Altes Kulturobst
Genuss aus der Heimat – Bitte 'ne Quitte!

Finger beim Abreiben des Pelzes von der Oberfläche einer reifen Quitte
Gelee, Fruchtaufstrich, Kompott, Konfekt, Saft und vieles mehr: Sie ist ein wahrer Tausendsassa in Sachen Weiterverarbeitung, schmeckt teilweise sogar auch roh und gehört mit einer Anbaugeschichte von 6.000 Jahren zu den ältesten Kulturobstarten überhaupt – die Quitte. Doch in den letzten Jahren ist es sehr ruhig geworden um den „Quittenapfel“ (cydonium). So machen Krankheiten den Erwerbsanbau wenig lukrativ und auch im Hausgarten ist der Quittenbaum ein nur noch selten gesehener Dauergast. Dabei bringen Quitten Farbe in jede Jahreszeit. Denn während im Frühling die einzeln stehenden großen Blüten für ein optisches Highlight sorgen, verzaubert im Herbst die goldgelbe, aromatisch riechende Frucht alle Sinne.

Mal kräftig zubeißen?

Viel Vitamin C, Kalium, Zink und Eisen: Die Quitte macht nicht nur äußerlich eine gute Figur, sondern überzeugt auch mit ihren inneren Werten. Vom Baum pflücken und genussvoll zubeißen – das macht man aber in der Regel nur einmal. Denn auch wenn die faustgroße Frucht mit ihrer strahlend gelben Farbe und dem betörenden Duft nach „iss mich“ schreit, sorgen bittere Gerbstoffe und hartes Fruchtfleisch dafür, dass ein Rohverzehr nicht infrage kommt. Ein Grund dafür ist auch der Flaum, den die Quitte beim Reifen an der ganzen Oberfläche ausbildet. Dieser feine Pelz hat durchaus seine Daseinsberechtigung, denn er schützt die Frucht im Sommer vor der Sonne. Daneben ist auch die dominante Säure nicht jedermanns Sache. Mittlerweile gibt es aber Sorten, die bei voller Reife direkt vom Baum genascht werden können.

Ein Goldstückchen im Abseits?

Bereits von den alten Griechen wurde der „Apfel aus Kydon“ als Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel geschätzt. Die Quitte stand für Liebe, Glück und Fruchtbarkeit und avancierte sogar zur heiligen Frucht der Aphrodite. Heute ist es ruhig geworden um das aromareiche Goldstückchen – nicht zuletzt auch deswegen, weil die Frucht nicht einfach roh gegessen werden kann. Gerade einmal auf 25 ha (deutschlandweit 90 ha) wird die Quitte in Bayern noch angebaut. Auch das verstärkte Auftreten des Feuerbranderregers, der den ganzen Baum befallen und zum Absterben führen kann, hat seit Ende des letzten Jahrhunderts den Anbau deutlich reduziert. Dennoch werden die Bäume, aber auch Quittenprodukte wieder stärker nachgefragt. So sorgen nostalgisches Quittenkonfekt, das Gummibärchen des 19. Jahrhunderts, oder Quittengelee nach Omas Rezept für „emotionalen“ Genuss – und ein kleines Revival der Quitte.

Aroma im Glas

Zu den Gewinnern warmer, sonnenreicher Sommer zählt ganz klar die Quitte. Denn durch den ungetrübten Sonnenschein steigt der natürliche Fruchtzuckergehalt auf über 60 Grad Oechsle sehr hoch. Den Fruchtzucker und die reichhaltigen Aromen heißt es nun, ins Glas zu bringen. Durch schonendes Zerkleinern der Früchte, eine kontrollierte Gärung und einen sauberen Brennvorgang entsteht ein besonders aromareiches Destillat. Rund 80 Duftstoffe verleihen der Quitte ihr so typisches und unverwechselbares Bukett, das sich auch im Glas widerspiegelt. Während die Nase mit Aromen, die an Apfel und Birne aber auch Mandarine und zarte Orange erinnern, verzaubert wird, entfaltet das Destillat am Gaumen ein zweites Feuerwerk der Sinne. So werden die Geschmacksrezeptoren mit exotischen Aromen wie Honigmelone, vollreifen Früchten aber auch einem Hauch von Minze und Menthol verwöhnt. Das ist ein Grund dafür, warum die Nachfrage nach Quittenbränden in den letzten Jahren stetig ansteigt; ein Trend, der in allen Regionen Bayerns festzustellen ist.