Pressemitteilung - 16. Juli 2025
Artenreiche Straßenränder: Wenn Müll das Blühen verhindert
Wie können Straßenränder so gepflegt werden, dass es dort wieder mehr blüht und summt? Das ist die Frage, um die sich ein Forschungsprojekt der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim dreht. Die Randstreifen dürfen dabei nicht einzeln betrachtet werden, sondern als wichtiges Bindeglied innerhalb der Landschaft. Ziel ist es daher, vorhandene Biotope, wie beispielsweise Streuobstwiesen, durch artenreiche Wegränder zu verbinden und Lebensräume für Insekten zu schaffen – ganz im Sinne des gesetzlichen Auftrags, der sich durch das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ ergab.
Straßenmüll: vermeidbarer Kostenverursacher
Die Flächen müssen nährstoffärmer werden, denn nur dann haben Blütenpflanzen eine Chance gegen dominante Gräser, so der Projektbearbeiter und Geoökologe Lennart Dittmer. Die übliche Pflege durch Mulchmahd verhindere das, weil dabei das Mähgut samt Nährstoffen auf der Fläche liegen bleibt. Gesucht werden daher praktikable Wege, das Mähgut kostengünstig zu entfernen und zu verwerten, etwa durch Kompostierung oder in Biogasanlagen zur Energiegewinnung. Ein großes Problem dabei ist Müll im Mähgut. Besonders in der Nähe von Fast-Food-Ketten fällt den aufmerksamen Autofahrerinnen und -fahrern der Müll am Straßenrand ins Auge. Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt: Ist das Mähgut zu stark verunreinigt, wird die Verwertung teuer – mit Kosten für die Allgemeinheit. Der Grund dafür sind höhere Annahmegebühren an der Verwertungsanlage, die eine Müllabtrennung mit sich bringt oder schlicht die Kosten für Müllsammlungen entlang von Straßen. Eine Studie zeigt: In Deutschland geben Kommunen jährlich aktuell ohnehin bereits über 700 Millionen Euro für die Reinigung öffentlicher Flächen aus.
Kleiner Zigarettenstummel – großes Problem
Im Forschungsprojekt „Verwertungsalternativen für Mähgut aus Straßenbegleitgrün“ wurden ausgewählte Straßenränder im Würzburger Umland systematisch nach Müll abgesucht. Ein Ergebnis: Je stärker befahren oder je mehr der Verkehr verlangsamt – etwa vor Kreisverkehren oder an Ortseinfahrten – desto mehr Müll lässt sich finden. Besonders auffällig war dabei, dass fast zwei Drittel des Mülls Zigarettenstummel waren. Unzählige Giftstoffe sind dabei in den Stummeln zu finden, die nicht nur die Rauchenden gefährden: Im Laufe der Zeit werden Nikotin, Arsen, Blausäure und Schwermetalle ausgewaschen und vergiften dadurch Boden und Lebewesen gleichermaßen. Gerade Zigaretten gilt es daher als Sondermüll aus einer bodenbezogenen Verwertungskette, wie beispielsweise einer Kompostierung, fernzuhalten. Wie das am effektivsten gelingt, zeigte eine weitere Untersuchung: So nimmt die Müllmenge mit zunehmender Entfernung zur Straße deutlich ab. Wird also nur das weiter von der Fahrbahn entfernte Mähgut genutzt, kann man Verunreinigungen größtenteils vermeiden. Für Zigarettenstummel war das besonders deutlich.
Bewusstsein für Straßenmüll schaffen
Neben der angewandten Forschung setzt das Projekt auch auf Bewusstseinsbildung. In der Modellgemeinde Karlstadt wurden gelbe Pfeile auf Müll am Straßenrand gerichtet, was in der Bevölkerung deutlich wahrgenommen wurde. Zusätzlich entwickelte Lennart Dittmer gemeinsam mit der Straßenmeisterei Würzburg ein Hinweisschild, welches Autofahrer auffordert, keinen Müll aus dem Fenster zu werfen. Bei einem Testlauf an besonders für Vermüllung bekannten Straßenrändern zeigte das Schild bereits eine positive Wirkung. Die Projektergebnisse sollen der Öffentlichkeit bald ausführlicher und frei zugänglich präsentiert werden. Aber trotz aller neuen Erkenntnisse bleiben viele Hürden – rechtlich, organisatorisch und personell. Lennart Dittmer ist deshalb überzeugt: „Es braucht weiterhin einen langen Atem, um Straßenmähgut sinnvoll zu verwerten, blühende Korridore durch unsere Landschaft zu ziehen und so dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen.“