Fachartikel
Stadtbäume der Zukunft
Vorstellung 8-jähriger Forschungseergebnisse aus dem Projekt "Stadtgrün 2021“ zur Vitalität, Wüchsigkeit und Trockenstresstoleranz der Versuchsbaumarten/-sorten an drei klimatisch unterschiedlichen Versuchsstandorten in Bayern, die durch Erfahrungswerte aus den verschiedenen bayerischen Netzwerkgemeinden ergänzt werden.
2018, 11 Seiten.
"Stadtgrün 2021“
- ist ein langfristig angelegtes Klimawandelprojekt mit einer Laufzeit von über 10 Jahren. Seit 2010 werden zwanzig und seit 2015 zehn weitere potentiell stresstolerante Baumarten/ -sorten an drei klimatisch sehr unterschiedlichen bayerischen Standorten auf ihre Eignung als Straßenbäume der Zukunft geteste
- in Würzburg, einer wärmebegünstigten Stadt mit Weinbauklima, Hotspot, um die Versuchsbaumarten auf Trocken- und Hitzestresstoleranz zu testen,
- in Hof/ Münchberg unter kontinentalem Klimaeinfluss mit hoher Frostgefährdung, ein optimaler Teststandort für Frosttoleranz, und
- in Kempten, das durch ein gemäßigtes Voralpenklima mit hohen Niederschlägen geprägt ist.
Bayerisches Netzwerk "Klimabäume“
Auf Grund des großen Interesses der bayerischen Städte und Gemeinden an dem Projekt wurde 2010 das Bayerische Netzwerk "Klimabäume“ ins Leben gerufen. Daran sind mittlerweile über 30 Kommunen in ganz Bayern beteiligt, die ihre Praxiserfahrungen mit den im Versuchsprojekt verwendeten Versuchsbaumarten an den eigenen Standorten einbringen.
Boniturergebnisse und Wachstumsraten
Betrachtet man den Zuwachs des Stammumfangs bei den einzelnen Baumarten an den verschiedenen Standorten, so fällt auf, dass der überwiegende Anteil der Baumarten/-sorten den größten Zuwachs von Projektbeginn an in Würzburg verzeichnet, während viele Arten in Kempten das Schlusslicht bilden. Möglicherweise findet hier eine "Abwägung“ ("trade-off“) statt, die es den Arten am Trockenstandort Würzburg erlaubt, auf Kosten des Kronenwachstums vermehrt in (Wasser-) Speicherkapazität mittels Stammvolumen zu investieren. Das könnte auch für das Wurzelwachstum gelten. Es ist bekannt, dass Pflanzen nach Trockenperioden das Wurzelwachstum auf Kosten des Sprosswachstums forcieren, um weitere Wasserressourcen zu erschließen (Roloff et al. 2010).
Betrachtet man jedoch den Seitentriebzuwachs 2016, so liegen Würzburg und Kempten ziemlich gleich auf, während Hof/Münchberg hier fast durchgängig die geringsten Zuwachsraten zeigt (Böll, 2017). Das Wachstum in Würzburg verlief in den ersten Jahren zunächst langsamer (möglicherweise auf Grund des oben genannten "trade-offs“) als in Hof, hat dann aber – abgesehen von dem Hitzejahr 2015 – stark angezogen, so dass mittlerweile die Hälfte der Baumarten hier das stärkste Wachstum sowohl hinsichtlich des Stammumfangs als auch des Triebwachstums zeigen. Hier spielt wahrscheinlich die in den meisten Versuchsjahren wesentlich höhere Sonnenscheindauer in Würzburg eine Rolle, die den Bäumen – von extremen Hitzejahren abgesehen – eine deutlich verlängerte Photosyntheseaktivität ermöglicht (Böll, 2017). In Kempten dürften die Bäume dagegen von der besseren Wasserversorgung durch die wesentlich höheren Niederschläge (langjähriges Mittel Hof: 743 mm vs. Kempten: 1274 mm) profitiert haben.
Ausblick
"Fieberkurven“ – Temperaturmessungen an heimischen Stadtbaumarten und nicht-heimischen Versuchsbaumarten
Ausgehend von den Bonituren, mit denen die Vitalität, der Wuchs und die Gesundheit der Bäume überprüft werden, ergibt sich die Fragestellung, ob es bestimmte Eigenschaften gibt, die einzelne Arten besonders stresstolerant gegenüber länger andauernden Hitze- und Trockenperioden macht. Hierzu soll in den nächsten Jahren die Stresstoleranz im Einzelnen untersucht werden: Umfangreiche kontinuierliche Temperaturmessungen von der Wurzel bis zu den Blättern in der Krone (sog. "Fieberkurven“) für einzelne Versuchsbaumarten im Vergleich zu heimischen Straßenbaumarten sollen zeigen, welchen Belastungen Straßenbäume während Hitzeperioden an Straßenstandorten ausgesetzt sind und inwieweit es hitzebeständigeren, kontinentalen Arten gelingt, Temperatureinflüsse stärker als heimische Baumarten zu regulieren. Wenn sich an Hand der Messergebnisse die Trockenstresstoleranz der einzelnen Arten näher charakterisieren ließe, ergäbe sich daraus die Möglichkeit, diese Parameter auch auf bisher weniger bekannte Baumarten anzuwenden, um ihre "Stadtklimafestigkeit“ abzuschätzen. Dies wäre für die Erweiterung der Sortimentsempfehlungen für die Praxis, insbesondere die Baumschulsparte und Gartenämter von erheblicher, auch wirtschaftlicher Bedeutung.
Weitere detailiierte Forschungsergebnis enthält der Fachartikel.