühleistung, Witterungsstabilität gegenüber Starkregen und Hitzephasen sowie Attraktivität für Blütenbesucher. Der Einsatz torffreier Blumenerden für den Endverbraucher spielt eine wichtige Rolle bei der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks im Gartenbau. Daher wird die Entwicklung ausgewählter Sorten von Canna x generalis, Pelargonium x interspecific, Craspedia globosa und Calibrachoa in neuen, torffreien Blumenerden für den Freizeitgartenbau im Vergleich zu einem bewährten, torfbasierten Substrat überprüft. Zusätzlich im Test ist der auf Zeolith basierende Bodenhilfsstoffe Greenground. Ziel des Versuches ist es, durch Beimischung des Bodenhilfsstoffes die Wasserhaltekapazität torffreier Blumenerden zu verbessern.
Pelargonien zählen zu den wichtigsten Umsatzträger im Beet- und Balkonpflanzensegment (4,5 Prozent Umsatzplus 2021). Insbesondere interspezifische Hybriden punkten mit reicher Blüte und Robustheit gegenüber Wetterkapriolen, Trockenphasen und Hitzeperioden. Zu den Top-Neuheiten für 2023 zählen z. B. 'Ylenia' und neue Sorten der 'Moonlight Tumbao'-Serie (Selecta One), sowie 'TWOinONE Ruby Red' (Elsner pac). Unter den Petunien stechen neue, reichblühende x Petchoa-Farbsorten (Kreuzungen Petunia x Calibrachoa) aus der 'BeautyCal'-Serie hervor, da sie nicht nur weniger klebrig empfunden werden, sondern auch widerstandsfähig gegen einen Befall mit Echten Mehltau sind. Die Sorten haben eine kurze Kulturzeit, können tendenziell kühl produziert werden und die Farbsorten blühen früh und einheitlich auf. Grundsätzlich halten kleinblütige Petuniensorten Wetterturbulenzen eher stand und erholen sich sehr schnell. Zu ihnen zählt z. B. die 'Dekko'-Serie (Syngenta Flowers), 'MiniVista'-Sorten (Kientzler) und die neue 'FlowerShower'-Serie (Westhoff). Unter den vielen attraktiven neuen Calibrachoa-Sorten gefällt die Sondersorte 'MiniFamous Neo Fancy Francy' (Selecta One). Die vom Wuchs her eher kompakte Sorte besticht durch den dichten kugeligen Wuchs sowohl in der Produktion als auch im Freiland und aufgrund ihrer vielen Blüten in einem schönen pastelligen Farbspiel, von Cremeweiß bis leuchtend Pink.
Für heiße Standorte ist Calylophus 'Superlophus' (Kientzler) interessant. Die sehr wirkende Polsternachtkerze mit den großen, zitronengelben Blüten hat nicht nur eine hervorragende Fernwirkung, sondern zieht auch Blütenbesucher an. Als hitzetolerant, reichblühend und attraktiv für Blütenbesucher haben sich auch die neue Jamesbrittenia-Sorte 'Safari Sky' (Kientzler) mit großen, fliederfarbenen Blüten, sowie die intensiv blau blühende Nepeta subsessilis 'Purple Prelude' (Florensis) erwiesen.
Als Hot Spot für Schmetterlinge entpuppten sich die neuen Farbsorten der starkwüchsigen und großblumigen Strohblumen-Serie 'Granvia' (MNP flowers). Sie sind vor allem für Beete und für Solitärgefäße zu empfehlen. Die meisten Bienen und Hummeln tummeln sich auf Salvia-Arten und Sorten. Mit einer hervorragenden Performance als Verkaufsware und in der Containerbepflanzung überraschte die üppig wachsende Salvia farinacea 'Sullyfun Blue Lagoon', die bereits Mitte Mai in Blüte war.
Im Anschluss an die Vortragsreihe konnten die Teilnehmer die Gartenleistungsprüfung mit 800 Sorten besichtigen. Dort begutachtete das Fachpublikum mit großem Interesse die Qualität der Pflanzen, um Anregungen für die eigene Sortimentsplanung einzuholen.