Fachexkursion der Öko-Akademie
Dem italienischen Haselnussanbau auf der Spur
Die Öko-Akademie Bamberg widmet sich seit rund zweieinhalb Jahren zusammen mit dem Gartenbauzentrum Bayern Mitte in Fürth dem Bio-Haselnussanbau und veranstaltet regelmäßig Seminare sowie Exkursionen zu diesem Thema. Auf vielfachen Wunsch wurde Anfang Oktober 2018 eine Haselnuss-Exkursion in der Region Piemont im Nordwesten Italiens angeboten, an der 15 interessierte Anbauer aus ganz Bayern teilnahmen.
Blick hinter die Kulissen
Das erste Exkursionsziel der Reise war die Erzeugergemeinschaft Corilu in der Provinz Alessandria. Die Gemeinschaft wurde von fünf Anbauern gegründet, die zusammen in Aufbereitungs- und Knacktechnik investiert haben. Neben den eigenen Haselnüssen, die auf einer Fläche von rund 80 Hektar kultiviert werden, wird auch die Ernte von externen Anbauern im Lohn aufbereitet. In diesem Jahr werden es voraussichtlich insgesamt 200-220 Tonnen sein. Für die Aufbereitung und Verarbeitung der Nüsse darf die Restfeuchte allerdings bei maximal 14 % liegen, andernfalls ist eine Trocknung unumgänglich. In nachfolgenden Prozessen werden die Nüsse kalibriert sowie Steine und leere Nüsse maschinell entfernt.
Seit einigen Jahren besitzt die Gemeinschaft eine Knackanlage, die ebenso wie die Aufbereitung für die Lohnarbeit genutzt wird. Im betriebseigenen Lebensmittellabor werden Schrumpfnüsse und verbliebene Schalenbestandteile von Hand aussortiert und weitere Veredelungsschritte, wie das Rösten der Nüsse, durchgeführt. Die gängigsten Kaliber für die Verarbeitung sind Nüsse mit einem Durchmesser von 9-11 mm und 11-13 mm, da sich diese besonders gut zum Rösten eignen. Vermarktet werden geknackte, gehackte und vermahlene Haselnüsse, die durch Einvakuumieren haltbar gemacht werden. Außerdem wird ein Teil der Nussernte zu einer Haselnuss-Creme oder Nuss-Nougat-Creme (Vollmilch oder Zartbitter), weiterverarbeitet.
Anbauzahlen steigen
Der Haselnussanbau in Italien befindet sich derzeit im Aufwind. Besonders eindrücklich zeigte sich dies durch die Anzahl großer Junganlagen in der Region. Auch die Anbauer von Corilu sind dabei die Anbauflächen aufzustocken und greifen bei der Pflanzung auf Hightech zurück: Mithilfe eines Erdbohrers, der mit GPS-Unterstützung arbeitet, wurden im Abstand von 5 x 4 m Pflanzlöcher im Viereck-Verband gebohrt. Um den Haselnussjungpflanzen das Einwurzeln zu erleichtern, präparieren die Anbauer die Pflanzlöcher mit Kompost oder Rindermist. Bei der Baumerziehung vollzieht sich in Italien aktuell ein Wandel von der Busch- zur Stammerziehung. Zudem setzten die Anbauer bei älteren Anlagen zunehmend auf maschinellen Schnitt, der im Abstand von fünf Jahren durchgeführt wird.
Von der Jungpflanze zum Stämmchen
Aufgrund der zunehmenden Anbaufläche steigt auch der Bedarf nach Haselnussjungpflanzen. Um einen Eindruck von der örtlichen Jungpflanzenproduktion zu bekommen, wurde am zweiten Exkursionstag die Baumschule Mozzone besichtige, die sich auf die Haselnuss spezialisiert hat. Dabei werden ausschließlich Pflanzen auf eigener Wurzel, also unveredelt Jungpflanzen, vermehrt. Die jährliche Produktion liegt bei rund 200.000 Pflanzen. Besonders wichtig ist dabei die gleichbleibend hohe Qualität, weswegen die Bestände regelmäßig von einem externen Kontrolleur phytopathologisch untersucht und auf Sortenechtheit geprüft werden.
Anbautechnik für Profis
Wer im größeren Stil Haselnüsse anbauen will, braucht entsprechende Technik. Ein Hersteller von Haselnusstechnik in der Region ist die Firma Chianchia, die ihren Sitz in Cherasco (Provinz Cuneo) hat. Produziert werden neben diverser Aufbereitungstechnik auch Knackanlagen in verschiedensten Größen. Eine Produktneuheit ist eine Erntemaschine, die aus zwei Teilen besteht. An der Fronthydraulik des Traktors wird die Sammelmaschine angebaut, die die Nüsse mit Hilfe einer Pickup aufsammelt. Optional können Kehrscheiben montiert werden, sodass auch im Baumstreifen gearbeitet werden kann. Blätter und andere leichte Bestandteile werden durch einen Luftstrom aussortiert. Anschließend werden die Nüsse durch einen Schlauch in einem Bunker gefördert, der sich am Heck des Traktors befindet. Diese Maschine wurde zuvor als Prototyp auf mehreren Haselnussbetrieben getestet.
Schaderreger auf dem Vormarsch
Neben der Pflanzgutvermehrung kultiviert der Betrieb auf einer Fläche von 160 Hektar Haselnüsse für die Fruchtproduktion. Die Standardsorte im Piemont, die auch auf dem Betrieb Mozzone im Fokus steht, ist 'Tonda Gentile delle Langhe'. Umgangssprachlich wird diese Sorte auch als Piemont-Haselnuss bezeichnet. Die Verwendung dieser Sorte ist sogar Pflicht, wenn ein Anbauer seine Haselnussprodukte mit dem Herkunftssiegel "Geschützte geografische Angabe" auszeichnen und vermarkten möchte. Ein zunehmendes Problem in der Region ist die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys), die die Früchte ansticht, wodurch diese verkümmern. Um den Flug zu kontrollieren, wurden überall in die Haselnussanlagen Pheromonfallen und Klebetafeln aufgestellt. Bei der Baumerziehung setzt der Betrieb auf Fußstämmchen, bei denen nach einer Stammhöhe von 20-30 cm 3-4 Leitäste abzweigen.
Wasser für die Haselnuss
Wasser kann in den trockenen Regionen des Piemont zum begrenzenden Faktor werden. Verschiedene Strategien zum sparsamen Umgang mit Wasser konnten die Teilnehmer am letzten Exkursionstag auf dem Betrieb Cantine Cascina Gambarello in der Ortschaft Mombello Monferrato (Provinz Alessandria) begutachten. Der Betriebsleiter hat vor zehn Jahren damit begonnen, seinen landwirtschaftlich geprägten Betrieb um Sonderkulturen (Weinbau und Haselnüsse) zu erweitern und zugleich in Bewässerungstechnik investiert. Mit Hilfe von Leitungen wird das Bewässerungswasser zu den Flächen befördert und in Wasserspeicherkissen mit einem Gesamtvolumen von 1.500 m³ zwischengespeichert. Insgesamt wurden in den letzten Jahren rund 25 Hektar Haselnüsse im Abstand von 5 x 4 m gepflanzt, die über zwei unterirdisch verlegte Tropfschläuche je Reihe mit Wasser versorgt werden. Der Vorteil der unterirdischen Schläuche ist, dass dadurch Schäden von Wildschweine, Kaninchen und Krähen verhindert werden können. Laut dem Betriebsleiter liegen die Kosten für eine solche Bewässerungsanlage bei ca. 5.500 Euro/Hektar.