Jahresrückblick Franken
2015: Kein hitzefrei für Winzer und Reben

Glücklicherweise ist die Rebe hart im Nehmen. Die Hitzeperioden, der Wassermangel, die Spitzentemperaturwerte – alles hat sie meist gut verkraftet. Zumindest, wenn es sich um ältere und richtig gepflegte Anlagen gehandelt hat. Selbst jetzt noch (Stand 31.Oktober) fehlen ca. 170 l/m² Niederschlag und die Aufsummierung der Tagestemperaturmittel hat bereits den Stand zum Jahresende im Vergleich zum langjährigen Mittel erreicht.

Witterung und Phänologie

Wieder haben wir ein Jahr hinter uns, in dem der Winter nahezu ausgefallen ist. Da keine zweistelligen Minusgrade erreicht wurden, war auch keine Gefährdung der Reben gegeben. Schon der Februar mit seinem geringen Niederschlag (Abb.1) gestaltete den Auftakt für ein von Trockenheit geprägtes Jahr. Diese Entwicklung setzte sich in den Frühjahrsmonaten März und April weiter fort. Nur die stärkeren Niederschläge zu Beginn und am Ende des Monats März erbrachten ein knapp unter dem Mittel liegendes Niederschlagssoll. Die oft klaren und sonnenreichen Tage führten zu einer starken nächtlichen Abkühlung, so dass häufig Nachtfröste auftraten. Diese Entwicklung setzte sich bis in die erste Aprildekade fort. Hierdurch war den Reben trotz dem über der Norm liegenden Temperaturmittel (Abb.2) die Lust auf einen allzu frühen Austrieb genommen.
Erst mit der warmen zweiten Aprildekade nach den Osterfeiertagen regten sich in den Reben die ersten Lebenszeichen, dann aber mit schnellen Fortschritten. Vom Beginn des Knospenschwellens bis zum Knospenaufbruch am 20. April (Tab. 1) vergingen gerade einmal 14 Tage.
Die weiterhin sonnige, trockene Witterung mit ca. einem Drittel mehr Sonnenscheinstunden als normal hielt an und zehrte an den ohnehin geringen Bodenwasservorräten. Am Ende des Monats sank daher die nutzbare Feldkapazität (nFk) bei sandigem Lehmboden bereits auf 40% ab. Die Schauer in der ersten Maihälfte waren daher sehr willkommen. Eine Auffüllung der Bodenwasservorräte war durch die überwiegend geringen Niederschlagsmengen nicht gegeben und die sonnigen Tage entzogen dem Boden sofort wieder das Wasser.
Das Zweiblattstadium wurde knapp vor dem Mittel am 4. Mai erreicht.

Tab.1: Phänologische Daten 2015 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1968-2014 (mittlere Müller Thurgau Lage)
EntwicklungsstadiumBBCH2015Mittel 1968-2014
Austrieb-Knospenaufbruch0922.0429.04
2-Blatt-Stadium1204.0510.05
Blüte, 30% der Käppchen abgeworfen6310.0618.06
abgehende Blüte6814.0624.06
Beeren erbsengroß7508.0714.07
Hell werden der Beeren8108.0810.08

Die zweite Maihälfte zeigte dann ein völlig anderes Gesicht. Unterdurchschnittliche Temperaturen und meist trüber Himmel ließen keine Frühjahrsstimmung aufkommen. Ein Vorteil des kühlen und trüben Wetters waren die geringen Verdunstungsraten. Trotzdem lag die nFk am Ende des Monats bei nur noch 20%. Liegt der Wert der nFk unter 30% geht man vom beginnenden Trockenstress aus. Die Auswirkungen des Wasserdefizits waren in Abhängigkeit von den Standortbedingungen, den Stockarbeiten (rasches Entfernen der Frostrute und Ausbrechen), der Stockbelastung, dem Alter der Anlage und der Bodenpflege jetzt schon zu bemerken.
Ende Mai waren überwiegend 10 Blätter entfaltet. In stark trockengestressten Anlagen reichte der Wuchs teilweise nur bis zum ersten Doppeldraht. Jüngere Anlagen ohne voll ausgebildetes Wurzelwerk waren durch das fehlende Wasser schon jetzt deutlich im Wuchs gehemmt.
Die Hoffnung auf durchdringende Niederschläge im Juni erfüllte sich zunächst nicht. Bis zur Monatsmitte war es oft sehr heiß und trocken. Erste Bewässerungsmaßnahmen wurden durchgeführt. Die Rebblüte begann und endete überwiegend in der zweiten Junidekade. Nachfolgende Niederschläge in regional sehr unterschiedlicher Intensität linderten nur kurzfristig den Durst der Reben.
Auch die Monate Juli und August warteten mit Hitzerekorden und fehlenden Niederschlagsmengen auf. In Kitzingen wurde für Deutschland am 5. Juli und nochmals am 7. August ein neuer Hitzerekord mit 40,3°C aufgestellt. Eine Flut an heißen Tagen (Maximumtemperatur > 30°C), im Juli 12 Tage und im August 16 Tage, und fehlende nächtliche Abkühlung bescherten weit über dem Durchschnitt liegende Monatsmitteltemperaturen (siehe Abb 2).
Die nFk sackte bis Mitte August auf Werte von weniger als 10% ab. Zu diesem Zeitpunkt konnte in allen Anlagen Wassermangel beobachtet werden. Der Trockenstress trat mit schwachen Symptomen wie aufgehellten Blättern an der Triebbasis, Vergilbungen in allen Abstufungen auf bis hin zu Symptomen kurz vor Einsetzen des Welkepunktes wie einschrumpelnden Beeren und absterbenden Trieben (Abb.3 und 4).

Da die hohe Einstrahlungsintensität, wegen der ungenügenden Wasserversorgung der Reben über lange Zeit vom Rebstock nicht genutzt werden konnte, entwickelten sich die phänologischen Stadien „Trauben hängen“ und „Reifebeginn“ ohne großen Vorsprung zum langjährigen Mittelwert (Tab.1).
Allerorten wurden jetzt längst verstaubte Behälter aus den Scheunen gezerrt und versucht mit Wassergaben zumindest die jüngeren Anlagen vor allzu starken Trockenschädigungen zu bewahren. Ein Erfolg wurde erreicht, wenn rechtzeitig mit der Zusatzbewässerung begonnen wurde und die übrigen Pflegemaßnahmen und Entlastungen der Stöcke konsequent durchgeführt wurden. Allerdings sind solch mobile Bewässerungen nur bei kleiner Fläche und unter hohem Aufwand durchführbar.
Niederschläge ab Mitte August entschärften die Situation etwas. Die Rebstöcke konnten vom reinen Lebens­erhaltungs­zyklus wieder auf Zucker]--]einlagerung in die Trauben umschalten. Je nachdem wie stark der Trockenstress zugeschlagen hatte, gelang dies mehr oder weniger gut. Dies offenbarten die teils drastischen Unterschiede bei den Reifemessungen. Die große Spannweite von bis zu 40° Oe bei der selben Sorte machte die Unterschiede bei der Wasserversorgung sichtbar.

Krankheiten und Schädlinge

Durch starke Fraßschäden der Erdraupen im vorangegangenen Jahr achteten die Winzer beim Austrieb sorgfältig auf die aufbrechenden Knospen. Glücklicherweise waren dieses Jahr nur einzelne Anlagen von Knospenfraß betroffen. Im Stadium von zwei bis drei Blättern wiesen einzelne Anlagen stärkeren Befall durch Rote Spinne und Pockenmilben auf. Bei guten Besätzen mit Raubmilben regelte sich dieser Befall während der weiteren Wochen von selbst ein.

Die trockene und heiße Witterung in den Sommermonaten sorgte dafür, dass die Pilzkrankheiten nur wenige Probleme bereiteten. Der Peronosporapilz trat in diesem Jahr fast überhaupt nicht auf. Bei Oidium bildeten sich in im Vorjahr stark befallenen Anlagen früh Zeigertriebe und Befallsstellen. Wurden diese aber rechtzeitig und konsequent bis kurz nach der Blüte bekämpft, ließ die geringe Luftfeuchtigkeit keine starke Ausbreitung zu.

Bereits im Vorjahr stellte man in vielen Anlagen Fraßschäden an den Trauben durch Mäuse fest. Die milde Winterwitterung und das trockene Jahr förderten weiterhin die Mäusepopulation. In vielen Weinbergen konnten regelrechte „Mäuseburgen“ (Abb.5) entdeckt werden. Bereits im Juli traten erste Fraßschäden an den noch unreifen und sauren Trauben (Abb.6), teils auch an Trieben, auf. Dieses Anknabbern dürfte weniger der Nahrungsaufnahme, sondern - eher wahrscheinlich - zur Befriedigung des Wasserbedarfs in dieser heißen Periode gedient haben. Es wurde empfohlen bei nachgewiesenem, hohem Besatz bis zum Reifebeginn eine Bekämpfung durchzuführen, um Fraßschäden in der Reifezeit nicht aufkommen zu lassen. Die Besiedelung angefressener Beeren durch Sekundärschädlinge und -krankheiten wie Penicillium, Botrytis, Essigfliegen und anschließender Essigfäule entwickelt sich bei entsprechender Witterung epidemieartig, wie man es im Jahr 2014 gut beobachten konnte.

Gar nicht günstig war die trockene und heiße Witterung des Jahres für die Entwicklung der Kirschessigfliege. Erst sehr spät traten Tiere auf und erste Eiablagen bei den roten Sorten fielen mit dem Lesetermin zusammen. Somit sorgte die Jahreswitterung dafür, dass das befürchtete Schreckensszenario nicht stattfand.

Die herbeigesehnten Niederschläge Mitte August bewahrten viele Anlagen vor dem Welken. Das von den Rebstöcken gierig aufgesogene Nass strapazierte allerdings viele Beerenhäute dermaßen, dass diese den Druck nicht mehr standhielten und platzten (Abb.7). Das anschließend heiße und trockene Wetter ließ die Wunden aber eintrocknen, so dass ein Befall mit Sekundärkrankheiten und -schädlingen meist ausblieb.

Herbstgeschehen

Im September herrschte ein überwiegend rebenfreundliches Wetter. Ausgeglichene Temperaturen und vor allem die niedrigen Nachttemperaturen förderten die Aromenausreife in den Beeren. Ab und zu fiel Regen, so dass eine gerade ausreichende Wasserversorgung aufrechterhalten werden konnte, ohne dass die Beerenfäule schnell voranschritt. Mitte September wurde mit der Lese begonnen. Wegen der meist hohen Zuckergehalte konnte übergangslos mit der Lese später reifenden Sorten fortgefahren werden. Dadurch waren die meisten Weinberge mit Ende der ersten Oktoberwoche abgeerntet.
Nur wenige Lesepartien lagen unter 80° Öchsle. Dies war meist der Trockenheit geschuldet. Vor allem die späteren Sorten wie Silvaner, Burgunder und Riesling lagen zwischen 90-100° Öchsle oder darüber. Der Durchschnittsertrag lag etwas über 70 hl/ha und darf nach einem solchen Trockenjahr noch als gut eingestuft werden. Die ersten Verkostungen der jungen Weine lassen einen Jahrgang erwarten, der nicht wie 2003 zu stark vom Alkoholgehalt der Weine dominiert wird. Die kühlere Witterung während der Endreife ist hier der Finesse der Weine sehr zugute gekommen.

Säulengrafik. Die Frühjahrs- und Sommermonate 2016 erkennbar trockener als die Norm

Abb1: Niederschlag

Liniengrafik: Temperaturen im Juli und August deutlich über der Norm

Abb.2: Temeperaturen

Ein Maßstab steckt in einem tiefen Bodenriss mehr als 50 cm tief, trockenes Getreide drumherum

Abb. 3: Böden ausgetrocknet

Eine grüne, unreife Traube mit runzeligen Beeren

Abb.4: Eingeschrumpelte Beeren

Trockener Boden mit verdorrter Begrünung mit zahlreichen Löchern

Abb. 5: Mäuseburg

Sehr grüne unreife Beeren mit deutlichen Knabberspuren, die bereits eingetrocknet sind

Abb.6: früher Mäusefraß

Eine Hand hält eine reifende Traube. Hier zahlreiche Beeren mit Riss, der sich weitet.

Abb.7: geplatzte Beeren meist auf der Traubenrückseite