Jahresrückblick Franken 2020
Die helle und die dunkle Seite des Weinjahrgangs 2020

Spätfrostschäden, Trockenheit, Verrieselungen, niedriges Ernteergebnis, coronabedingte Schwierigkeiten im Verkauf und bei der Personalgewinnung sind die dunkle Seite – ein sehr gesundes Lesegut mit hoher physiologischer Reife, eine kurze Ernteperiode bei guter Witterung und aromengeprägte Jungweine stehen in der positiven Waagschale dieses besonderen Jahres.

Witterung und Phänologie

Die Temperaturen im Januar und Februar lagen 3°K über dem Durchschnitt. Schnee und Starkfrost blieben aus. Während die Januar­niederschläge nur die Hälfte des Durchschnitts erreichten, regnete es im Februar überdurchschnittlich (Abb. 1) viel. In den ersten beiden Märzdekaden setzten sich die deutlich zu milden Temperaturen fort. Mit einem Einbruch kalter Luftmassen, der bis in die erste Aprilwoche anhielt, wurde die zu früh einsetzende Rebenentwicklung abgebremst. Bei den anschließend sehr milden Apriltemperaturen waren die Reben aber nicht mehr zu halten. Das Zwei-Blatt Stadium wurde demzufolge 19 Tage vor dem langjährigen Mittel (Tab. 1) erreicht.

Tab.1: Phänologische Daten 2020 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1968-2019 (mittlere Müller Thurgau Lage)
EntwicklungsstadiumBBCH2020Mittel 1968-2019
Austrieb-Knospenaufbruch0914. April28. April
2-Blatt-Stadium1220. April09. Mai
Blüte, 30% der Käppchen abgeworfen6310. Juni17. Juni
abgehende Blüte6815. Juni23. Juni
Beeren erbsengroß7503. Juli13. Juli
Hell werdender Beeren8106. August09. August
Während die Temperaturen deutlich über das Normale hinaus schossen, fielen die Niederschläge doch sehr bescheiden aus . So war der Überschuss aus dem Februar, auch bedingt durch die hohen Temperaturen, bis Ende April verbraucht. Jeder freute sich als im Mai die Temperaturen zurückgingen und auch ab und zu Regen fiel Abb. 1 und 2).
Besonders der 11. Mai mit über 20 mm Regen war sehr ergiebig.
Als am Abend der Regen langsam aufhörte, klarte es auf und die Temperaturen fielen schnell in den "Keller". Am nächsten Morgen war Franken zweigeteilt. Von der südlichen Spitze des Maindreiecks bis zur Mündung in den Rhein waren die Weinberge meist vom Frost verschont geblieben. Nur in den Seitentälern und in höheren Lagen sind Frostschäden aufgetreten.
Ein anderes Bild bot sich allerdings mainaufwärts. Hier blieben nur die Weinberge vom Frost verschont, die durch die einsetzende Nebelbildung, vor allem in Flussnähe, geschützt waren. Außerhalb dieser frostfreien Zone waren die Schäden katastrophal, obwohl die Minustemperaturen nicht einmal auf die Spitzenwerte vergangener Jahre fielen. Da die Triebe aber bereits weit entwickelt und durch den vorhergehenden Regen nass waren, verstärkte sich die Schadenswirkung enorm (siehe Titelbild).
Perioden mit höheren Temperaturen und solche mit kühleren Temperaturen wechselten sich bis August immer wieder ab, so dass auch die Monatsmittel nur gering abwichen. Die beginnende Rebblüte war ab dem Monatswechsel Mai - Juni in frühen Lagen zu beobachten. Bis Mitte Juni war sie weitgehend beendet. In diesem Zeitraum fielen die Nachttemperaturen des Öfteren auf einstellige Werte und es fiel Regen. Anlagen, die unter solchen Bedingungen in die Vollblüte gingen, zeigten später oft Verrieselungen der Trauben.
Nach dem Beerenansatz blieben durchdringende Niederschläge leider aus. So war es von Juli bis Ende August sehr trocken. Die in Abb. 1 dargestellte Niederschlagshöhe im August ist auf vereinzelt und nur regional aufgetretene Gewitter am Monatsende zurückzuführen. Die Trockenheit sorgte auch für eine Verzögerung der Reife, die allerdings wegen der schnellen Frühjahrsentwicklung nicht ungelegen kam. Sobald wieder etwas Wasser zur Verfügung stand, setzte die Reife ein und die Lese startete mit dem Beginn der zweiten Septemberdekade.

Krankheiten und Schädlinge

Dass Fäulnisnester im Lesegut fehlten, zeigte die überwiegend freundliche und trockene Endreifephase, in der die Trauben wachsen konnten.

Von den sonstigen Pilzkrankheiten trat in der Saison 2020 nur Oidium stärker in den Vordergrund. Zum einen waren die Bedingungen für den Pilz in der besonders gefährlichen Phase der Blüte und Nachblüte äußerst günstig, mit langen Phasen hoher Luftfeuchtigkeit bei gleichzeitig wärmeren Temperaturen. Zum anderen wurde in frostgeschädigten Anlagen durch den Beiaugenaustrieb und damit einer zweiten Blütephase die besonders anfällige Phase der Rebe für Oidiuminfektionen für mehrere Wochen verlängert. In den vom Frost geschädigten Anlagen entstanden, durch zahlreiche Geiztriebe an den verbliebenen Triebstummeln der erfrorenen Haupttriebe, dichte Laubwände. Diese förderten ebenfalls das Befallsgeschehen. Die altbekannte Erfahrung, dass saubere Bestände nur zu gewährleisten sind, wenn eine frühzeitige Erkennung erster Befallsstellen, eine optimierte Applikationstechnik (bei Druck und erstem Befall jede Gasse fahren) und das Einhalten der Anti-Resistenz-Maßnahmen (Wechsel der Wirkstoffgruppen) konsequent befolgt werden, bestätigte sich.

Auch weniger ins Auge springende Schaderreger waren vorhanden. Der Traubenwickler (bekreuzt) hatte in der zweiten Generation stellenweise hohe Befallshäufigkeiten aufgebaut. Durch die trockene Witterung blieb der Schaden aber auf die wenigen direkt angefressenen Beeren beschränkt und eine Sekundärinfektion durch Fäulnispilze blieb aus. Vielen Winzern ist dies nicht einmal aufgefallen.

Ebenso wurde die Kirschessigfliege durch die trockene Witterung ausgebremst. Erst spät konnten vereinzelt höhere Befälle beobachtet werden, die aber durch das Lesen betroffener Anlagen ohne Auswirkung blieben.

Es fällt jedoch auf, dass Virosen und die bakterielle Schwarzholzkrankheit sich zunehmend verbreiten. Direkte Gegenmaßnahmen sind hier nicht möglich und so sollte die Winzerschaft in Zukunft besser die vorbeugenden Gegenmaßnahmen beachten.

Zwei Ernten und doch wenig Ertrag

Das frühe und trockene Jahr sorgte wieder für eine Turbolese, zumindest bei den Trauben der ersten Generation. Beginnend in der zweiten Septemberwoche setzte die Hauptlese ein und war bereits zum Monatsende weitgehend beendet. Die Lesereihenfolge kam durch hohe Mostgewichtszunahmen bei eigentlich späteren Sorten auch mal durcheinander. Im Oktober konnten dann auch in den im Frühjahr frostgeschädigten Bereichen Frankens die Trauben aus den Beiaugentrieben mit ordentlichen Mostgewichten geerntet werden. Die Erntemenge war oft bescheiden, nur bei den Burgundersorten manchmal befriedigend. Der geschätzte Hektarertrag Frankens mit ca. 45 hl/ha unterstreicht dies.