Versuch 2010/2011
Frühjahrsblüher in torfreduzierten und torffreien Substraten
Der momentane Trend zu biologisch und ökologisch produzierten Pflanzen wird im Bereich der Nutzpflanzen wie Topfkräuter und Gemüsejungpflanzen in den nächsten Jahren wohl zum Standard werden. Bedingt durch den aktuellen Bio-Boom gibt es jedoch auch zunehmend Zierpflanzenbetriebe, die ihre Produktion nachhaltig oder ökologisch ausrichten.
Dies erfordert unter anderem die Verwendung eines zertifizierten Biosubstrates mit reduziertem Torfanteil. Mittlerweile haben die meisten führenden Substrathersteller torfreduzierte oder sogar torffreie Substrate in ihre Produktpalette aufgenommen.
Die positiven Eigenschaften des Torfes waren in der Vergangenheit nicht ohne weiteres mit Torfersatzstoffen zu erreichen. Daher besteht von Seiten der Gärtner nach wie vor Unsicherheit darüber, was bei der Produktion in torfreduzierten Substraten zu beachten ist und ob darin vergleichbare Pflanzenqualitäten erzielt werden können wie in konventionellen Torfsubstraten.
Mit diesem Hintergrund hat sich die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau im Rahmen eines Forschungsprojektes zur nachhaltigen Produktion von Zierpflanzen zum Ziel gesetzt, die Eignung torfreduzierter und torffreier Substrate für die Kultur von Zierpflanzen zu prüfen. In einem ersten Versuch wurden Frühjahrsblüher mit unterschiedlichen Nährstoffansprüchen in 7 torfreduzierten und einem torffreien Substrat kultiviert.
Versuchsdaten
Für den Versuch wurden zwei Arten mit unterschiedlichen Nährstoffansprüchen verwendet. Stellvertretend für salzempfindliche Frühjahrsblüher mit geringen Nährstoffansprüchen wurde Primula malacoides 'Prima White' gewählt. Die Frühjahrsblüher mit hohen Nähstoffansprüchen werden durch Pericallis 'Senetti Magenta' vertreten. Bei der Anzucht von Pericallis ist zudem auf eine ausreichende Versorgung und Verfügbarkeit von Spurennährstoffen zu achten, da anderenfalls rasch Mangelsymptome sichtbar werden.
Die Auswahl der Substrate erfolgte in Zusammenarbeit mit Vertretern der Substratfirmen. Es kamen Produkte zum Einsatz, die sich nach Ansicht der Firmenvertreter gut für die temperierte Produktion von Frühjahrsblühern eignen.
Als Vergleich dienten zwei handelsübliche Torfsubstrate. Bei Primula malacoides 'Prima White' die schwach aufgedüngten Substrate P-Erde (Fa. Patzer) und C 420 (Fa. Stender) und für Pericallis 'Senetti Magenta', ED 73 pH Eisen (Fa. Patzer) und C 420, das mit einer Grunddüngung von 4 kg Osmocote/m³ (5-6 Monate) versehen wurde.
Ergebnisse
Primula malacoides 'Prima White'
Obwohl die organischen Dünger im Verlauf der Kultur mineralisiert wurden und die Salzkonzentration pro Liter in zwei Substraten auf über 2 Gramm anstieg (Tonsubstrat Fa. Kleeschulte, Topfsubstrat Typ Bio Fa. Ökohum), traten keine Pflanzenschäden auf.
Mit einer Ausnahme (EE Bio Topferde, Fa. Patzer) wurde die sichtbare Durchwurzelung der Topfballen in allen Substraten als gut bewertet. Besonders dicht schienen die Wurzeln in der Floragard Biokräutererde (Fa. Floragard) und dem Topfsubstrat ohne Torf (Fa. Kleeschulte) zu sein.
Die Verkaufsreife (50% der Pflanzen pro Parzelle blühend) erreichten die Primeln nach durchschnittlich 80 Tagen ab dem Topftermin. Trotz trüber Witterung in den Monaten November 2010 bis Januar 2011 und zugleich kühler Kulturführung neigte keines der torfreduzierten bzw. torffreien Substrate zum Vernässen.
Pericallis 'Senetii Magenta'
Zum Kulturende waren an den Pflanzen in sieben der zehn Substrate mehr oder weniger ausgeprägte Blattchlorosen zu sehen, die vermutlich auf unzureichende Eisenverfügbarkeit zurückgeführt werden können. Es fiel auf, dass neben dem Vergleichssubstrat ED 73 pH Eisen und dem EE Bio-Topfsubstrat (Erdenwerk Patzer) auch die Pflanzen in der Topferde Typ Bio (Fa. Ökohum) keinerlei Mangel-Symptome aufwiesen. In diesem Substrat erhielten die Pericallis aufgrund ihres kompakten Wuchses und der satt grünen Blattfarbe die mit Abstand beste Gesamtbewertung.
Hinsichtlich der Wurzelbildung fielen keine nennenswerten Unterschiede zwischen den getesteten Substraten auf. Gleiches gilt für die Kulturdauer. Die Pericallis blühten unabhängig vom verwendeten Kultursubstrat ca. dreieinhalb Monate nach Kulturbeginn.
Fazit
Untersuchungen an der LWG Veitshöchheim haben im Winter 2010/2011 gezeigt, dass es möglich ist, in den getesteten torfreduzierten bzw. torffreien Substraten vergleichbare Pflanzenqualitäten zu kultivieren wie in herkömmlichen Torf-Substraten. Sowohl die eher salzempfindlichen Primula malacoides 'Prima White' als auch die stark zehrenden Pericallis 'Senetti Magenta' wiesen am Ende der Kultur weder Blattverbrennungen infolge zu hoher Salzbelastung noch Laubaufhellungen oder Wuchsdepressionen bedingt durch eine mögliche Stickstofffestlegung auf. Die Grundbevorratung sowie die während der Kultur frei werdenden Nährstoffe sollten jedoch substratabhängig bei der Nachdüngung berücksichtigt werden. Anhand dieses Versuches sind alle getesteten Substrate prinzipiell als geeignet für die Produktion Primula malacoides und Pericallis-hybrida zu beurteilen.
In keinem der getesteten torfreduzierten oder torffreien Substraten traten Blattverbrennungen an den Pflanzen infolge zu hoher Salzbelastung auf. Auch Laubaufhellungen oder Wuchsdepressionen, die auf Stickstofffestlegung oder den Mangel eines anderen Hauptnährstoffes zurückzuführen sind, blieben aus. Anhand dieses Versuches sind alle getesteten Substrate als geeignet für die Produktion von Frühjahrsblühern zu beurteilen.
Die Grundbevorratung sowie die während der Kultur frei werdenden Nährstoffe sollten substratabhängig bei der Nachdüngung berücksichtigt werden. Bei der Verwendung von Substraten mit organischer Aufdüngung und Kompostanteilen ist auf den Befall von Trauermücken zu achten. Wie sich die Nährstoffdynamik der Substrate, bedingt durch die organischen Substratbestandteile und die organischen Dünger, unter anderen Kulturbedingungen verhält, muss in weiteren Versuchen geprüft werden.