Rebe und Witterung
Sonnenbrand und Hitzeschaden an Trauben
Hitze und intensiver Sonnenschein führen immer häufiger zu Strahlungsschäden an Weintrauben. Anlagen, bei denen die Entblätterung länger zurückliegt sind hiervon meist nicht betroffen. Strahlungsschäden äußern sich durch eine rötlichblaue bis rötlichbraune Verfärbung, Welken und Eintrocknen der Beeren. Je nach Exposition und Rebsorte fallen die Schädigungen sehr unterschiedlich aus. Auch Rotweine können hier untypischerweise betroffen sein. Folgeschäden durch pilzliche Krankheiten (Botrytis) oder tierische Schädlinge (Essigfliegen) sind bei anhaltend warmer und trockener Witterung nach Strahlungsschäden nicht zu erwarten.
Die Ursache des Sonnenbrands liegt zum einen in einer Überhitzung, zum anderen in einer unzureichenden UV-Abschirmung der Beeren. Die Stärke der Schädigungen hängt vom gleichzeitigen Auftreten verschiedener Faktoren ab.
Sonnenbrandschäden abhängig von:
- Witterung
- Nach einer längeren Phase mit bedecktem Himmel und geringer Einstrahlung folgt eine Hochdruckwetterlage mit starker Sonneneinstrahlung, hohen Temperaturen (>35°C) und langen Perioden mit geringer Luftfeuchtigkeit (< 30 % RF).
- Entwicklungsstadium
- Besonders empfindlich sind die Rebstadien zwischen „Traubenschluss“ und „Weichwerden der Beeren“.
Die Folgen des Zusammentreffens dieser Bedingungen sind ein starker Wasserverlust, ungenügende Wassernachlieferung durch Konkurrenz mit den Blättern, somit ungenügende Kühlung der Beeren durch die fehlende Verdunstung und schließlich Überhitzungsschäden des Gewebes. Zusätzlich sind Zellschädigungen durch UV-Strahlung möglich.
Die Bildung von Schutzmechanismen gegen die schädigende UV-Strahlung, wie die Produktion von bestimmten Flavonoiden, Enzymen, Vitaminen oder morphologische Anpassungen durch eine dickere Wachsschicht, benötigen Zeit und äußere Reize. Durch plötzlich auftretende hohe Sonneneinstrahlung nach langen trüben Witterungsperioden sind diese Schutzschilde ungenügend ausgebildet. Zur Minimierung von Sonnenbrandschäden sind daher die pflanzeneigenen Schutzmechanismen zu fördern.
Vorbeugung
- Frühzeitige Entblätterung in unempfindlichen Beerenstadien (bis 3 Wochen nach der Blüte) kräftigt die Kutikula und aktiviert die Bildung von UV-Schutzmechanismen.
- Sonnenbrandempfindliche Sorten nur einseitig, früh und moderat auf der Ostseite entblättern. Damit sind die Trauben durch die Blätter auf der Westseite beschattet und entgehen so den hohen Nachmittagstemperaturen.
- Keine oder nur äußerst moderate Entblätterung der Westseite der Rebzeilen verhindert die Aufheizung der Beeren.
- Blätter direkt oberhalb der Traubenzone belassen. Dadurch ist noch eine gewisse Schattenwirkung gegeben. Durch die Geräteeinstellung (Schrägstellung) kann dies unterstützt werden
- Das Aufbringen kaolinhaltiger Präparate z.B. Cutisan mit einem Spreiter auf die Trauben hat bei uns und weiteren Versuchsanstellern positive Wirkungen ergeben.
- Kaolin führt zu einer Verbesserung der Stabilität des Rebengewebes gegen Sonnenbrandschäden
- Das als Pflanzenstärkungsmittel angemeldete Präparat Cutisan enthält Kaolin. Es ist nicht formuliert. Bei einem Einsatz sollte ein Netzmittel, z.B. Break Thru, zugegeben werden, um die Belagsbildung zu verbessern.
- Kaolin ist auch in Surround enthalten, das gegen die Kirschessigfliege für 2022 eine Notfallzulassung ab 1. Juli 2022 erhalten hat. Dieses Präparat ist bereits formuliert. Netzmittel müssen nicht zugegeben werden.
- Achten Sie auf die Gebrauchsanleitungen! Wir empfehlen eine 4 - 5%ige Konzentration in ca. 400 l Wasser. Je besser der Belag desto geringer der Schaden! Nur die Traubenzone solo und beide Seiten behandeln. Keine feinen Düsenfilter verwenden. Alte Hohlkegel-Düsen ergeben einen gleichmäßigeren Belag bei diesen Präparaten. Kann der Luftstrom eingestellt werden, sollte dieser abgewinkelt (ca. 30°) auf die Laubwand treffen.
- Wegen des auffälligen Spritzbelags ist es sinnvoll zur Information von Spaziergängern und Touristen eine kleine erläuternde Informationstafel aufzuhängen:
Sonnenbrand- und/oder hitzegeschädigte Traubenteile dürfen wegen der verzögerten Ausreife nicht zur Weinbereitung verwendet werden (geringer Zuckergehalt, erhöhte Säure und Gerbstoffe). Bei starken Schäden an Trauben sind auch die symptomlosen Traubenteile beeinträchtigt und sollten verworfen werden.
Wissenschaftliche Untersuchungen der Uni Würzburg mit Beteiligung der LWG
- Kolb, C. A., M. A. Käser, J. Kopecky, G. Zotz, M. Riederer & E. E. Pfündel. 2001. Effects of natural intensities of visible and UV radiation on epidermal UV-screening and photosynthesis in grape leaves. - Plant Physiology, 127: 863-875.
- Kolb, C. A., J. Kopecky, M. Riederer & E. Pfündel. 2003. UV screening by phenolics in berries of grapevine (Vitis vinifera). - Funct. Plant Biol., 30: 1177-1186.
- Kolb, C. 2003. Untersuchungen zur Erfassung und Bewertung der UV-Abschirmung bei Kulturvarietäten verschiedener Nutzpflanzenarten. Dissertation Uni Würzburg
- Kolb, C. A., M. Riederer & E. E. Pfündel. 2004. Sonnenbrand bei Weinbeeren. - Rundgespräche der Kommission Ökologie: "Erhöhte UV-Strahlung: Folgen und Maßnahmen" Bd. 27: 111-116.
- Pfündel, E. 2003. Action of UV and visible radiation on Chlorophyll fluorescence from dark adapted grape leaves (Vitis vinifera L.). - Photosynth. Res., 75: 29-39.