Grüne Gebäudehüllen

Für die Bewohner von Gebäuden drückt sich maximaler Komfort in optimalen Raumtemperaturen, Luftqualität, Raumfeuchte und Belichtung aus. Energie- und Klimapolitik fordern zudem eine hohe Energieeffizienz. Wichtigster Ansatzpunkt für die Steigerung der Energieeffizienz ist die Ausbildung der Gebäudehülle. Freistehende bewitterte Gebäudeteile wie Fassaden und Dächer geben in kalten Jahreszeiten Wärme an die Umgebung ab und nehmen diese in den Sommermonaten bevorzugt auf, was bei Überhitzung der Städte infolge des Klimawandels vermehrt zu Einschränkungen in der Nutzung führt. Lösungsansätze bieten eine Gebäudedämmung, energetisch aufwändige Kühl- und Lüftungstechnik sowie verdunstungsfördernde schattierende Begrünungen. Fassaden- und Dachbegrünungen schaffen die bau- und vegetationstechnischen Voraussetzungen für die Etablierung von Pflanzen im Übergang zum Bauwerk. Als integrierter Bestandteil einer Fassaden- und Dachkonstruktion fördern sie nicht nur das Naturerlebnis und die Aufenthaltsqualität in der Stadt, sondern sind der grüne lebende Baustein einer energetisch wirksamen Gebäudehülle.
Grüne Gebäudehüllen tragen zur Klimamäßigung in bebauter Umgebung, denn sie
- erschließen versiegelte Flächen für Stadtgrün
- halten Niederschlagswasser zurück
- absorbieren Einstrahlungsenergie
- senken die Oberflächen- und Umgebungstemperaturen
- fördern die Verdunstung über Substrat und Vegetation
- verzögern den Abfluss von Dachflächen
- filtern Schadstoffe
- bieten zusätzlich Platz für Solartechnik und Regenwasserspeicher
- erlauben den wohnungsnahen Anbau von Nutzpflanzen zur Selbstversorgung
Begrünte Dächer (Station 2)
Begrünte Flachdächer bieten Lebensraum und tragen zum Erhalt der Artenvielfalt im bebauten Umfeld bei. Sie speichern darüber hinaus Regenwasser, verzögern den Abfluss und verringern die Abflussmengen. Je dicker die Substratschicht und je üppiger das Pflanzenwachstum, desto besser ist die klimatisierende Wirkung hinsichtlich Kühlung und Dämmung.
Klimatisierungseffekte begrünter Dächer lassen sich überschlägig berechnen:
Hier ein Beispiel für eine Flachdachbegrünung mit 30 cm Substratdicke in München.
Bei einem standortbezogenen mittleren Jahresniederschlag von 930 mm und einer jährlich wirksamen Einstrahlungsenergie von 3,6 kJ pro m² ergeben sich folgende Kühleffekte:
70 % von 930 l/m² = 651 l/m²
651 l/m² x 2.000 kJ = 1,3 Mio. kJ pro m²
3,6 Mio. kJ pro m² minus 1,3 Mio. kJ pro m² = 2,6 Mio. kJ/ pro m²
36,1 %
Weiteren Zusatznutzen bieten Dachbegrünungen in Kombinationen mit Photovoltaik als Solar-Gründach. Wasserspeichernde Retentions-Gründächer sind wichtige Bausteine für eine klimagerechte Stadtplanung auf dem Weg zur „Schwammstadt“, um das lokal anfallende Regenwasser nicht mehr in Kanäle abzuleiten, sondern an Ort und Stelle zu bewirtschaften.
Fenstergärten (Station 4)
Was in südlichen Gefilden zur Wäschetrocknung taugt, kann in unseren Breiten Vorbild sein, um Vegetation ganz nah vors Fenster zu bringen. Einer Idee der französischen Designer Barreau und Charbonnet folgend, findet der Balkonkasten auf dem Fensterbrett Aufnahme in einer schwebenden beweglichen Regalkonstruktion, deren Rahmen in der Fensterlaibung verankert ist. Die etagenmäßige Anordnung der Pflanzkästen erlaubt, je nach Neigung der von innen verstellbaren Begrünungsebene, eine bequeme Pflege und Ernte vom Wohnraum aus. Einem grünen Außenvorhang gleich, schattieren die Pflanzen bei Bedarf die Fensterflächen und sorgen dafür, dass unangenehme Wärme draußen bleibt.
Wer`s nicht glaubt, probiert es einfach mal aus… Nachbauen erlaubt!
Fassadenbegrünungen (Station 8)
Weitgehend fensterlose Gebäudehüllen sind ideale Standorte für flächiges Fassadengrün. Kletterpflanzen wachsen im Erdreich und benötigen pflanzenangepasste Tragkonstruktionen, die Schlingern, Rankern und Spreizklimmern den Weg nach oben erleichtern. Wandgebundenes Grün ist ein idealer, aber kostenintensiver Begleiter für Bauwerke, die keine gebäudenahen Freiflachen aufweisen. Als Pflanzen kommen, je nach Exposition, Kleingehölze, Stauden, Gräser und Farne in Betracht. Da diese bei der „Living wall“ quasi am Tropf hängen, bedarf es einer optimierten Wartung und Pflege sowie professioneller Bewässerungstechnik, die am besten automatisiert ist.
- Forschungsprojekte "Grüne Gebäudehüllen – Pflanze trifft Bauwerk"
- Merkblatt "Klima-Forschungs-Station – Pflanze trifft Bauwerk"
- Merkblatt "Vertikales Grün - Praxisratgeber bodengebundene Fassadenbegrünung"
- Merkblatt "Lebendige Städte durch grüne Fassaden – Praxisratgeber wandgebundene Fassadenbegrünung"
- Pflanzenauswahl "Wildbienenmagnete für Wände, Beet und Kübel"
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Hopfen trifft Gärtner (Station 18)
Wer kennt Sie nicht, die bayerischen „Hopfengärten“ in Spalt und Hersbruck oder die Hallertau, das nördlich von München gelegene, mit rund 2.400 Quadratkilometern größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt. Dort findet sich die Heimat der landwirtschaftlichen Hopfenproduktion. Seit einigen Jahren hält der Hopfen aber auch Einzug in Hausgärten und öffentliches Grün. Früher schon als Heilpflanze geschätzt, wird er heute zunehmend als rasch wachsende Kletterpflanze zum Sichtschutz an Zäunen und Pergolen sowie zur Fassadenbegrünung genutzt.
Zum Saisonfinale 2024 widmete sich der Klimawandel-Garten mit Unterstützung des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Kooperation mit der Gesellschaft für Hopfenforschung am Standort Wolnzach/Hüll in einer Sonderausstellung dem auch als „grünes Gold“ bekannten Echten Hopfen, botanisch Humulus lupulus. Im Gegensatz zu den meisten anderen mehrjährigen Kletterpflanzen ist er eine sommergrüne Kletterstaude, die jedes Frühjahr neu aus dem Wurzelstock austreibt und sich im Uhrzeigersinn windend den Weg nach oben bahnt. Mittels vertikal ausgerichteter Drahtseile, Stangen oder Klettergerüste überwindet er Höhen von mehr als 10 Metern in rasanter Geschwindigkeit. An bodenfrischen, nähstoffreichen, überwiegend sonnigen Standorten überzeugt Hopfen auch im Garten durch seine pflegeleichte Art, die großen schattenspendenden Blätter und den schnellen dichten Wuchs. Wird er ausreichend gedüngt und gewässert, fühlt er sich sowohl als solitärer „Platzhirsch“ als auch als „Lückenfüller“ in Gemeinschaft mit anderen Pflanzen wohl.