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Erfassung von Bayerns Streuobstsorten

Erfassung von Bayerns Streuobstsorten Titelseite

Die RL 2008/90/EG sieht vor, dass künftig nur noch Pflanzensorten verkauft werden dürfen, die amtlich registriert worden sind. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt von LfL und LWG wurden möglichst viele Sorten erfasst, die in Bayern vorgekommen bzw. heute noch vorhanden sind. Mittlerweile sind 5 089 Streuobstsorten in Listen erfasst und an das Bundessortenamt zur Registrierung gemeldet, davon 2 292 Apfel- und 1 658 Birnensorten. Nach der Registrierung durch das Bundessortenamt können diese Sorten gemäß den geltenden Bestimmungen weiterhin im Handel verbleiben.

2017; überarbeitete Ausgabe von 2016, 9 Seiten

Die EU-Richtlinie über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial und Pflanzen von Obstarten zur Fruchterzeugung (RL 2008/90/EG) regelt den Handel und Verkauf von Obstgehölzen neu. Bis zum 30. September 2012 waren die Mitgliedstaaten aufgefordert, alle Obstsorten, die nach dem Stichtag im Baumschulhandel bleiben sollten, zu registrieren (später wurde eine Nachmeldung ermöglicht). Ziel der RL 2008/90/EG sowie der Bundesverordnung über das Inverkehrbringen von Anbaumaterial von Gemüse-, Obst- und Zierpflanzenarten (AGOZV) ist es, die Bereitstellung von gesundem und qualitativ hochwertigem Vermehrungsmaterial für Pflanzen jeder Art sicherzustellen. Hierfür sollten einheitliche Regeln für das gewerbsmäßige Inverkehrbringen aufgestellt werden. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) beauftragte deshalb 2012 LfL und LWG mit der Erfassung bayerischer Streuobst- und Liebhabersorten. Die Bearbeitung übernahm der Pomologe Wolfgang Subal.

Erster Schritt: Historische Sorten erfassen

Streuobst Rheinische Schafsnase
Bis Mitte September 2012 hat Wolfgang Subal vor allem verfügbare historische Quellen – meist aus dem 18. und 19. Jahrhundert – ausgewertet. Bevorzugt waren darunter bayerische Quellen zur Pomologie. Allerdings existierte bereits im 19. Jahrhundert ein intensiver nationaler und internationaler Austausch von Sorten, so dass viele Sortenwerke für ganz Mitteleuropa Bedeutung haben. Regionsspezi­fische Quellen gibt es nur wenige. Wichtig für die Erstellung der Gesamtliste waren vor allem Sortenverzeichnisse und Kataloge des 19. und 20. Jahrhunderts aus bayerischen Baumschulen, z. B. Weihenstephan und Triesdorf.

Zweiter Schritt: aktuelles Sorteninventar

Der Pomologe Wolfgang Subal bei der Sortenbestimmung.
In einem zweiten Schritt ging diese Sortenliste an die bayerischen Kreisfach­berater für Gartenkultur und Landes­pflege, die Landschaftspflegeverbände sowie an eine Reihe weiterer bekannter Sortenexperten zur Prüfung und Ergänzung. Zum einen sollten diese Sortenexperten zurückmelden, welche Sorten in ihrem Landkreis sicher oder vermutlich noch vorhanden sind. Zum zweiten waren sie aufgefordert, weitere ihnen bekannte Sorten nachzumelden und die angegebenen Sortennamen zu prüfen (oft liegen mehrere regionale Bezeichnungen für ein und dieselbe Sorte vor). Für das heutige Sortenspektrum wurden auch aktuelle Kataloge von Baumschulen berücksichtigt, die auf „alte“ Obstsorten spezialisiert sind, z. B. der Baumschule Baumgartner in Nöham bei Pfarrkirchen.

Aktuell vorhandene Sorten in Bayern

Pomologen - Expertenrunde
Für 56 der 71 bayerischen Landkreise und vier kreisfreie Städte liegen mittlerweile Daten zu Obstsorten vor. Neben den Sortenmeldungen aus 46 Landkreisen (überwiegend von den Kreisfachberatern, aber auch von einigen Gartenbauvereinen, Landschaftspflegeverbänden und pomologisch interessierten Einzelpersonen) konnten für 17 Landkreise die Ergebnisse aus Kartierungen der letzten Jahre verwendet werden, so z. B. im Allgäu (Bosch & Vorbeck 2013), im Landkreis Lindau (Bosch u.a. 2008), im Landkreis Würzburg (Vorbeck u.a. 2011) sowie Kartierungen von Wolfgang Subal in Mittel- und Oberfranken (Subal 2006, 2012a/b, 2014). Die 25 kreisfreien Städte wurden nicht gesondert abgefragt.
Es wurden insgesamt 1 152 Obstsorten genannt, die aktuell in mindestens einem der 56 ausgewerteten Landkreise vorkommen. Darunter waren 647 Apfelsorten, 283 Birnensorten, 84 Kirschensorten, vier Aprikosensorten, sechs Pfirsichsorten, 53 Quittensorten und 62 Zwetschgensorten. Darüber hinaus wurden noch elf Walnusssorten gelistet. Die meisten Sortenmeldungen kamen aus dem Landkreis Regensburg (445), gefolgt von Erlangen-Höchstadt (398), Cham (358) und Rosenheim (326).
Am häufigsten zurückgemeldet wurden bei Apfel die Sorten 'Gravensteiner', 'Jakob Fischer', 'Jakob Lebel' und 'Schöner aus Boskoop'; bei Birne 'Köstliche aus Charneux', 'Alexander Lucas' und 'Gute Graue' (siehe Tabelle 2).
Aufgrund von regional unterschiedlichen Bezeichnungen derselben Obstsorte – auch in der Sortenliteratur – ist es ohne pomologische Überprüfung schwierig, Lokalsorten zu determinieren. Insgesamt konnten 184 Lokalsorten erfasst werden, davon 147 als sichere, 32 als fragliche und fünf als partielle Lokalsorten. Als Beispiele seien genannt: 'Allgäuer Kalvill', 'Bernrieder Stingel', 'Bamberger Kugelbirne', 'Deggendorfer Frauenapfel', 'Kitzinger Taubenapfel' und 'Großwallstädter Rosenapfel'.
Ausführliche Informationen zur Sortenvielfalt in Bayern und zur Bewertung der Ergebnisse enthält der Fachartikel.