Nachbericht zur Veranstaltung am 27.08.2024
Bio-Schnittblumen Seminar (online)
In Zusammenarbeit mit der ÖkOmene und Fördergemeinschaft ökologischer Zier- und Gartenpflanzen (föga) e.V. lud die Öko-Akademie der LWG in Bamberg am 27. August 2024 online zum Bio-Schnittblumen Seminar ein. Im Fokus standen dabei sowohl Anbauthemen wie Mulchsysteme in Bio-Schnittblumenbetrieben und bio-konformer Pflanzenschutz im Freiland, als auch die Frage, wie wir mehr Angebot an Bio-Saatgut im Schnittblumenbereich schaffen können. Darüber hinaus wurden die Themen Sortimente und Vermarktung behandelt. Hierbei stellten Betriebe ihre Sortimente sowie Vermarktungskonzepte vor. Zum Abschluss wurde die Frage der Preisgestaltung im Schnittblumenanbau diskutiert. Insgesamt folgten der Einladung rund 80 Teilnehmende.
Bodenfruchtbarkeit und Mulch-Systeme
Zu Beginn der Veranstaltung gab Jan-Hendrik Cropp (under_cover GbR) einen Einblick in die Bodenfruchtbarkeit und Mulch-Systeme im Bio-Schnittblumen-Anbau. Grundsätzlich arbeitet er nach vier Prinzipien: minimale Bodenbearbeitung, möglichst hohe Vielfalt, ganzjährig lebendige Wurzeln und einer Mulchdecke aus organischem Material auf den Flächen. Durch die Umsetzung dieser Prinzipien wird die Bodenfruchtbarkeit und Bodenstruktur deutlich verbessert. Insbesondere angesichts der zunehmenden Wetterextreme sind der Aufbau einer stabilen Bodenstruktur und die Humusbildung von großer Bedeutung. Im Folgenden stellte Cropp verschiedene Mulchsysteme vor: Mulch kann aus Kleegrassilage oder Heuballen gewonnen werden. Bei der Verwendung von Heu ist jedoch darauf zu achten, kein Unkraut in die Bestände einzubringen. Die Ausbringung des Mulches kann je nach Betriebsgröße maschinell, zum Beispiel mit einem Miststreuer oder Ladewagen, oder händisch mit Schubkarre und Heugabel erfolgen. Die Jungpflanzen können nach der Mulchausbringung gepflanzt werden, zum Beispiel mithilfe eines Pflanzrohrs wie dem „Pottiputtki“, das ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammt. Alternativ kann der Mulch auch nach dem Pflanzen der Jungpflanzen ausgebracht werden, wobei die Kulturpflanzen möglicherweise verschüttet werden. Es gibt jedoch bereits Lösungen für Anbaugeräte, die die Kulturpflanzen während der Ausbringung durch Halbrohre schützen oder die verschütteten Pflanzen anschließend wieder frei rechen. Vegetativ vermehrte Pflanzen, die im Schnittblumenanbau weit verbreitet sind, wie zum Beispiel Steckzwiebeln, können vor der Mulchausbringung gesteckt werden. Die Zwiebeln haben genug Triebkraft, um durch eine dicke Mulchschicht zu wachsen. Bei Direktsaaten kann das Mulchmaterial direkt vor Ort angebaut werden. Dafür wird die Zwischenfrucht nach der Blüte durch Quetschen zum Absterben gebracht, sodass sie als Mulchschicht auf dem Boden liegen bleibt. Die Folgekultur wird dann ohne weitere Bodenbearbeitung in den Bestand etabliert.
Bio-konformer Pflanzenschutz im Freiland
Als zweiten Part stellte Günter Wilde (LLH Hessen) in seiner Präsentation umfassende Strategien für den bio-konformen Pflanzenschutz im Freilandanbau von Schnittblumen vor. Dabei ging er zunächst auf die Herausforderungen durch Fruchtfolgeprobleme ein, die bodenbürtige Pilzkrankheiten wie Fusarium, Rhizoctonia und Pythium hervorrufen können. Insbesondere bei Pflanzen wie Dahlien betonte er die Notwendigkeit einer sorgfältigen Fruchtfolgeplanung und die Nutzung von Vorkulturen sowie speziellen Saatgutbehandlungen, um diese Krankheiten zu minimieren. Im Bereich der Pilzkrankheiten, wie falscher Mehltau, Rostpilzen und echtem Mehltau, hob Wilde die Bedeutung präventiver Maßnahmen hervor. Diese umfassen die Wahl resistenter Pflanzensorten, eine angepasste Bewässerungstechnik sowie eine gute Durchlüftung der Pflanzenbestände. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch den gezielten Einsatz bio-konformer Pflanzenschutzmittel, die spezifisch gegen diese Pilze wirken. Abschließend widmete er sich den tierischen Schaderregern, darunter Spinnmilben, Thripse, Wanzen und Schnecken. Er betonte die Wirksamkeit natürlicher Feinde, wie Raubmilben und Marienkäfer, sowie mechanische Methoden zur Schädlingsbekämpfung.
Wie schaffen wir mehr Angebot an Bio-Saatgut im Schnittblumenbereich?
Andrea Frankenberg (Bioland Beratung GmbH) stellte eines ihrer aktuell laufenden Projekte „BioZierPVM“ vor, welches sich mit der Analyse, Etablierung und Förderung der Verfügbarkeit von Bio-Pflanzenvermehrungsmaterial (PVM) für Zierpflanzenbetriebe beschäftigt. Das Projekt, das von 2023 bis 2026 läuft, wird von verschiedenen Institutionen, darunter der Bioland Beratung GmbH und der Hochschule Geisenheim getragen. Ein zentrales Anliegen des Projekts ist es, mehr Bio-Saatgut im Schnittblumenbereich verfügbar zu machen. Dazu werden Netzwerke zwischen Jungpflanzenbetrieben, Saatgutfirmen, Züchtungsfirmen und Forschungseinrichtungen aufgebaut und gefördert. Gleichzeitig werden pflanzenbauliche Versuche durchgeführt, um die Anbaustrategien weiterzuentwickeln. Ein weiteres wichtiges Ziel des Projekts ist die Erfassung des Forschungs- und Handlungsbedarfs sowie die Sicherstellung eines intensiven Wissenstransfers. Zu diesem Zweck wird eine Datengrundlage durch Umfragen bei Praxisbetrieben und Saatgutfirmen geschaffen, um den Bedarf an Bio-PVM zu ermitteln und mögliche Hindernisse für die Verfügbarkeit von Bio-Saatgut zu identifizieren. Das Projekt reagiert auf die neue EU-Bio-Verordnung, die ab 2037 den Einsatz von konventionellem Pflanzenvermehrungsmaterial im Bio-Anbau verbieten wird. In Vorbereitung darauf sollen die gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden, um Strategien für die zukünftige Bereitstellung von Bio-PVM zu entwickeln und die Umstellung bis 2036 zu unterstützen.
Blumenfelder, die verzaubern und zum Staunen bringen, Sortimente und Vermarktungskonzepte
Mathis-Blumen ist ein auf Schnittblumen spezialisierter Betrieb aus der Schweiz, der seit seiner Gründung im Jahr 1990 eine bedeutende Rolle im Bereich nachhaltiger Blumenproduktion spielt. Das Unternehmen, das seinen Ursprung in einem der ersten Blumenfelder Europas dieser Art hat, hat sich durch eine kontinuierliche Entwicklung und Spezialisierung einen Namen gemacht. Im Jahr 2019 erfolgte eine Abspaltung des ursprünglichen Mathis-Hofs, was die Grundlage für eine weitere Spezialisierung und Anpassung des Sortiments schuf. Mathis-Blumen betreibt heute drei Blumenfelder in unmittelbarer Nähe des Hauptbetriebs. Die Produktionsmethoden bei Mathis-Blumen sind stark von ökologischen Prinzipien geprägt. Der Betrieb verwendet Mulchfolie, Bändchengewebe und Stütznetze, um Unkrautdruck zu minimieren und die Pflanzen zu unterstützen. Besonders bemerkenswert ist die Staffelung der Tulpenproduktion, die es ermöglicht, die Blütezeit zu verlängern und somit die Verfügbarkeit frischer Blumen über einen längeren Zeitraum sicherzustellen. Das Sortiment von Mathis-Blumen ist vielfältig und umfasst eine breite Palette an Schnittblumen, darunter Achillea, Dahlien, Tulpen und Zinnien. Die Auswahl der Sorten erfolgt gezielt, wobei der Fokus auf der Qualität und Schönheit der Blumen liegt, anstatt auf einer möglichst großen Sortenvielfalt. Die Vermarktung der Blumen erfolgt über mehrere Kanäle. Ein Großteil des Umsatzes wird durch den Verkauf von Blumen zum Selbstschneiden erzielt, ein Konzept, das bei den Kunden sehr beliebt ist. Darüber hinaus werden Marktsträuße an vier verschiedenen Standorten verkauft, und es besteht die Möglichkeit, Sträuße auf Bestellung sowie für besondere Anlässe wie Hochzeiten zu erwerben.
Vielseitige Sortimente und Vermarktungskonzepte
Der Betrieb "Der Blumenstand" wurde 1993 gegründet und befindet sich in der Nähe von Berlin auf einer Fläche von rund einem Hektar, wovon etwa die Hälfte für den Anbau von Topfpflanzen und Schnittblumen genutzt wird. Seit 1996 ist der Betrieb biozertifiziert und spezialisiert sich auf den Anbau von Bio-Schnittblumen und -Topfpflanzen. Ergänzend dazu wird konventionell produzierte Ware zugekauft, um ein breiteres Sortiment anbieten zu können, das den Fokus auf regionale und saisonale Produkte legt. Das Konzept von "Der Blumenstand" beruht auf einer alternativen Floristik, die sich durch ein erweitertes Angebot von Pflanzen und Schnittblumen auszeichnet. Es werden gezielt Arten und Sorten angebaut, die auf dem Großmarkt schwer zu finden sind, während ergänzend konventionelle Ware von anderen Gärtnereien zugekauft wird. Die Vermarktung der Blumen und Pflanzen erfolgt hauptsächlich in Berlin und Potsdam. Zusätzlich betreibt der Betrieb ganzjährig Marktstände und einen Werkstattladen, wobei die Bio-Ware oft nicht als solche ausgelobt wird; Ausnahme gibt es bei Kräutern. Sein Sortiment variiert je nach Saison. Im Winter und Spätwinter sind beispielsweise japanische Kätzchenweide und Lenzrosen verfügbar, die als Gewinner des Klimawandels gelten. Im Frühling gehören Zierquittenzweige und Smyrnium perfoliatum dazu. Der Frühsommer und Hochsommer ist geprägt von einer Fülle an Blüten wie Dahlien, Zinnien, Cosmeen und Montbretien. Auch Heliopsis und Rudbeckia gehören zu den Sommerfavoriten. Im Herbst rundet ein breites Angebot an Gräsern und Herbstblühern das Sortiment ab.
Sortimente-Kulturen mit C
Marion Jentzsch vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Sachsen beschäftigt sich intensiv mit dem Anbau von Schnittblumen, deren Namen mit dem Buchstaben „C“ beginnen. Unter den vorgestellten Kulturen befindet sich Capsicum anuum (Zierpaprika), für die 2006 und 2007 Anbauversuche durchgeführt wurden. Geeignete Sorten wie 'Garda Tricolore' und 'Cutcone Yellow' benötigen einen vollsonnigen Standort sowie eine lange, warme Wachstumsperiode. Die Ernte erfolgt in den Kalenderwochen 37 bis 39, mit einer Stiellänge von etwa 40 cm. Die Haltbarkeit beträgt 15 bis 20 Tage, und die Pflanzen eignen sich auch zur Trocknung. Ein weiteres Beispiel ist die Centaurea cyanus (Kornblume). Diese Pflanze wurde von 2018 bis 2021 untersucht. Geeignete Sorten sind unter anderem 'Ball Black', 'Classic Romantic' und 'Goliath Blue'. Die Kornblume kann entweder direkt ausgesät oder vorgezogen werden. Die Ernte erfolgt je nach Pflanzzeit in verschiedenen Kalenderwochen mit einer Haltbarkeit von 7 bis 14 Tagen. Weitere vorgestellte Kulturen, zu denen ebenfalls Versuche durchgeführt wurden, sind Clematis (Waldrebe), Crocosmia x crocosmiiflora (Garten-Montbretie), Cucumis spp. (Ziergurke) und Cynara cardunculus (Artischocke).
Preisgestaltung im Schnittblumen-Anbau
Anastasia Hermann vom Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e.V. beleuchtet die ökonomischen Aspekte des Anbaus von Bio-Schnittblumen. Das Zentrum, das an der Universität Hohenheim angesiedelt ist, führt seit 65 Jahren Betriebsvergleiche durch und bietet auf dieser Basis Beratungsleistungen für Betriebe an. Ein zentrales Thema der Präsentation ist der starke Anstieg der Produktionskosten für Schnittblumen seit 2021, der sich auf rund 22 % beläuft. Hauptursachen dafür sind die Inflation und steigende Lohnkosten. Im Bereich der Bio-Schnittblumen sind die Produktionskosten noch höher, da teurere Inputs wie Bio-Saatgut und organische Dünger verwendet werden müssen. Die Erzeugerpreise haben seit 2021 ebenfalls um 29 % zugenommen, wobei die Betriebe einen Großteil der gestiegenen Kosten an ihre Kunden weitergeben konnten. Dies führte jedoch zu einer geringeren Nachfrage. Außerdem wurde den Teilnehmenden die Grundlagen der Kostenrechnung im Schnittblumenanbau nähergebracht. Hier wird zwischen der Teilkostenrechnung, die sich auf direkt zurechenbare Kosten beschränkt, und der Vollkostenrechnung unterschieden, die sowohl Einzel- als auch Gemeinkosten berücksichtigt. Diese Kostenrechnung ist essenziell für die Preisermittlung und -kalkulation, einschließlich der Bestimmung von Preisuntergrenzen. Für eine erfolgreiche Preisgestaltung betonte Hermann die Bedeutung der kontinuierlichen Überwachung der Kostenstrukturen und der Analyse der Marktbedingungen, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. In diesem Kontext bietet das Zentrum den Betriebsvergleich 4.0 als Controlling-Tool an, das eine detaillierte Analyse der betrieblichen Kosten ermöglicht. Dieses Tool ist kostenfrei, unabhängig und garantiert eine sichere, anonymisierte Datenspeicherung.