Die duale Berufsausbildung zum/zur Winzer/in wird zur festen Säule in Georgien
Seit 2015 unterstützt die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Georgien beim Aufbau einer dualen Berufsausbildung für angehende Winzerinnen und Winzer. Was mit Workshops für zukünftige Ausbilder begann, ist mittlerweile bei georgischen Jugendlichen ein stark nachgefragter Ausbildungsweg im Weinbau. Doch die Erfolgsgeschichte geht noch weiter. Die Errichtung einer „School of Viticulture“, die die bestehenden Ausbildungs-Colleges mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Weinbaubetreibende unterstützen soll, ist derzeit unter Mitwirkung der LWG in Planung.
Mutterland der Weinproduktion
Die Weinindustrie ist für Georgien aus wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Sicht von großer Bedeutung. Wissenschaftliche Studien belegen, dass bereits vor 8.000 Jahren in Georgien Wein in Tonamphoren („Qvevri“) erzeugt wurde – früher als in jedem anderen Land. 2013 wurde diese traditionelle Herstellungsweise von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Allerdings wird der Weinausbau im traditionellen Qvevri heute nur noch von wenigen Winzern betrieben, da eine geordnete Ausbildung im Weinbau mit der Vermittlung des notwendigen Fachwissens und der Fertigkeiten nicht existierte. In Georgien sind landesweit ca. 55.000 Hektar mit Reben bestockt (vgl. Deutschland: ca. 103.000 ha). Dabei konzentriert sich der Weinbau auf die Kakheti-Region, in der fast 70 % der Rebflächen Georgiens liegen.
Weinsektor als Wirtschaftskraft
Der georgische Weinmarkt wächst beständig. In den letzten 10 Jahren verfünffachte sich die Menge an Weinbaubetrieben.Fast die Hälfte der in Georgien erzeugten Weine wird im Ausland getrunken. Um auf dem internationalen Markt weiter bestehen zu können, benötigt es qualitativ hochwertige Weine, die auch sämtliche Trends wie biologisch erzeugte Weine, Naturweine und Qvevri-Weine bedienen können. Unerlässlich hierfür ist gut ausgebildetes Fachpersonal, das Fachwissen und das erforderliche technische Know-how vorweisen kann.
Hier setzte 2016 die Unterstützung der LWG in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) an. Es wurde ein Konzept für eine duale Berufsausbildung in Georgien entworfen, das georgischen Jugendlichen einen qualifizierten Einstieg in die Arbeitswelt und gleichzeitig eine geregelte schulische Ausbildung ermöglicht.
2016 starteten die ersten Azubis
Nach gründlicher Einweisung der georgischen Ausbilder der beteiligten Betriebe durch Mitarbeiter des Instituts für Weinbau und Oenologie der LWG startete Ende 2016 der erste duale Ausbildungsjahrgang mit 22 Auszubildenden. Mittlerweile wird an drei Colleges (Aisi, Saguramo und Telavi) der theoretische Fachunterricht abgehalten und die Anzahl der Auszubildenden steigt stetig an. Erfolgreiche Absolventen der dualen Winzerausbildung bekommen in einer feierlichen Veranstaltung die Urkunden von hochrangigen Mitarbeitern aus dem Agrar- und Bildungsministerium überreicht – dies zeigt den hohen Stellenwert, den die duale Berufsausbildung in Georgien einnimmt. Doch wie Studien zeigen, reicht das Angebot an dualen Ausbildungsplätzen nicht aus: In den nächsten Jahren werden ca. 1.000 Bildungsempfänger erwartet; 68 von 99 Weinbaubetrieben fragten nach Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für ihr Personal.
Erste duale Ausbildung in Georgien startet 2016 mit dem Weinbau!
Machbarkeitsstudie zur „School of Viticulture“
Unter Mitwirkung der LWG wurde eine Machbarkeitsstudie zu einer „School of Viticulture“ als nächste Bildungsstätte nach der dualen Ausbildung erstellt. Diese soll sowohl fachliche Unterstützung für die dualen Berufsschulen als auch Fortbildungsmaßnahmen in Form von Workshops und Seminaren zu weinbaulichen und oenologischen Themen bieten.. Angedacht sind u.a. Fortbildungskurse, z.B. zum Sommelier oder mehrwöchige Praxisseminare für einen speziellen Bereich im Weinbau oder der Oenologie (z.B. Weinbereitung im Qvevri) sowie Fortbildungsangebote für Berufsschullehrer und Ausbilder in den Betrieben. Die Realisierung wird derzeit mit möglichen Geldgebern geprüft.
Qvevri
Ein Qvevri ist eine Tonamphore, die bis heute in Georgien in reiner Handarbeit hergestellt wird. Nach dem Brennvorgang des Qvevris wird der Innenraum der Amphoren mit Bienenwachs beschichtet, um die Poren im Ton auszufüllen. Rund drei Monate vergehen, bis ein ca. 2.000 l fassender Qvevri hergestellt ist. Da die Wanddicken der Tongefäße mit ca. zwei bis sechs Zentimeter sehr gering sind, müssen die Qvevris vor der Befüllung im Boden vergraben werden, da sonst die Amphoren unter dem Flüssigkeitsdruck brechen würden. Sie werden im sogenannten Marani, einem überdachten Gebäude, vergraben. Traditionell werden Weißweine im Qvevri erzeugt. Dazu werden angequetschte Trauben (inklusive Stängel und Beerenschale) in den Qvevri gefüllt und verschlossen. Die Gärung erfolgt spontan ohne Zugabe von Reinzuchthefen. Bis zur Vollendung des Reifeprozesses bleibt der Wein im Qvevri. Weißweine, die im Qvevri ausgebaut werden, zeichnen sich durch einen hohen Tannin- und Polyphenolgehalt aus.