Rebschutz
Reifende Trauben vor Schädlingen schützen

Vogelscheuche im Weinberg

Nicht nur der Winzer beobachtet mit Freude die reifenden Trauben. Auch viele "Mitesser" laben sich an den saftig-süßen Beeren. Die Beeren stehen auf dem Speisezettel von so unterschiedlichen Tieren wie der Wacholderdrossel, der Feldmaus und dem Wildschwein. Im Lesegut können außerdem Marienkäfer oder Ohrwürmer zum Problem werden. Wie man möglichst frühzeitig geeignete Maßnahmen ergreifen kann, um Tiere während der Reifezeit und Lese ordnungsgemäß von den Reben fernzuhalten, wird im Folgenden erläutert.

Vögel

Wenngleich viele unserer Vogelarten an den reifenden Trauben in den Weinbergen naschen, so werden Fraßschäden nur durch Stare (Sturnus vulgaris), Schwarzamseln (Turdus merula) und Wacholderdrosseln oder Krammetsvögel (Turdus pilaris) verursacht.

Die Traubenhut

Die Traubenhut ist die einfachste und umweltschonendste Maßnahme. Der Erwerb der pyrotechnischen Munition setzt allerdings einen Munitionserwerbschein voraus. Durch Neuregelungen im Waffenrecht sind folgende Punkte zu beachten:
  • Das Abfeuern der Schreckschusswaffen darf ohne Waffenschein nur auf Weinbergsflächen und nicht von öffentlichem Grund aus erfolgen
  • Schreckschusswaffen dürfen zum Weinberg nur im nicht schussbereiten und nicht zugriffsbereiten Zustand (entladen und in einer Tasche verstaut) transportiert werden.

Schussapparate und phonoakustische Geräte

Lärm erzeugende Geräte dürfen nur während der Tageszeit eingesetzt werden. Beim Einsatz solcher Geräte sind Mindestentfernungen einzuhalten. Beim Einsatz mehrerer Geräte gilt das 1,2-fache dieser Entfernungen:
  • In reinen Wohngebieten: 700 m (50 dB (A))
  • in allgemeinen Wohngebieten: 500 m (55 dB (A))
  • in Mischgebieten / Dorfgebieten: 300 m (60 dB (A))

Die Art der jeweiligen Wohngebiete und gegebenenfalls weitere Vorschriften sind bei den Gemeindeverwaltungen zu erfragen. Die vorgenannten Richtlinien werden von den zuständigen Behörden überwacht! Um Belästigungen zu vermeiden, ist die Schusshäufigkeit möglichst gering zu halten und die Aufstellung der Geräte so vorzunehmen, dass Belästigungen auf ein unvermeidbares Maß minimiert werden.

Verwendung von Netzen zum Schutz der Trauben vor Vogelfraß

Zum Schutz der Weinberge vor Vogelfraß ist das Aushängen von Netzen ein geeignetes Verfahren, wenn einige grundsätzliche Aspekte und Verhaltensweisen beachtet werden:
 Vogelnetz-Seitenbespannung in der Traubenzone

Traubenzonen-Bespannung

Blaues Vogelschutznetz über mehrere Rebzeilen gespannt

Netz über mehrere Zeilen

Blaues Vogelschutznetz wird durch stabiles Drahtgeflecht bis zum Boden verlängert

Seitenbespannung

Vogelschreckschusskanone mit zugehöriger Gasflasche im Weinberg

Vogelschreckschussapparat

  • Die Notwendigkeit der Verwendung von Vogelschutznetzen muss in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Im Allgemeinen ist dies nur in der Nähe von Waldrändern, Gebüschen und Wohngebieten gerechtfertigt.
  • Das für die Tiere schonendste und beste Verfahren ist die Seitenbespannung, die neben dem Schutz vor Vögeln auch einen Schutz vor Wespenfraß bietet. Diese empfehlen wir daher generell an Stelle der Ganzflächenbespannung
  • Es dürfen nur blaue Netze mit einer Maschenweite von maximal 30 x 30 mm und einer Fadenmindeststärke von 1 mm verwendet werden. Bei Neukauf von Netzen sollte die Maschenweite 25 x 25 mm nicht überschreiten!
  • Die Ganzflächenbespannung schützt die Trauben vor allem gegen Stare, die in Schwärmen von oben in die Weinberge einfliegen. Die blauen Netze sind straff und windsicher zu spannen. Zum Schutz der Vögel und Kleinsäuger ist sicherzustellen, dass ca. 40 cm Abstand zum Boden eingehalten wird und keine losen Enden am Boden streifen oder aufliegen. Vor allem an Waldrändern, an Hecken und Wohngebieten, wo seitlich einfliegende Vögel (Amsel, Wacholderdrossel) auftreten können, kann die Abspannung bis zum Boden zusätzlich mittel eines straff gespannten und im Boden verankerten Drahtgeflechtes erfolgen.
  • Die eingenetzten Rebflächen sind regelmäßig zu begehen und zu kontrollieren. Dabei ist die Verspannung der Netze zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
  • WICHTIG!: Unmittelbar vor der Lese sind die Netze zu entfernen! Reste von Netzen dürfen keinesfalls in den Weinbergen liegen bleiben oder dort gelagert werden!

Werden durch unsachgemäße Bespannungen und Handhabungen von Netzen Tiere verletzt oder getötet, so liegen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und gegen Artenbestimmungen vor, die mit empfindlichen Geldstrafen geahndet werden können. Ungeachtet dessen, sollte sich der Winzer im Klaren sein, dass Nachlässigkeiten dem Ansehen des gesamten Berufsstandes schaden.

Kirschessigfliege und Essigfliege

Rote Beeren an der Rebe, aus denen Saft austritt.

Durch den Geruch von gärendem Traubensaft in verletzten Früchten wird die normale Essigfliege angelockt, die sich in diesen geöffneten Beeren vermehrt und dadurch zu einer Ausbreitung der Essigfäule führt. Die nahe verwandte Kirschessigfliege bevorzugt dagegen reifende und reife aber unverletzte Beeren für ihren Nachwuchs. Der Befall mit Kirschessigfliege wird durch saftende Trauben mit eingefallenen Beeren deutlich. Ein sekundärer Befall durch Essigbakterien, Botrytis und Schimmelpilze erfolgt je nach Witterung erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt.  Mehr

Mäuse

In vielen Weinbergen mit hohem Mäusebesatz werden während der Traubenreife die süßen Trauben angefressen. In Folge werden die Fraßstellen durch schädliche Pilze, wie z.B. Penicillium, besiedelt. Solche Trauben dürfen keineswegs zur Weinbereitung verwendet werden. Durch eine Mäusebekämpfung kann dieses Problem verhindert werden.
Zur Mäusebekämpfung können zugelassene Präparate mit dem Wirkstoff Zinkphosphid (z.B. "Ratron Giftlinsen") eingesetzt werden. Beachten Sie beim Auslegen der Köder unbedingt die Anwendungshinweise, damit eine Schädigung anderer Tiere (Wild, Hunde) unterbleibt. Eine offene Auslegung oder breitwürfiges Ausstreuen ist verboten.
Längerfristig hilft es, Sitzstangen für Greifvögel aufzustellen.
Im Forst hat sich die "Göttinger Fangwanne" zur biologischen Bekämpfung bewährt. Hierzu wird eine schwarze Plastikwanne mit drei Einläufen so aufgestellt, dass die Öffnungen an die Mäusepfade anschließen. Die mit dem ausgelegten Futter gefangenen Mäuse können nicht mehr aus der Wanne entweichen. Sie werden durch ihre natürlichen Feinde (Greifvögel, Eulen, Fuchs und Marderartige) „entsorgt“. Pro Hektar müssen 10–12 Wannen aufgestellt werden. Wichtig ist, die Fangwannen rechtzeitig auszubringen, damit sie den Kunststoff-Neugeruch verlieren und von den Mäusen angenommen werden.

Mehr zu Mäusen

Wespen

Besonders in Weinbergen mit früh reifenden Weintrauben, die schon zeitig im Spätsommer süß und aromatisch schmecken, sind ganze Schwärme von Wespen zu beobachen, die die leckeren Früchte anfressen und von innen her aushöhlen. Gerade früh reifende Sorten (z.B. Ortega, Bacchus) sind für Wespenfraß besonders anfällig. Fraßstellen sind bei entsprechenden Witterungsbedingungen oftmals Ausgangspunkt für den Befall mit Fäulepilzen (Botrytis, Penicillium) und Bakterien (Essigfäule). Am wirkungsvollsten kann dem Wespenfraß mit einer dichten Seitenbespannung der Traubenzone mit engmaschigen Netzen vorgebeugt werden. Auch hier sollte die Ausbringung frühzeitig erfolgen, damit durch den Duft angefressener Beeren nicht zusätzlich weitere Wespen angelockt werden.

Mehr zu Wespen im Weinberg

Wildschweine

Im Herbst streifen die Schwarzkittel mit ihrem Fang die reifen Beeren von frei hängenden Trauben ab. Zurück bleiben unreife bzw. verletzte und schmutzige Beeren, auf denen Spuren ihres mit Erde vermischten Speichels zu erkennen sind. Neben dem teils erheblichen Ertragsausfall kann dies bei entsprechenden Witterungsbedingungen auch den Befall mit Penicillium, Botrytis und Essigfäule fördern. Gegenmaßnahmen sind stabile, eingegrabene Gatter und Zäune, elektrische Weidezäune oder Abschreckungsmittel. Ablenkungsfütterungen und eine umfassende Bejagung durch den zuständigen Jagdpächter sind weitere mögliche Maßnahmen

Ohrwürmer im Lesegut

In vielen Jahren sind pünktlich zum Traubenschluß die Ohrwürmer da. Diese dämmerungs- und nachtaktiven Tiere nutzen die Trauben als Versteck für den Tag. Zur Zeit des Traubenschlusses im Juli sind uns Ohrwürmer zur Traubenwicklerbekämpfung also sehr willkommen. Zur Beerenreife möchten wir sie gerne losbekommen, um sie und ihre Hinterlassenschaften nicht später im Lesegut zu haben. Denn gerade das Lesegut mit den Kotresten der Ohrwürmer bereitet bei der Weinbereitung Probleme. Direkter Fraß an den unverletzten Beeren ist nicht möglich. Reifende Beeren fressen sie komplett aus, jedoch nur, wenn die Beerenhaut zuvor durch Aufplatzen, Wespenfraß, Haarrisse vorgeschädigt war. Ohrwürmer siedeln sich nicht in lockeren Trauben an die in einer luftige, entblätterten Traubenzone wachsen. Mit Hilfe des Sortiertisches können auch noch im Keller die Ohrwürmer entfernt werden.

Marienkäfer im Lesegut

Gelangen Marienkäfer (einheimische wie asiatische) im Zuge der Weinlese mit in die Verarbeitung, so geht deren Hämolymphe mit in die Maische oder den Most über. Dies führt zu Einbußen hinsichtlich der Weinqualität. Die Weine werden im Geschmack als „bitter, unangenehm nach Paprika, Erdnuss oder Spargel schmeckend“ charakterisiert. Entgegen bisheriger Aussagen haben Harmonia axyridis und der heimische 7-Punkt-Marienkäfer Coccinella septempunctata ein ähnlich hohes Risikopotenzial den Wein zu verunreinigen. Wie ausgeprägt der MK-Ton genannte Einfluss der Marienkäfer auf den Wein ist, hängt stark von Pressdauer und Gärverfahren ab.