Versuchsergebnis
Erfahrungen mit den neuen Kirschenunterlagen der Weigi®-Serie

Reife rote Kirschen mit Laubblättern hängen am Ast.

Nach elf Prüfjahren wurden 2014 die Unterlagenversuche mit fünf Weigi-Klonen an verschiedenen Standorten abgeschlossen. Die Ergebnisse aus dem Versuchsanbau in Franken von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim und dem Obstinformationszentrum (OIZ) Fränkische Schweiz in Hiltpoltstein sind vielversprechend zukunftsorientiert und decken sich auch mit Erkenntnissen aus anderen Prüfstandorten.

Informationen zu den Weigi-Unterlagen

Die „Weigi’s“ sind Kinder "namhafter Eltern": Kreuzungen von Gießener Kirschenunterlagen-Zuchtklonen mit den älteren, eher stark wachsenden Weiroot-Unterlagen wie Klon 10 bzw. 11.

Peter Stoppel, Kreßbronn besitzt Sortenschutz für die Klone Weigi 1, 2 und 3, die unter anderem bei Vitroplant bzw. Schramma (Niederlande) als Unterlagen vermehrt werden.

Obstbauschulen unter anderem: Gräb in Kettig und Fleuren in Baarlo (Niederlande) ziehen Kirschbäume ausgewählter Sorten davon an.

In den obstbaulichen Versuchseinrichtungen Opfingen (Südbaden), Veitshöchheim, Hiltpoltstein (Landkreis Forchheim), Erfurt und La Tapy (Südfrankreich) starteten ab 2004 Versuche mit vier bis fünf Weigi-Klonen und den Sorten 'Regina' und 'Skeena' (Beispiel für kompakt wachsende, selbstfruchtbare Sorte). Die von Gräb (in Kettig) gemeinsam angezogenen Bäume in sehr guter und einheitlicher Pflanzenqualität, die zu früh einsetzenden und hohen Erträgen führte, wurden praxisüblich kultiviert: Spindelerziehung, Tröpfchenbewässerung (bzw. Mikrosprinkler in La Tapy); Pflanzabstände 4 bis 4,5 x 2,5 m (Hiltpoltstein: 5 x 2,8 m). Meist wurden sie mit weiteren Unterlagen verglichen. Die unterschiedlichen Standortgegebenheiten stellen den Vergleich auf eine breite Basis. Dennoch konnten ähnliche Erkenntnisse daraus gewonnen werden.

Leistungsfähigkeit der Unterlagen im Vergleich

Die gut verzweigten, wuchsfreudigen, im Bestand sehr einheitlichen Bäume stellten an der LWG Veitshöchheim: bereits im vierten Standjahr ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis: 'Regina' auf Weigi 1 und Weigi 2 mit 24 bis 30 Kilogramm marktfähigem Ertrag pro Baum. Die am Tag der Ernte anwesende Besuchergruppe aus Chile, aber auch wir im Versuchswesen hatten so einen frühzeitigen Spitzenertrag, der bei 900 Bäumen einem Wert von 22 bis 27 Tonnen je 0,9 Hektar entspricht, bis dato nicht gesehen! Ab dem siebten Jahr zeichneten sich größere Wuchs- und Ertragsunterschiede unter den fünf Klonen ab, die im Vergleich zu weiteren Kirschenunterlagen in den Grafiken 1 bis 3 dargestellt sind.

Versuchsingenieur vor Kirschbaum und Kisten voller reifer Kirschen auf einer Versuchsanlage

Weigi 1 und Weigi 2

Viele reife rote Kirschen und Laubblättern hängen am Ast.

Weigi 1 und Weigi 2

Gelb-rotfärbende Kirschen und Laubblättern hängen am Ast.

Weigi 1

Zweifarbige Diagrammsäulen mit Stammquerschnitt und Kronenvolumen im elften Standjahr.

Grafik 1 - vegetative Daten

Zweifarbige Diagrammsäulen mit Fruchtdurchmesser und marktfähiger Ertrag.

Grafik 2 - Ertrag und Fruchtdurchmesser

Zweifarbige Diagrammsäulen mit Fruchtgewicht der schwachen und stärkeren Ertragsjahre.

Grafik 3 - Fruchtgewicht

Wuchsverhalten

Weigi 2 ist schwächste der fünf Weigi-Unterlagen und wächst mit 'Regina' am Standort LWG Veitshöchheim ähnlich wie GiSelA 5: minimal stärkerer Stammquerschnitt (20 Zentimeter über Veredlungsstelle); das Kronenvolumen um acht Prozent höher.

Weigi 1 induziert gegenüber Weigi 2 und GiSelA 5 mit 25 bis 35 Prozent ein merklich stärkeres Baumwachstum. Auch wenn GiSelA 6 in diesem direkten Vergleich nicht beteiligt war, so könnte nach bisheriger Einschätzung Weigi 1 im Wuchs etwa der GiSelA 6 entsprechen.

Von den nach elf Prüfjahren im Vergleich zu GiSelA 5 und Weigi 2 bei 'Regina' deutlich stärker wachsenden Weigi-Klonen 3, 4 und 5 (Stammquerschnitt jeweils plus 35 bis 40 Prozent; Kronenvolumen: plus 35 Prozent; Weigi 5 jedoch fast 90 Prozent!) zeigt sich Weigi 3 mit 'Skeena' im Wuchs besonders vorteilhaft. Somit geben wir diesem Klon den Vorzug gegenüber Weigi 4 und 5.

Im Übrigen zeigt sich bei uns wiederholt die analoge Wuchsstärke von GiSelA 3 und Weiroot 72 und eine Ähnlichkeit GiSelA 5 mit Weiroot 158.

Ertragsverhalten nach elf Prüfjahren und Fruchtdurchmesser

Bei 'Regina' liegt Weigi 2 um neun bis zehn Kilogramm pro Baum vor Weigi 1 und GiSelA 5, der im Fruchtdurchmesser fast ein Millimeter zu Weigi 2 fehlt. Im direkten Vergleich der stärker wachsenden Weigis 3 bis 5 sticht Weigi 4 im Behang bei etwa gleichen Fruchtkalibern sowohl bei 'Regina' als auch 'Skeena' deutlich heraus. Bei den im Wuchs gleichartigen Weiroot 72 und GiSelA 3 liegt die Weihenstephaner Unterlage – bei gleichem Fruchtdurchmesser – mit 'Regina' um 40 Prozent höher. Weiroot 158 fällt im Ertrag gegenüber GiSelA 5 um zwölf Prozent ab.

Auch wenn der Ertragsunterschied zwischen Weigi 2 und GiSelA 5 unter gleichen Voraussetzungen nach elf Standjahren in der Summe „nur“ 9,7 Kilogramm pro Baum bei 'Regina' beträgt, so bedeutet dies hochgerechnet eine Mehrleistung von 8.730 Kilogramm je 0,9 Hektar – bei gleichem Fruchtgewicht.

Der spezifische Ertrag, der die Behangdichte durch die Parameter "Kronenvolumen" (oder Stammquerschnittsfläche) und "Ertrag" ausdrückt, ist aufgrund der ähnlichen Eigenschaften von Weigi 2 und GiSelA 5 gleich. Mit seinem schwächeren Wuchs hängt Weigi 2 im Vergleich zu Weigi 1 spürbar und gegenüber den Weigi’s 3 bis 5 deutlich dichter.

Weitere Ergebnisse zu den Weigi’s aus Veitshöchheim

In den elf Versuchsjahren und weiteren zwei Standjahren verzeichneten alle Weigi-Unterlagen weder Baumausfälle noch Wurzelausläufer/Stockausschläge (außer Klon 4: vereinzelte Ausschläge).

Weigi 1, 3 und 5 verwachsen glatt, ohne bzw. mit lediglich minimalem Veredlungswulst, den die Weigi-Klone 2 und 4 zeigen (Unterlage schwächer) – jedoch ohne Nachteil. Die Bäume aller fünf Klone sind standfest. Eine Verkahlung der Äste tritt bei den Weigi-Klonen kaum auf und speziell bei Weigi 1 und 2 deutlich weniger als bei GiSelA 5.

Über dem Boden mit Schnee bedeckt ist eine Verdickung am Baum.

Weigi 2

Über dem Boden mit Schnee bedeckt ist ein glatter Baumstamm.

Weigi 1

Standort Hiltpoltstein (Fränkische Schweiz, 520 m ü. NN)

Jahresniederschläge meist zwischen 750 und 1.000 Millimeter und bessere Böden sorgen hier für eine stärkere Wuchskraft als in Veitshöchheim (zwischen 420 bis 650 Millimeter; sandiger Lehm, humusarm).

Weigi 1 fehlte in Hiltpoltstein. Stammquerschnitt von 'Regina' nach zehn Jahren in Relation zu GiSelA 5: Weigi 2: minus sieben Prozent, Weigi 3 und 5 je plus 17 Prozent; Weigi 4: plus 23 Prozent. Das auch um acht Prozent geringere Kronenvolumen von Weigi 2 zu GiSelA 5 erklärt den Minderertrag (minus zehn Prozent) von zehn Kilogramm pro Baum (Summe 2007 bis einschließlich 2013).

So liegt Weigi 2 hochgerechnet bei 59 Tonnen gegenüber GiSelA 5 mit 65 Tonnen je 0,9 Hektar. Weigi 4 und 5 bringen um 70 Prozent, hingegen Weigi 3 um 50 Prozent schwächere marktfähige 'Regina'-Kirschen. Mit Ausnahme 2008 und 2011 hatte 'Skeena' quasi Totalausfall durch geplatzte Früchte. Bei 'Skeena' überzeugte hinsichtlich Kronenvolumen und zwei Ertragsjahren Weigi 2 als beste Kombination.

Wurzelschosser: Weigi 2 und GiSelA 5: keine; Weigi 3 und 5: minimal; Weigi 4: gering bis mittel. Baumausfälle: keine

Der Versuch überzeugte die Mitglieder des für die Versuchsfragen maßgebenden Versuchsbeirates, sodass ein weiterer Versuch mit den Weigi-Unterlagen 1 bis 3 im Dezember 2015 gepflanzt wurde (Hauptsorten: 'Regina', 'Tamara'; Nebensorte: 'Satin'; Vergleichsunterlagen: GiSelA-Klone 5, 6, 12, 13, 17, Piku 1; Versuchsfragen: a) Kirschen-Unterlagen für Nachbau, b) Kirschen-Unterlagenprüfung ohne Zusatzbewässerung).

Erkenntnisse von weiteren Standorten

Lehr- und Versuchszentrum für Gartenbau (LVG) Erfurt

An der LVG Erfurt zeigte sich GiSelA 5 trotz etwas schwächerem Kronenvolumen (jedoch etwa gleichem Stammquerschnitt) bezüglich Ertrag und Fruchtgröße mit 'Regina' besser als Weigi 2. Bezüglich spezifischem Erträge (Behangdichte) liegen beide Unterlagen relativ ähnlich. Bei 'Skeena' kann Weigi 2 als eine positive Kombination betrachtet werden: im Wuchs leicht schwächer, bezüglich Baum- und spezifischem Ertrag etwas günstiger als GiSelA 5. Da sich die „Weigis“ als Unterlagen mit Potenzial präsentieren, werden vor allem Weigi 2, aber auch der bislang hier fehlende Klon 1 in neue Unterlagenprüfungen integriert.

Am Standort Opfingen (Südbaden)

Deutschlands wärmstem Anbaugebiet beliefen sich die kumulierten Einzelbaumerträge 2007 bis 2014 von 'Skeena' mit Weigi 2 um fast 30 Kilogramm deutlich höher als mit GiSelA 5 bzw. +25 Kilogramm gegenüber GiSelA 3. Weigi 1 und 3 erreichten fast das Niveau von GiSelA 5. Bei 'Regina' erreichte GiSelA 3 knapp 70 Kilogramm, GiSelA 5: gut 50 Kilogramm, Weigi 2: knapp 60 Kilogramm pro Baum. Die anderen Weigi-Klone fielen deutlich ab.

Gemäß den Aussagen von Hubert Schneider kann Weigi 2 für den Tafelkirschenanbau andere Weigi-Klone auch für den Industrieanbau einbezogen werden.

Bedeutende Erkenntnisse aus La Tapy (Südfrankreich)

Baumerziehung "offene Vase" (Hohlkrone) mit fünf bis sechs Ästen, Pflanzabstand 7 x 2,5 m; Zusatzbewässerung Mikrosprinkler. Boden gut, jedoch pH 7,7! Die Versuchsleiterin Frau Pinczon teilte mündlich mit, dass dort GiSelA 5 nicht empfohlen wird (Wuchs zu schwach, Probleme mit Hitze und der Vitalität der Bäume). Sie suchen im Wuchs stärkere Unterlagen als GiSelA 5, die zugleich Hitze und den hohen pH-Wert vertragen. GiSelA 5, Weigi 3, 4 und 5 zeigten in La Tapy zum Teil sehr viele Wurzelschosser, Weigi 2 auch einige, aber Weigi 1 nur vereinzelt.

Wuchsstärke nach acht Prüfjahren: GiSelA 5 schwach; im Vergleich dazu: Weigi 2 leicht ('Regina') bzw. spürbar ('Skeena') stärker; Weigi 1 deutlich, die Weigi’s 3, 4, 5 jeweils 2,5 bis 3-fach stärker. Fast analog dazu lagen die Erträge pro Baum. Die besten Fruchtgewichte erzielten Weigi 1, 3 und 4, sowie Weigi 2 (mit 'Skeena' sehr hoch, mit 'Regina' schwächer). Der schwache Wuchs, Vitalitätsprobleme und eine starke Behangdichte führten zu den schwächsten Fruchtgewichten von GiSelA 5. Wenn auch andere Erziehungsform (Vase) und Bedingungen als bei uns, so konnten die Unterlagen im direkten Vergleich in La Tapy zeigen, dass Weigi 1 und 2 unter den dortigen Verhältnissen besser zurechtkommen als GiSelA 5. Die wüchsigeren Unterlagen Weigi 3, 4, 5, aber auch 1 sind wohl an „ungünstigere“ Standorte gut angepasst. Daraus ergeben sich auch für uns Möglichkeiten in der Unterlagenwahl bei Problemen wie Nachbau bzw. extremer Hitze/Trockenheit.

Gesamteinschätzung und Praxisrelevanz

Die drei inzwischen auf dem Markt verfügbaren Kirschenunterlagen Weigi 1, 2 und 3 sind vielversprechend und bieten gute Möglichkeiten, Sorten und Standort spezifische Unterlagen auszuwählen und somit den Anbau zu optimieren. Sie erweisen sich gegenüber bisherigen Standardunterlagen als gleichwertig oder (leicht) besser. Vitalität, geringere Neigung zum Verkahlen sind günstige Eigenschaften im Zusammenspiel mit Klimawandel und möglicherweise auch für Nachbau. Aufgrund der positiven Ergebnisse von verschiedenen Prüfstandorten können Weigi-Unterlagen zumindest versuchsweise in den Kirschenanbau einbezogen werden mit dem Vorteil, damit eigene Erfahrungen zu gewinnen.

Danke an Christof Vogel, Obstinformationszentrum (OIZ) Fränkische Schweiz, für die Datenerfassung bzw. den Kollegen der weiteren Versuchsanstalten für die Übermittlung der Daten und den fachlichen Austausch.