Forschungs- und Innovationsprojekt
Wachstumsregulatoren im Weinbau
Vergleichende morphologisch-anatomische Untersuchungen zur Wirkung der Wachstumsregulatoren Gibberellin GA3 und Prohexadione-Ca auf den Befruchtungsvorgang, die Samenentwicklung und die Differenzierung der Infloreszenzen bei unterschiedlich sensiblen Rebsorten
Qualitätssicherung durch gesundes Lesegut spielt eine immer wichtigere Rolle im deutschen Weinbau. In den letzten Jahrzehnten haben jedoch zunehmend günstige Witterungsbedingungen häufig zu hohen Fruchtansätzen mit kompakten, dichtbeerigen Trauben geführt. In der Folge können die Beeren während der Reifephase aufplatzen oder sich gegenseitig abdrücken, wodurch massive Probleme mit Botrytis (Sauerfäule), Penicillium (Grünfäule) und Essigfäule auftreten können. Für den Qualitätsweinbau notwendige, präventive Gegenmaßnahmen wie Traubenteilen bzw. das Ausschneiden und Entfernen geschädigter Trauben sind mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden. Deshalb wird von der Praxis dringend eine möglichst einfache, kostengünstige und wenig arbeitsintensive Fäulnisprävention gewünscht.
Ziel des Projektes
In diesem Projekt sollen sortenabhängige Effekte, Nebenwirkungen und Langzeitwirkungen des Einsatzes von Wachstumsregulatoren untersucht werden.
Methoden des Projektes
- Als Modell-Rebsorten dient der auf Giberellin sehr sensibel reagierende Silvaner im Vergleich zum wesentlich robusteren Grauburgunder.
- Neben histologisch-anatomische Untersuchungen zum Befruchtungsvorgang und der Samenentwicklung an den sich weiter entwickelnden Fruchtknoten und Beeren an den Rappen der verschiedenen Varianten, liegt der Schwerpunkt auf den Untersuchungen der verrieselten Fruchtknoten.
- Begleitend wird der hormonphysiologische Gibberellin-Status der Kontrolle und Regalis®-Variante bis zum Traubenschluss (BBCH 77) untersucht.
- Darüber hinaus werden die einzelnen Varianten auf Nebenwirkungen der einzelnen Wachstumsregulatoren, insbesondere auf den Austrieb und den Gescheinsansatz untersucht.
- In allen drei Untersuchungsjahren wird mit einer praxisüblichen Dosierung von 7ppm GA3 (28g/ha Gibb3) bzw. 1,8 kg Regalis® beim Silvaner und 20ppm GA3 (80g/ha Gibb3) bzw. 1,35 kg Regalis® beim Grauburgunder bei einer Wasseraufwandmenge von 400l/ha während der Vollblüte beidseitig in die Traubenzone appliziert.
- Zur Untersuchung von Langzeitnebenwirkungen kommen Staffelspritzungen zum Einsatz, so dass vergleichend Parzellen vorliegen, die nur im ersten, in zwei Jahren oder in allen drei Untersuchungsjahren mit den entsprechenden Wachstumsregulatoren behandelt worden sind.
- Es werden keine Botrytizide eingesetzt.
Trauben- und Ertragsbonituren
Reifebonituren und Sensorik
Lebensfähigkeitstest der Kerne
Austriebs- und Gescheinsbonituren
Pollenschlauchuntersuchungen
Zur Klärung der Sortenabhängigkeit der Pollenschlauchabundanz werden im letzten Jahr bei weiteren neun Rebsorten Pollenschlauchanalysen durchgeführt; bei den Sorten Grauburgunder und Silvaner werden aus je zwei Weinbergen Proben genommen, um mögliche Standortunterschiede zu untersuchen.
Die Pollenschlauchabundanz der einzelnen Sorten wird als Gruppenmittelwerte mit Standardfehlern angegeben.
Verrieselung
Hormonphysiologische Untersuchungen
Ergebnisse des Projektes
Zusammenfassung
Längsschnitt durch Fruchtknoten der Rebe mit angefärbten Pollenschläuchen
Als Modell-Rebsorten dienten der auf GA3 sehr sensibel reagierende Silvaner im Vergleich zum wesentlich robusteren Grauburgunder. In dem 3-jährigen Projekt wurden bei den verschiedenen Varianten mikroskopisch-anatomische Untersuchungen zur Pollenschlauch- und Samenentwicklung an verrieselten und nicht-verrieselten Fruchtknoten durchgeführt. Begleitend wurde der hormonphysiologische Gibberellin-Status der Kontrolle und Regalis®-Variante bis zum Beginn des Traubenschlusses (BBCH 77) bestimmt. Darüber hinaus wurden die einzelnen Varianten auf Nebenwirkungen der einzelnen Wachstumsregulatoren, insbesondere auf den Austrieb und den Gescheinsansatz untersucht.
Die sortenspezifischen Reaktionen auf die Wachstumsregulatoren gehen mit unterschiedlichen endogenen GA-Konzentrationen und -Umsätzen einher. Sie lagen beim Grauburgunder um ein Vielfaches höher als beim Silvaner, so dass exogene GA3-Applikationen hier wesentlich geringfügiger in den Hormonhaushalt eingreifen dürften. Die unterschiedlichen pflanzeneigenen GA-Konzentrationen der beiden Rebsorten korrespondierten mit den sortenspezifischen Unterschieden in der Anzahl einwachsender Pollenschläuche, die beim Grauburgunder wiederum wesentlich höher ist. Die Ergebnisse vergleichender Pollenschlauchuntersuchungen eines breiten Spektrums weiterer Rebsorten belegen, dass GA3-sensible Sorten insgesamt eine deutlich geringere Anzahl einwachsender Pollenschläuche zeigen als robustere Sorten, so dass möglicherweise einfache mikroskopische Pollenschlauchanalysen Hinweise auf die GA-Sensitivität einer bisher nicht getesteten Rebsorte geben können.
Die genannten Ergebnisse stehen im Einklang mit den histologischen Untersuchungen, die bei der Entwicklung der Samenanlagen ebenfalls starke sortenspezifische Unterschiede ergaben. Der Silvaner hatte mit im Schnitt knapp zwei befruchteten Samenanlagen pro Fruchtknoten bei den am Rappen wachsenden Beerchen bei allen Varianten eine deutlich geringere Befruchtungsrate als der Grauburgunder mit 3-4 befruchtete Samenanlagen je Fruchtknoten, die im Zusammenhang mit der Anzahl einwachsender Pollenschläuche stehen könnte; ein Teil der am Rappen befindlichen Fruchtknoten wies beim Silvaner sogar völlig unbefruchtete Samenanlagen auf, während beim Grauburgunder kein einziger derartiger Fall beobachtet wurde. Auffallend war, dass sich beim Silvaner alle befruchteten Samenanlagen zu Kernen weiterentwickelten, während beim Grauburgunder bei fast der Hälfte der Samenanlagen ein Abbruch der Entwicklung befruchteter Samenanlagen stattfand, so dass zur Reife im Schnitt nicht mehr Kerne pro Beere gebildet wurden als beim Silvaner. Auch bei den verrieselten Fruchtknoten waren ähnlich sortentypische Unterschiede wie bei den untersuchten Fruchtknoten am Rappen zu beobachten: der Prozentsatz unbefruchteter Samenanlagen pro verrieselten Fruchtknoten war beim Silvaner deutlich höher als beim Grauburgunder. Der Anteil gänzlich unbefruchteter Fruchtknoten dominierte beim Silvaner und lag mit 60% wesentlich höher als beim Grauburgunder.
Seit Beendigung des Projektes laufen jährlich Versuche und Beobachtungen zum Themenbereich Wachstumsregulierung zur Prävention vor Fäulnis, deren Ergebnisse in die aktuellen Beratungsaussagen im Weinbaufax Franken einfließen. Da diese Maßnahmen zu einer Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln führen können, dienen sie den Ziele des Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP).
Veröffentlichungen
- BÖLL,S., HOFMANN,H., SCHWAPPACH,P. 2009. Einsatz der Wachstumsregulatoren Gibb3 und Regalis – warum Sorten unterschiedlich reagieren. Rebe & Wein 5/2009: 24-27.
- BÖLL,S., HOFMANN,H., SCHWAPPACH,P. 2009. Ursachenforschung zur sortenspezifischen Wirkung von Wachstumsregulatoren auf verschiedene Rebsorten. Südtiroler Z. f. Obst- und Weinbau 46/2009 2
- BÖLL, S., HOFMANN, H., SCHWAPPACH, P. 2009. Wirkung von Gibb3 und Regalis auf verschiedene Rebsorten. Obstbau & Weinbau 2/2009: 82-84.
- BÖLL, S., LANGE, T., HOFMANN, H., SCHWAPPACH, P. 2009. Correspondence between gibberellin-sensitivity and pollen tube abundance in different seeded vine varieties. Mittlg. Klosterneuburg 59/2009:129-133
- BÖLL, S., HOFMANN, H., SCHWAPPACH, P. 2009. Rebsortenspezifische Unterschiede in Fertilitätsparametern und ihre Bedeutung für die Anwendung der Wachstumsregulatoren GA3 und Prohexadion-Calcium. Mittlg. Klosterneuburg 59/2009:209-216
Projektinformationen
Projektleitung: Prof. Klaus Wahl (LWG-Weinbau)
Projektbearbeiter: Dr. Susanne Böll (Weinbau-W3)
Laufzeit: 1.1.2005 - 31.12.2007
Finanzierung: FDW (Forschungsring Deutscher Weinbau)
Förderkennzeichen: FDW 8503.187