Forschungs- und Innovationsprojekt
Sortenempfehlung Streuobst im Klimawandel
Regionalisierte, den Standort beachtende Sortenempfehlung für die Pflanzung von Streuobstbäumen.
In den vergangenen 70 Jahren hat sich die mittlere Temperatur in Bayern im Durchschnitt um annähernd 2°C erhöht, sommerliche Niederschläge nehmen ab, Starkregenereignisse, die Böden nicht durchfeuchten können, nehmen zu. Die deutlich zu warmen Winter und deutlich zu heißen Sommer verlängern die Vegetationszeit und verändern Wachstum und Ertrag.
Einerseits sind in kälteren und niederschlagsreicheren Regionen Bayerns qualitativ und quantitativ bessere Obsternten erzielt worden. Andererseits haben sich die Ernteerträge neuerdings in den ehemals für den Obstbau begünstigten, warmen und trockeneren Regionen verringert. Häufiger liegen Austriebs- und Blütezeitpunkten noch vor möglichen Spätfrösten im Frühjahr. Bei Frost erfrieren Blüten, Totalausfall der Ernte ist die Folge. Weiterhin führen im Sommer hohe Sonneneinstrahlung und Wassermangel zu frühzeitigem Fruchtfall und zu Sonnenbrand an Früchten. Erntefenster werden zeitlich enger als in der Vergangenheit, Früchte schnell überreif. Sommerliche, wochenlange und heiße Dürreperioden sind zudem sehr existenzgefährdend. Neu gepflanzte Bäume vertrocknen und immer häufiger werden meist unterversorgte Bäume durch sich ausbreitenden Krankheiten wie den Rindenbrand geschädigt und sterben ab.
Auf folgende Forschungsfragen sollen Antworten versucht werden:
- Welche Folgen wird der Klimawandel für den Bestand der heimischen Arten- und Sortenstruktur in regionaler Hinsicht haben?
- Welche nicht-heimischen, wärmebedürftige Arten und Sorten können angepflanzt werden – auch hinsichtlich erwartbarer Winterfröste?
- Kann der Streuobstanbau „wärmeren“ Standortbedingungen angepasst werden?
- Müssen standortbedingt neue, angepasste Formen des Streuobstanbaus entwickelt werden?
Zielsetzung
Das Projekt zielt darauf, für Bayern eine regionalisierte, den Standort beachtende Sortenempfehlung für die Pflanzung von Streuobstbäumen zu erarbeiten.
Im Zuge der Spezialisierung und Konzentration der Landwirtschaft hat sich auch die Obstproduktion gewandelt. Die bäuerliche, lokale Erzeugung von Obst auf Hochstämmen, die eine landwirtschaftliche Unternutzung, also Doppelnutzung, erlaubte, ist heute reinen, intensiv bewirtschafteten Erwerbsobstanlagen mit deutlich kleineren Baumformen und zu diesem Zweck angepassten Sorten und Unterlagen gewichen. Entsprechend hat sich das wissenschaftliche Interesse mit einem Höhepunkt im ausgehenden 19. Jahrhundert von der Hochstamm-Kultur und ihren Sorten weitestgehend abgewendet. Beabsichtigt wird, klimatische Ansprüche heimischer “alter und neuer“, sowie bislang nicht regionaler Obstgehölze für den Streuobstanbau wissenschaftlich zu bearbeiten und gegebenenfalls zu evaluieren.
Methodik
Zunächst wird Wissen über heimische Obstarten und Sorten im Sinne einer Synopse dokumentiert, etwa Fruchtreife und Wuchs; Ansprüche an Bodenqualitäten, Standort und Wasserversorgung; Krankheitsanfälligkeit; regionale Verbreitung; Verwertungsmöglichkeiten. Eine Metaanalyse soll vorliegende quantitative Daten „vereinheitlichen“ und somit Erkenntnisse zusammenführen.
An ausgewählte Streuobstbeständen werden spezifische Standortanalysen erstellt. Diese werden mit Wetteraufzeichnungen im Jahresverlauf mit Daten zur Phänologie der Obstbäume, Zeitpunkte der Fruchtreife und Fruchtanalysen verknüpft.
Es soll modelliert werden, wie sich verändernde spezifische Standortbedingungen auf phänologische Eigenschaften und Reifezeiträume der Sorten und Arten auswirken.
Anhand der bayerischen Regionalklimate und ihrer prognostizierten Entwicklung wird je nach vorhandener Datenlage abgeglichen, welche Sorten und Arten an welchen Standorten empfohlen werden können.
Neue Erkenntnisse über die Resilienz von Obstgehölzen erhoffen wir uns in einem Versuch zu Sämlingsunterlagen, bei Messungen pflanzenphysiologischer Parameter in Streuobstbeständen und in Kooperationen mit anderen Instituten.
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Projektdaten:
Projektleitung: Martin Degenbeck
Projektbearbeiter: Thomas Weltner
Laufzeit: 01.06.2022 bis 31.12.2024
Finanzierung: Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten