Forschungs- und Innovationsprojekt
Verwertung von Mähgut aus Straßenbegleitgrün in Kommunen unter Berücksichtigung rechtlicher Hürden

Wie die bereits abgeschlossene Machbarkeitsstudie zeigte, haben bayerische Kommunen in Summe mit Abstand das größte Flächenpotenzial an Straßenbegleitgrün. Neben Gemeindestraßen werden hier oft auch Feldwege, Gewässerränder oder andere öffentliche Grünflächen wie Parks oder Sportplätze gepflegt. Zudem ist wegen der wesentlich geringeren Verkehrsdichte die Belastung mit Müll, Streusalz oder Schwermetallen deutlich geringer als an Autobahnen sowie Bundes- und Staatsstraßen. Daneben sind geringere Transportstrecken und eine regionale Wertschöpfungskette realisierbar. Die Hauptverwertungspfade, welche die Machbarkeitsstudie identifizierte, gilt es nun zu kommunizieren und Unklarheiten auszuräumen.

Methodik

Über eine enge Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), aber auch mit beteiligten Verbänden sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen der Hauptverwertungspfade beschrieben werden. Dazu zählten auch limitierende Auflagen und Anforderungen sowie spezielle Dokumentationspflichten.

Auch die Möglichkeiten zur Verwertung des Mähgutes, gerade für kleine Gemeinden, sollten noch differenzierter herausgearbeitet werden, um lange Transportwege zu vermeiden. Dazu sollten auch geeignete Gemeinden, wo bereits Erfolg versprechende Ansätze und dynamische, innovative Multiplikatoren vorhanden sind, als Best-Practice Beispiele porträtiert werden.

Neben diesem Transfer von Praxisbeispielen galt es auch, die Erkenntnisse der Machbarkeitsstudie in die Praxis zu kommunizieren. Dazu sollten verschiedenste Vorträge und Veröffentlichungen dienen, was die letzte wichtige Schwerpunktaufgabe ausmachte.

Eine Mähraupe, an welche ein Balkenmäher montiert wurde. Die umliegende Fläche wurde bereits gemäht. Es wird deutlich, dass sich die Fläche an einer Ortseinfahrt befindet, da im Hintergrund ein Kreisverkehr und ein Gewerbegebiet erkennbar ist.

Mähraupe an Ortseinfahrt

Eine Mähraupe, an welche ein Pick-up-Schwader montiert wurde. Dieser hat bereits eine erhebliche Menge sehr trockenes, langhalmiges Mähgut geladen. Im Hintergrund ist ein Dorf erkennbar.

Mägutaufnahme durch Pick-up-Schwader

Eine artenreiche, bunt und blühende Straßenbegleitfläche an einem Kreisverkehr.

Artenreiches Straßenbegleitgrün

Entlang einer wenig befahrenen Gemeindestraße ist eine Begleitfläche einer Straße mit einem grasreichen Aufwuchs zu sehen.

Grasreiches Straßenbegleitgrün

Ergebnisse

Da Mähgut von Straßen- und Wegrändern als Bioabfall eingeordnet wird und meist pauschal eine vergleichsweise höhere Gefährlichkeit des Materials angenommen wird, ohne dass nach der exakten Herkunft (z.B. Intensiv- vs. Extensivbereich; Autobahn vs. Gemeindeverbindungsstraße) differenziert wird, müssen Verwerter aktuell grundsätzlich hohe Auflagen erfüllen. Dies ist aus fachlicher Sicht sowie aus der Perspektive des Arten- und Klimaschutz bedauerlich, da z.B. Aufwüchse entlang von Wirtschaftswegen denen von landwirtschaftlichen Mähwiesen oft kaum nachstehen.

Wann ist Mähgut Abfall?

Ein häufiges Missverständnis von Praktikern, die nicht mit dem Abfallrecht vertraut sind, ist die Annahme, dass Mähgut nur dann Abfall im Sinne der Gesetzgebung ist, wenn es eine erhöhte Schadstoff- oder Fremdstoffbelastung aufweist. Stattdessen ist es in erster Linie der sogenannte „Entledigungswille“ (§ 3 Abs. 1 KrWG), der einen Stoff zu Abfall werden lässt. Ist die Abfalleigenschaft nicht zutreffend, sind die verschiedenen Verwertungsformen erheblich einfacher zu realisieren. Aus diesem Grund wurde die Thematik „Wann ist Mähgut Abfall?“ in einer Übersichtsmatrix zusammengefasst (siehe Abbildung), wobei auch die Auswege aus der Abfalleigenschaft ersichtlich werden.

Übergabe öffentlicher Flächen in landwirtschaftliche Nutzung

In erster Linie ist durch die Übergabe öffentlicher Auswahlflächen in eine landwirtschaftliche Nutzung, also beispielsweise durch die Verpachtung an einen Landwirt, von einer Produkteigenschaft der dort zu gewinnenden Biomasse auszugehen. Ein Landwirt hat schließlich als Urproduzent ein grundsätzliches Interesse an der Produktivität einer Fläche. Im Einzelfall ist dann zu prüfen, welche Biomasse als Haupt- oder Nebenprodukt einer Fläche betitelt werden kann bzw. ob Nutzungsauflagen die Produkteigenschaft beeinflussen.

Freistellung von Pflichten bei der Kompostierung

Bezüglich Kompostieranlagen sind gewisse Prozess- und Prüfpflichten nach §§ 3 und 4 der BioAbfV einzuhalten. Beispielsweise müssen abgabefertige Komposte regelmäßig auf Schadstoffe untersucht werden, wobei auch Befreiungen möglich sind. Grundvoraussetzung für die Freistellung von Prüfpflichten ist die ausschließliche Verwertung von Grüngut gemäß Anhang 1, AVV.-Nr. 20 02 01, Spalte 2 BioAbfV und die regionale Verwendung des Komposts. Die Abfallbehörde kann im Einzelfall und mit Zustimmung des Landwirtschaftsamts eine Kompostieranlage auf Grundlage des § 10 Abs. 2 BioAbfV von gewissen Untersuchungspflichten befreien. Weiterführende Informationen und zusätzliche Rechtshinweise können in den LfU Publikation nachgeschlagen werden.

Legaler Einsatz von Straßenmähgut in Biogasanlagen

Für Biogasanlagenbetreiber, die vom NawaRo-Bonus profitieren, wäre der Einsatz von Mähgut aus Straßenbegleitgrün (Bioabfall) aufgrund des unwiederbringlichen Wegfalls des Bonus finanziell schädlich. Güllekleinanlagen müssen pro Kalenderjahr bezogen auf die Frischmasse mindestens 80 % Gülle/Mist einsetzen. Vergütungsrechtlich ist die Herkunft der übrigen 20 % nicht relevant und ein Abfalleinsatz ist möglich. Zusätzlich ist für den legalen Einsatz von Mähgut öffentlicher Flächen in Biogasanlagen das Genehmigungsrecht unbedingt zu beachten. Dabei entscheidet die Größe der Anlage über notwendige Genehmigungen. Hat eine Anlage einen Tagesdurchsatz von < 10 t pro Tag, darf Straßenmähgut eingesetzt werden. Hat die Anlage einen höheren Tagesdurchsatz, muss sie nach 8.6.2 der 4. BImSchV für Abfall genehmigt sein und Straßenbegleitgrün in der Folge als Einsatzstoff beantragt werden, was weitere Auflagen nach sich ziehen kann. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme zu Genehmigungsbehörden ist in jedem Fall empfehlenswert.

Nur wenige Best-Practice Beispiele zur Verwertung

Die Suche nach Best-Practice Beispielen zur Verwertung von Straßenmähgut wurde im gesamten Bundesgebiet durchgeführt und war ernüchternd, was aber auch die Dringlichkeit weiterer Forschungs- und modellhafter Praxisvorhaben zeigt. Zwar werden mancherorts Kleinstmengen an Mähgut an meist Pferdehalter abgegeben oder in Projekten neue Verfahren getestet, doch sind großskalierte Verwertungsansätze kaum zu finden. Oft wurde auch berichtet, dass lediglich vorübergehend bewilligte Projektgelder die Annahme- und Transportkosten des Mähguts gewährleisten. In anderen Fällen führt vor allem die zufällige Nähe zu einer Abfallvergärungs- oder Kompostieranlagen, allerdings gepaart mit politisch gewillten Entscheidungsträgern, zu vergleichsweise hohen Verwertungsraten. Dies trifft z.B. für Karlstadt am Main zu, wo eine Kompostieranlage lokal vorhanden ist und der Bauhof zur Umsetzung von biodiversitätsfördernden Pflegekonzepten ein hohes Maß an Rückendeckung aus dem Rathaus erfährt.

Informationen zur abgeschlossenen Machbarkeitsstudie finden Sie unter:

Verwertungsalternativen für Mähgut aus Straßenbegleitgrün – Machbarkeitsstudie

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Straßenbegleitgrün

Projektdaten:
Projektleitung: Martin Degenbeck
Projektbearbeiter: Lennart Dittmer
Laufzeit: 01.05.2023 bis 31.12.2023
Finanzierung: Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Förderkennzeichen: G2/N/23/01