Die Öko-Akademie der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau Bamberg veranstaltete am 29.01.2025 und am 30.01.2025 einen Workshop zur Pilzzucht, der sich sowohl an Einsteiger als auch an interessierte Fachleute richtete.
Im Rahmen des Workshops wurde den Teilnehmenden die Gelegenheit gegeben, den Pilzhof Rein im Breisgau kennenzulernen. Diana Rein stellte den Umstieg von der Schweinezucht zum Pilzhof-Betrieb vor und gab spannende Einblicke in die verschiedenen Aspekte der Pilzproduktion: Vom Aufstellen der Substrate über die Ernte, Vermarktung und Verarbeitung bis zur Reinigung der Räume.
Außerdem erwartete die Teilnehmenden ein praxisorientierter Workshop zur eigenen Pilzproduktion. Unter Anleitung von Jim-Lukas Münch erhielten die Teilnehmenden praktische Tipps für den Aufbau einer kleinen, eigenständigen Pilzproduktion. Dabei wurde auf wichtige Themen wie die Wahl des Substrats sowie optimale Wachstumsbedingungen hingewiesen. Im Anschluss durften die Teilnehmenden in einer sterilen und unsterilen Arbeitsweise Substrate beimpfen und Fruchtkörper klonen.
In einem Stadtteil von Breisach, nahe der französischen Grenze, wohnt die Familie Rein und betreibt dort seit ein paar Jahren erfolgreich eine eigene Pilzzucht. Bis 2020 hielten sie dort in ihren Ställen Schweine zur Zucht und bauten Mais zur Körnervermehrung an. Da die Auflagen der Schweinehaltung immer höher und strenger wurden, entschloss sich die Familie Rein mit der Schweinezucht aufzuhören und in eine andere zukunftssichere Alternative zu investieren. Nach kurzer Überlegungszeit war der Gedanke der Bio-Speisepilzzucht nicht mehr wegzudenken und so baute die Familie kurzerhand ihren kompletten Stall in Pilzzuchträume um, in denen bereits seit Ende 2021 die Produktion der Pilze stattfindet. Die Pilze werden in sieben Räumen kultiviert, in denen die Sorten Kräuterseitlinge, Shiitake und Austernpilze wachsen. Das Substrat stellen sie allerdings nicht selbst her. Das bereits beimpfte und durchwachsene Substrat wird ihnen alle 2-3 Wochen geliefert. Ab diesem Zeitpunkt liegt es in ihrer Verantwortung, die Räume für die Pilze an die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit anzupassen. Sieben Tage nach der Anlieferung der Substratblöcke können sie die Folie der Substrate bereits schlitzen, um den Pilzen den nötigen Sauerstoff zu geben, was das Wachsen begünstigt. Drei bis vier Tage später kann die Folie dann komplett abgenommen werden, da sich die ersten Pilze bilden. Die Ernte erfolgt dann eine Woche später. Nach Aberntung der ersten Welle kommen die Rollwägen mit den Substratblöcken aus den Räumen. Der Raum wird gesäubert und das übrige Substrat kann als Dünger wiederverwendet werden, indem es auf den Ackerflächen des Betriebes ausgebracht wird.
Seit nunmehr über drei Jahren kann die Familie Rein regelmäßig Pilze ernten und vermarkten. Dabei legen sie großen Wert auf die vollständige Verwertung aller Pilze. Optisch weniger ansprechende Exemplare werden beispielsweise zu Pilz-Pesto oder Aufstrich verarbeitet. Auch das Trocknen und Einfrieren dient der Haltbarkeitsverlängerung. Die Vermarktung erfolgt über verschiedene Kanäle: Neben dem eigens gebauten Hofladen verkaufen die Reins ihre Pilze auf verschiedenen Wochenmärkten, im Großhandel, in Bio-Läden und in Kooperation mit mehreren exklusiven 1-Sterne-Restaurants. Um ihre Öffentlichkeitsarbeit weiter auszubauen, veranstaltet die Familie Rein jedes Jahr einen Tag der offenen Tür, nimmt an Messen teil und bietet zahlreiche Führungen auf ihrem Hof an. Dank dieser gezielten Vermarktung und zahlreicher Presseberichte hat sich der Pilzhof Rein bereits nach drei Jahren einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erarbeitet und gewinnt stetig neue Kunden.
Zu Beginn gab Jim-Lukas Münch den Teilnehmenden einen Überblick über die Speisepilzzucht und vermittelte wertvolle Informationen sowie praktische Tipps, um sie mit dem Handwerk und den Materialien vertraut zu machen. Er erklärte die Lebensweise der Pilze und ihre Ernährungsbedürfnisse – ein wichtiger Aspekt für die Wahl des richtigen Substrats. Dabei muss auf die unterschiedlichen Ansprüche der jeweiligen Pilzsorten Rücksicht genommen werden. Generell benötigt man für die Herstellung eines Substrats einen Grundstoff, der aus Holz oder Stroh bestehen kann, sowie einen Zusatzstoff wie z. B. Soja oder Kleie. Im Gegensatz zum Pilzhof Rein, wo das Substrat bereits fertig durchwachsen geliefert wird, durften die Teilnehmenden ihr eigenes Substrat herstellen und anschließend mit Pilzmyzel beimpfen. Nach einiger Zeit können sie dann zu Hause ihre eigenen Pilze ernten.
Das Herstellen der Substrate sowie die Beimpfung der Blöcke können durch zwei unterschiedliche Arbeitsweisen geschehen. Zum einen gibt es das sterile Arbeiten, unter einer sogenannten Flowhood, die jegliche Keimbelastung aus der Raumluft filtert. Und zum anderen gibt es die unsterile Arbeitsweise in der normalen Raumluft. Wobei das Substrat hierbei nur durch z.B. kochendes Wasser so gut wie möglich keimfrei, aber nicht steril gemacht wird. Beide Methoden konnten die Teilnehmenden im Laufe des Workshops selbst ausprobieren. Der Unterschied zwischen den Verfahren zeigt sich später im Ertrag: Eine sterile Arbeitsweise kann zu einer deutlich höheren Pilzernte führen als eine unsterile Zucht. Zusätzlich durften alle Teilnehmenden das Klonen von Rosenseitlingen sowohl unter sterilen als auch unsterilen Bedingungen testen. Wenn bei der Anzucht des Substrats, der Beimpfung, beim Klonen und der Lagerung alles richtig gemacht wurde, können die Teilnehmenden in wenigen Tagen Austern-, Rosen- oder Limonenseitlinge ernten.
Der Workshop bot den Teilnehmenden wertvolle Einblicke in die Pilzzucht – von theoretischem Wissen bis hin zur praktischen Anwendung. Besonders der Vergleich zwischen steriler und unsteriler Arbeitsweise verdeutlichte, wie komplex das Thema doch ist. Mit neuem Wissen und eigenen beimpften Substraten können die Teilnehmenden nun zu Hause ihre ersten Pilze züchten. Ein rundum gelungener Workshop, der Interesse und Begeisterung für die Pilzkultur weckte.