Jahresrückblick Franken
2021: Angst der Großväter kehrt zurück

Unreife Traube, Beeren von grün über mit lila-braunen Einsenkungen bis völlig eingetrocknet

Das europaweite Auftreten von Frost, Überschwemmungen und vor allem des Falschen Mehltaupilzes forderte von der Winzerschaft eine hohe Flexibilität, um die von der Natur gestellten Herausforderungen meistern zu können. Nachfolgend werden die im Anbaugebiet Franken aufgetretenen Extreme beschrieben und bewertet.

Witterung und Phänologie

In den ersten drei Monate des Jahres lagen die Durchschnittstemperaturen mit nur geringer Abweichung auf der Linie des langjährigen Mittelwertes.Örtlich sanken die Nachtemperaturen Mitte Februar auf minus 18°C ohne jedoch Frostschäden zu verursachen.
Höheren Niederschläge in den ersten beiden Monate waren nach dem vorhergehend trockenen Jahr sehr willkommen. Der trockene April ließ bereits Befürchtungen aufkommen, dass ein weiteres Trockenjahr bevorstehen könnte.
In den Austriebsmonaten April und Mai verzögerten die unter dem Schnitt liegenden Temperaturen die Rebentwicklung um ca. 10 Tage gegenüber unserem langjährigen Mittelwert (Tab.1). Bei den Praktikern war der Eindruck der verzögerten Entwicklung noch größer, da die vorhergehenden Jahre alle stark verfrüht waren.
Tab. 1: Phänologische Daten 2021 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1968-2020 (gute Müller Thurgau Lage)
EntwicklungsstadiumBBCH2021Mittel 1968-2020
Austrieb-Knospenaufbruch0903.0527.04
2-Blatt-Stadium1215.0508.05
Blüte, 30% der Käppchen abgeworfen6319.0617.06
abgehende Blüte6823.0623.06
Beeren erbsengroß7510.0713.07
Hell werden der Beeren8112.0809.08
In der ersten Maidekade kamen durch die frostigen Nachttemperaturen Ängste vor Spätfrostschäden auf, wobei Franken, im Gegensatz zu anderen deutschen und europäischen Anbaugebieten, weitgehend von Schäden verschont blieb.
Ende Mai hatten die Reben etwa Fingerlänge erreicht und die kühle und regnerische Witterung färbte manche Weinberge schon gelblich. Der anschließend kräftige Temperaturanstieg und die hohen Niederschläge (Abb. 1 und 2) führten zu einem rasanten Rebenwachstum, so dass der Zeitraum der Blüte etwa dem langjährigen Mittel (Tab. 1) entsprach. Der Regen blieb auch im Juli ein treuer Begleiter, während die Temperaturen im Juli und August das normale Jahresmittel nicht erreichten. Daher entwickelten sich die Reben in normaler Geschwindigkeit weiter und die phänologischen Stadien entsprachen in etwa dem langjährigen Mittel (Tab. 1).
Der Eindruck eines sehr späten Jahres blieb allerdings bei vielen Winzern erhalten, da die vorhergehenden, sehr frühen Jahre noch im Gedächtnis hafteten. Der trockene September war für die Traubengesundheit ein Geschenk.
Niederschlagssäuken von 2021 überragen vor allem im Juni und Juli die des langjährigen Mittel

Abb. 1

Temperaturen während des Wachstums unter der Norm außer im Juni

Abb. 2

Schädlinge und Krankheiten

Peronospora
Der vorherrschende Schaderreger des Jahres war eindeutig der Falsche Mehltau (Peronospora). Auch die Herkunft weiterer Synonyme für diese Krankheit, wie Blattfall- oder Lederbeerenkrankheit, konnte man in diesem extremen Befallsjahr gut nachvollziehen.
Wegen der kühlen Witterung im Mai blieben die Rebtriebe mickrig und vereinzelte Primärinfektion fanden daher recht spät ab dem 27/28. Mai statt. Verbreitet startete die Epidemie allerdings in den Tagen ab dem 3. Juni durch kräftige und mehrtägige Niederschläge, die optimale Bedingungen für Primärinfektionen boten.
Eine trügerische Sicherheit boten Behandlungen Ende Mai, auf die noch mickrigen Rebtriebe. Die guten Wachstumsbedingungen in den nachfolgenden Tagen führten dazu, dass nur wenige Tage nach einer Behandlung bereits wieder viel ungeschütztes Rebengewebe nachgewachsen war. Diese starke Wachstum blieb die kommenden Wochen über bestehen. Somit mussten die Behandlungen unbedingt am Zuwachs der Reben ausgerichtet werden (Abb. 3). Dies führte zu Behandlungsabständen, die je nach eingesetzten Präparaten, oft nur eine Woche betragen durften.
Wegen des flotten Zuwachses konnten die Laubarbeiten oft nicht zeitgerecht durchgeführt werden. Somit wurden Behandlungen in nicht oder unzureichend gehefteten Anlagen durchgeführt, die dementsprechend mit einer mehr oder weniger miserablen Applikationsqualität endeten.
Zur Verbesserung der Applikationsqualität war es wegen der nassen Böden oft nicht möglich, jede Gasse oder zumindest gassenversetzt von Behandlung zu Behandlung zu fahren.
Je nach regionaler Niederschlagsverteilung wurde bereits in der letzten Junidekade bei beginnender Blüte stärkerer Peronosporabefall an Blättern und vor allem auch an Gescheinen beobachtet. Ein Gescheins- oder früher Traubenbefall ist in der Regel mit hohen Ertragsverlusten verbunden.
Die Witterung im Juli bot der Peronospora weiterhin günstige Infektions- und Sporulationsbedingungen durch andauernde, teils kräftige Niederschläge und lange Blattnässezeiten (Abb. 4). Somit konnte auch noch ein später Traubenbefall auftreten.
Wegen der hohen Nachfrage nach hoch wirksamen Peronosporafungiziden waren die Lager des Handels früh abverkauft und nicht alle Wünsche nach speziellen Präparaten waren erfüllbar.
2021 wird als stärkstes Peronosporajahr der letzten Jahrzehnte in Erinnerung bleiben.
Ökologisch arbeitende Betriebe
Eine besondere Herausforderung stellte die pilzfreundliche Witterung für die ökologisch arbeitenden Betriebe dar. Die bekanntermaßen geringe Wirksamkeit von Kupfer vor allem an Gescheinen und Trauben und die geringe Regenbeständigkeit des Wirkstoffes erforderten kurze Behandlungsabstände und Behandlungswiederholungen nach starken Niederschlägen. Trotz enger Behandlungsregime konnten im ökologischen Anbau teils erhebliche Ertragseinbußen nicht immer verhindert werden. Nach wie vor steht dem ökologischen Anbau unter solch frühen, massiven und langandauernden Infektionsbedingungen keine Strategie zur Verfügung, die bei empfindlichen Europäer-Sorten starke Ertragsverluste verhindern kann. Im Juli trat dann stellenweise zusätzlich der Echte Mehltau stärker auf.
Wie bereits in den vergangenen Jahren zeigte sich, dass eine ordentliche Laubarbeit mit gut belüfteter und besonnter Traubenzone der Kirschessigfliege kein geeignetes Umfeld für eine massenhafte Vermehrung in empfindlichen roten Sorten bietet. Eine vorbeugend gesetzte Behandlung mit dem als Notfallzulassung genehmigten Kaolinpräparat unterstützte die Gesunderhaltung der Beeren nochmals.
Echter Mehltau (Oidium)
Im Juli trat stellenweise zusätzlich der Echte Mehltau stärker auf. Mitte Juli wurde Befall auf Trauben und Blättern gemeldet, vorwiegend in Lagen mit vielen entwicklungs­verzögerten Beeren. Mitte August wurde auch an weiter entwickelten Trauben im gesamten Gebiet Befall gemeldet.
Kirschessigfliege
Wie bereits in den vergangenen Jahren zeigte sich, dass eine ordentliche Laubarbeit mit gut belüfteter und besonnter Traubenzone der Kirschessigfliege kein geeignetes Umfeld für eine massenhafte Vermehrung in empfindlichen roten Sorten bietet. Eine vorbeugend gesetzte Behandlung mit einem per Notfallzulassung genehmigten Kaolinpräparat unterstützte die Gesunderhaltung der Beeren.

Herbstgeschehen

Die nassen Sommerwochen bestärkten die Befürchtung, dass in der Endreife der Trauben, mit einem schnellen und starken Fäulnisbefall zu rechnen sei. Die geringen Niederschläge im September (Abb. 1) verhinderten dies. Doch das Nervenkostüm vieler Winzer war durch die extremen Wetterbedingungen schon angekratzt und eine Gewöhnung an einem Herbstbeginn Mitte September durch die vorhergehenden sehr frühen Jahre gegeben.
Wahrscheinlich auch aus diesem Grund wurde bereits in der vorletzten Septemberwoche die Hauptlese eingeläutet. Im Nachhinein kann man feststellen, dass hier etwas mehr Geduld die Zucker- und Aromenausbeute nochmals hätte steigern können.
Der Jahrgang präsentiert sich durch eine frische und fruchtige Säure und einen moderaten Alkoholgehalt, der die Freude auf ein weiteres Glas anregt.