Rebschutz
Die natürlichen Feinde von Empoasca vitis (auch: Hebata vitis)
Die Grüne Rebzikade hat eine Vielzahl verschiedenartiger natürlicher Feinde (Antagonisten). Neben zahlreichen Räubern gehören dazu auch verschiedene Parasiten, die sich in oder an den Entwicklungsstadien der Rebzikade entwickeln.
Räuber
Räuber, die die Zwergzikade jagen, sind vor allem Springspinnen, Radnetzspinnen und Raubwanzen. Schon um die Jahrhundertwende hat man die besondere Bedeutung der Spinnen für die Kontrolle und Bekämpfung der Grünen Rebzikade erkannt (KIRCHNER, 1902). Aber auch Florfliegenlarven, Grabwespen, verschiedene räuberische Käfer und Weichwanzen machen Jagd auf sie.
Parasiten
Viel unbekannter, weil unauffälliger, sind die Parasitoide, die einen Teil ihrer Entwicklung in den Eiern, den Larven oder den Adulten der Grünen Rebzikade durchlaufen. Dabei stirbt der parasitierte Wirt.
Im fränkischen Weinbaugebiet trifft man relativ häufig auf zwei Gruppen von solchen Parasitoiden, die sehr klein und unscheinbar sind und zu den Hymenopteren, den Hautflüglern, gehören.
Die Dryinidae oder Zikadenwespen, besitzen zu pinzettenartigen Greiforganen umgebildete Vorderbeine, mit denen sie die Zikadenlarven umfassen und mit dem Legebohrer durch die Hinterleibsflanke ein Ei in den Wirt hineinschieben. Die Wespenlarve lebt zunächst als Innenparasit, tritt aber alsbald, bedeckt von den alten Häuten durch die Intersegmentalhaut der juvenilen oder inzwischen adulten Zikaden bruchsackartig nach außen, wobei das Vorderende im Wirt verbleibt. Die Verpuppung erfolgt außerhalb des abgestorbenen Wirtes in einem Kokon. Bei der Untersuchung von Klopfproben aus dem Reblaub wurden während des Sommers relativ häufig Grüne Rebzikaden gefunden, die durch Zikadenwespen parasitiert waren.
Die rund 0,5 mm großen Mymaridae werden auch Eierschlupfwespen genannt und gehören zu den Erzwespen (Chalcidoidea). Sie leben in Hecken und Gehölzen und parasitieren dort die Eier von verschiedenen Zikadenarten. Auf der Suche nach Zikadeneiern verlassen die Zwergwespen während der Vegetationsperiode die angestammten Gehölze und wandern dabei auch in die Rebflächen ein. Die Eier der Wirte werden in den Blattadern aufgespürt und mit den eigenen Eiern belegt. Zur Überwinterung ziehen sich die Zwergwespen wieder in die Hecken zurück, wo sie in den Eiern von anderen Zikaden überdauern, die wiederum im Eistadium an Brombeeren, Rosen u. a. überwintern.
Diesen Eiparasitoiden wird der stärkste regulatorische Einfluss auf die Rebzikade zugeschrieben. Bis zu unseren Untersuchen waren zwei Arten, Anagrus atomus Linnaeus, 1767 und Stethynium triclavatum Enock, 1909, als Parasitoide der Grünen Rebzikade beschrieben. Anagrus atomus gilt als die wichtigste Art, die laut Vidano in Norditalien in insektizidfreien Weinbergen Parasitierungsraten um die 50% erreicht; die Arbeitsgruppe um Cerutti im Tessin spricht sogar von Parasitierungsraten bis 80%. Daneben wird der Mymaride Stethynium triclavatum aber durch ihr geringes Auftreten nur eine untergeordnete Rolle beigemessen. Unsere Untersuchungen inklusive Schlupfversuchen brachten noch eine weiter Art hinzu: Anagrus avalae Soyka, 1956.
Dritte Mymaridenart als Parasitoid der Grünen Rebzikade nachgewiesen
Um das Auftreten und die Intensität der Zwergwespen während der Vegetationsperiode in den Rebflächen zu beobachten, wurden in Vorversuchen 1998 die Gelbtafeln in den Monitoringflächen, parallel zur Erfassung der adulten Rebzikaden, auch auf die Zwergwespenarten hin untersucht.
Die Zwergwespen erschienen mit dem Ende der Einflugphase der adulten Rebzikaden in den Rebflächen. Die höchsten Fangzahlen wurden parallel zur ersten Generation der juvenilen Grünen Rebzikade beobachtet.
Der dabei erreichte Maximalwert von 16 Zwergwespen je Falle in einer Woche am Standort Veitshöchheim stellte, auch im Vergleich mit Literaturangaben, einen außergewöhnlich hohen Wert dar.
Die Zahlen der Zwergwespen entwickelten sich dabei parallel zu den Zahlen der juvenilen Rebzikaden.
Anders als oben für Norditalien beschrieben zeigte sich das Verhältnis der Zwergwespenarten in Franken. Je nach Standort dominierten verschiedene Arten sowohl bei den Fängen, als auch bei Schlupfversuchen. Das unten stehende Beispiel aus Veitshöchheim zeigt die Summe der Mymariden-Fänge aus der Bestandsüberwachung von 1998 bis 2020. Einzelne Jahre zeigten jedoch (bei vergleichbaren Fangzahlen, nur 1998 lag höher) ein völlig anderes Bild, siehe Grafiken.
Einfluss der Räuber / Parasiten
Die vorgestellten Nachweise der Eiparasitoide auf den Gelbtafeln sind natürlich keine direkten Beweise für deren tatsächliche antagonistischen und damit dezimierenden Wirkungen auf die grüne Rebzikade. Nichtsdestoweniger ist ein Einfluss auf die Populationsdynamik der Grünen Rebzikade zu vermuten, weil die Population der Grünen Rebzikade 1998 während der Vegetationsperiode nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, anstieg, sondern sich vielmehr drastisch verringerte. Untersuchungen sowie Schlupfversuche in den Folgejahren bestätigten jedoch eine hohe Parasitierungsrate durchdie Mymariden.
Hierbei müssen selbstverständlich auch die in ihren Wirkungen noch völlig unbekannten Einflussnahmen des vielfältigen Räuber/Parasiten-Komplexes berücksichtigt werden.
Literatur
- KIRCHNER, O.; H. BOLTSHAUSER (Hrsg.): Atlas der Krankheiten und Beschädigungen unserer landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, VI. Serie: Krankheiten und Beschädigungen des Weinstockes und Beerenobstes; Ulmer, Stuttgart (1902)