Versuchsergebnisse zu Ertrag und Gartenleistung
Im Visier: Obst- und Gemüsesorten für Urban Gardener und Balkongärtner
Urban und City Gardening, Miniaturgärten auf Balkon und Terrasse, Gärtnern im Hochbeet sind längst starke Trends, die 2020 im Sommerhalbjahr des Stillstands, Wartens und Lockdowns nochmals beflügelt wurden. Um diesen Schub des Gärtnerns auf kleinstem Raum aufrecht zu erhalten, bedarf es an einem entsprechenden Sortiment von Gemüse- und Obstarten, die ein nachhaltiges positives Erfahrungs- und Erfolgserlebnis bei den Freizeitgärtnern garantieren. Züchter und Jungpflanzenfirmen weisen entsprechende Produktlinien mit einer zunehmenden Vielfalt an neuen Sorten hierfür aus, die speziell für Direktvermarktende Betriebe, insbesondere Gartencenter konzipiert worden sind. Doch wie gut, gesund, ertragreich und schmackhaft sind tatsächlich solche Genusspflanzen? Dieser Frage geht Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim nach und testet jährlich ein ausgewähltes Sortiment neuer Genusspflanzen hinsichtlich Kultur- und Gartenleistung, einschließlich erzielbarer Erträge. 2020 standen 58 neue Patio-Gemüse- und Obstsorten im Test.
Anzucht – Licht und Hygiene entscheidend
Die komplette Anzucht fand in einem sehr hellen Gewächshaus auf Ebbe-Flut-Tischen statt. Saatgutsorten wurden überwiegend selbst vermehrt. Bei dem Bezug von Jungpflanzen kam der Eingangskontrolle eine besondere Bedeutung zu, um jede Möglichkeit der Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen vorzubeugen. Alle Pflanzen wurden in Kalenderwoche (KW) 10 bis 12 (Gurken und Melonen bis KW 16) in einem torfreduzierten Substrat (SP T Perl torfreduziert mit 50 % Weißtorf, Einheitserdewerk Patzer) getopft und phosphorreduziert gedüngt (Ferty 3 Ecophos, 18-6-18, Planta Düngemittel GmbH). Die Tagesmitteltemperatur betrug in diesem Gewächshaus 18,8 °C bei einer Heiztempertur von 16 °C in der Hauptwachstumsphase (Lüftungstemperatur 19 °C). Ab Woche 16 wurde zusätzlich für vier Stunden ein Cool Morning zur Regulierung des Längenwachstums eingestellt (Heiztemperatur 8 °C und Lüftungstemperatur 12 °C zu Sonnenaufgang). Der Energiebedarf betrug von Woche 10 bis einschließlich Woche 19 insgesamt 39,45 kwh/m2 (Brutto). Ab Woche 17 traten bei einigen Arten (z. B. Solanum muricatum) Blattläuse auf. Der Pflanzenschutz erfolgte biologisch.
Gartenleistungsprüfung – Torfreduziert und unkompliziert, aber Echter Mehltau
Für die Gartenleistungsprüfung wurden alle Sorten in 40-cm-Container (24 Liter) mit jeweils einer Pflanze (Ausnahme Rubus idaeus mit zwei Pflanzen), in 35-cm-Ampeln (11,5 Liter) oder in Cubico 40 (31 Liter) und in einem torfreduzierten Verbrauchersubstrat (Blumenerden mit Naturton, 50 % torfreduziert, Einheitserdewerk Patzer) getopft und über eine Bewässerungsdüngung kontinuierlich mit 0,08 bis 0,12 % Mehrnährstoffdünger (18-10-18 Peters Excel Hard Water Grow Special, ICL Ferilizer) versorgt. Die Aufstellung der Sortimente erfolgte an einem sonnigen, ungeschützten Standort. Ab Woche 27 trat bei vielen Pflanzenarten und Sorten ein Befall mit Echtem Mehltau auf, ab Woche 32 kam teilweise noch Falscher Mehltau hinzu. Betroffen waren insbesondere Snack-Gurken-Sorten (Cucumis sativus) und Zucchini mit dekorativen Früchten (Cucurbita pepo), die nur bis Woche 32 beerntet werden konnten und anschließend aufgrund des starken Befalles aus der Gartenleistungsprüfung entfernt werden mussten.
Tomate
'Romello F1'
'Summerlast F1'
Aubergine
'Diamond Lilac'
In Freiland entpuppten sich beide Sorten als kräftig und gesund im Wuchs. Gepflanzt und gestäbelt mit jeweils einer Pflanze je 40-cm-Container erzielte 'Diamond Purple' eine Höhe von 91 cm, gefolgt von 'Diamond Lilac' mit 82 cm. Beide Sorten boten Fruchtansatz ab Woche 24, der Ertragshöhepunkt lag in den Woche 32 bis 33.
Je Pflanze konnten durchschnittlich 4,8 kg Früchte geerntet werden, wobei 'Diamond Lilac' deutlich mehr (122 Früchte), aber kleiner Früchte als die Partnersorte 'Diamond Purple' (82 Früchte) zu bieten hatte.
'Diamond Lilac'
Melonenbirne
'Copa'
'Copa'
Paprika
'Volante Mild Yellow'
'Volante Mild Orange'
Rhabarber
'Livingstone'
Mitte April trat ein leichter Befall mit Echtem Mehltau auf, dessen Weiterentwicklung durch eine Behandlung mit Kaliumhydrogencarbonat verhindert werden konnte. Eine Pflanzung von jeweils einer Pflanze in einen 40-cm-Container führte nicht nur zu einer sehr aparten und gesunden Blattschmuckpflanze von 50 cm Höhe mit großen dunkelgrünen Laubblättern und leuchtend roten Stielen, sondern auch zu einem Ertrag von 4 kg.
Geerntet wurde sporadisch, sobald die Pflanzen zu wuchtig für den Container wurden. Grundsätzlich sollte bei der Ernte (durch Herausdrehen der Stiele) mindestens 2/3 der Stiele belassen und auf eine kontinuierliche Nachentwicklung neuer Stiele geachtet werden. Die Pflanzen sind winterhart. Aufgrund der starken Regenerationskraft der Sorte können die dekorativen gelben Blüten im Sommer auch an der Pflanze als Zierwert belassen werden. Bei einer Auspflanzung im Garten sollten den Pflanzen ein Jahr Zeit zum Pflanzenaufbau gegeben und so im ersten Jahr auf eine Ernte verzichtet werden.
Süßkartoffel
'Treasure Island Kaukura'
Grafik: Erträge von Zier- und Gemüse-Süßkartoffel-Sorten bei Pflanzung in 35-cm-Ampeln mit 3 Pflanzen je Ampel (*gekennzeichnete Sorten mit 2 Pflanzen je Ampel). Mittelwerte von 2 Ampeln. Die Ernte fand in Woche 41 statt.
Curing-Prozess
Himbeere
'Lowberry Little Sweet Sisters'
Die als sehr kompakt und schwach wüchsig ausgewiesenen Sorten für die Balkonbepflanzung 'Lowberry Baby Dwarf' (Lubera) und 'Summerlovers Petite Red' (Volmary) wurden in 40-cm-Lechuza-Gefäße mit jeweils vier Pflanzen gesetzt. Die Pflanzen entwickelten sich teilweise nur sehr schwach und zeigten sich sehr anfällig sowohl für Blattchlorosen als auch für Echtem Mehltau und bildeten nur wenig Früchte. Von den aufrecht wachsenden Sorten blieben 'Lowberry Little Sweet Sisters' (Lubera, Graines Voltz) und 'Summerlovers Patio Red' (Volmary) knapp unter 100 cm Pflanzenhöhe ab Topfrand.
Grafik: Erträge der verschiedenen Himbeer-Herkünfte (2 Pflanzen je 40-cm-Container bzw. 4 Pflanzen je Cubico 40 bei 'Lowberry Baby Dwarf' und 'Summer Lovers Petite Red', Ernte von Woche 25 bis 37)
'Lowberry Good as Gold'
Erdbeeren
'Summer Breeze Rose' mit Blüten in einem kräftigen dunklen Pinkton und 'Summer Breeze Snow' mit großen reinweißen, rosenförmigen Blüten und hellroten Früchten.
Beide Sorten wurden in Woche 6 ausgesät und in Woche 11 getopft. Sie blühten in Woche 17 und trugen Früchte ab Woche 22. 'Summer Breeze Rose' wurde auch von Syngenta als Jungpflanzen in Woche 8 bezogen und getopft. Bei diesem frühen Topftermin blühten die Pflanzen bereits in Woche 15 und präsentierten zwei Wochen später die ersten roten Früchte. In Woche 18 wiesen die Sorten bereits Ausläufer mit einer Länge von 40 bis 50 cm auf. Alle Erdbeersorten wurden in Cubico 40 (Lechuza) mit jeweils drei Pflanzen je Container gepflanzt. Die schönste Optik verbunden mit reichem Fruchtansatz über dem ganzen Sommer an den bis zu 65 cm langen Ausläufern bot 'Summer Breeze Snow', gefolgt von 'Summer Breeze Rose', die mit 80 cm noch etwas längere Ausläufer bildete und schöne dunkelrote Früchte.
Die 'Summer Breeze'-Sorten waren bereits ab Woche 24 beerntbar und bildeten insgesamt durchschnittlich 130 Früchte mit einem gesamten Erntegewicht von 460 g je Pflanze. Leider trat über den Sommer wiederholt Echter Mehltau auf, der die Optik und auch den Fruchtgenuss schmälerte. Tatsächlich blieb von allen getesteten Erdbeersorten nur eine Sorte frei von Echtem Mehltau: 'Double Pleasure Hanging Pink Wonder'. Bei Topfen in Woche 11 begann die Sorte ab Woche 22 zu blühen. Die kräftig pinkfarbenen Blüten waren zunächst halbgefüllt und leicht gedreht wie kleine Windräder. Im Hochsommer verlor sich der Füllgrad der Blüten. Die Sorte erzielte auch die meisten Früchte. So konnten im Zeitraum von Woche 27 bis 38 190 Früchte je Pflanze mit einem Gesamtgewicht von 578 g geerntet werden.