Jahresrückblick Franken
2022: Trocken, trocken, trocken - und doch ein glücklicher Ausgang

Ein Schlepper mit Anhänger mit aufmontiertem großem Wasserfass steht an Rebzeilen

Aus pflanzenschützerischer Sicht war das Jahr bis auf die Sonnenbrand­problematik geradezu unproblematisch. Dagegen war die Trockenheit in jüngeren Anlagen bereits ab Anfang Juli prekär. Abhängig von den Standortgegebenheiten mussten auch häufigere Wassergaben die Jungreben vor drastischen Trockenschäden bewahren. Die nach der ersten Septemberdekade einsetzenden Niederschläge ließen die Trauben prall und saftig werden, wobei der gute Gesundheitszustand noch lange stabil blieb. Gegen Ende September war bis auf Einzelflächen die Lese weitgehend abgeschlossen.

Die vergangenen fünf Jahre dürften auch die letzten Zweifler verstummen lassen, dass die Realität des Klimawandels bereits eingetreten ist. Vier trockene und zu warme Jahre, ein Jahr mit starken Spätfrostschäden und ein Jahr mit nassem Sommer mit der daraus folgenden extremen Peronospora Kalamität zeigen die Spannweite der Auswirkungen des Klimawandels auf. Jetzt heißt es nicht zaudern, sondern klotzen, um die menschengemachten Emissionen auf ein erträgliches Maß zu begrenzen, damit die Menschheit auch in Zukunft auf einer lebenswerten Erde ihr Auskommen finden kann. Gerade wir Winzer, die von der Natur sehr abhängig sind, sind aufgefordert unseren Beitrag hier zu leisten!

Witterung und Phänologie

Wie bereits so oft in den vergangenen Jahren kam durch die überdurchschnittlichen Temperaturen im Januar/Februar keine winterliche Stimmung auf. Winterfrostschäden waren demzufolge nicht aufgetreten.
Zwar wartete der März mit viel Sonnenschein auf, jedoch stockte die Entwicklung in der Natur durch die starke Abkühlung in den Nächten und Regen war die absolute Ausnahme.
Am 1. April (kein Scherz) schneite es heftig und kühle Temperaturen blieben während des ganzen Monats ein beständiger Begleiter (Abb.1). Zusammen mit dem reichlichen Niederschlag kamen Frühlingsgefühle, weder beim Menschen noch bei den Reben, auf.

Die phänologischen Stadien Knospenaufbruch und Ergrünen (Tab. 1) lagen deshalb auch einige Tage hinter dem langjährigen Mittelwert. Erst nach der ersten Maidekade weckten die ansteigenden Temperaturen die Reben auf und die Trieblängen nahmen zu.

Tab.1: Phänologische Daten 2022 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1968-2021 (mittlere Müller Thurgau Lage
EntwicklungsstadiumBBCH2022Mittel 1968-2021
Austrieb / Knospenaufbruch0920.04.27.04.
2-Blatt-Stadium1207.05.08.05.
Blüte, 30 % Käppchen abgeworfen6308.06.17.06.
abgehende Blüte6811.06.23.06.
Beeren erbsengroß7527.06.13.07.
Hell werden der Beeren8101.08.09.08.
Das hierzu notwendige Wasser konnte problemlos aus dem gefüllten Bodenspeicher (Aprilniederschlag) gezogen werden, obwohl die Mainiederschläge (Abb.2) dürftig ausfielen. Die phänologische Verzögerung zum Austrieb war durch die hohen Junitemperaturen schnell aufgeholt und der Blütebeginn (Tab. 1) lag schon wieder viele Tage vor dem langjährigen Mittelwert.
Bei den Hitzetagen am 18. und 19. Juni mit Temperaturen über 36°C war die Blüte meist abgeschlossen. Noch lief der Stoffwechsel der Reben auf Hochtouren, so dass bereits am 27. Juni das Stadium “Trauben hängen“ erreicht war.
In Junganlagen zeigten sich bereits Ende Juni die ersten Anzeichen des fehlenden Wassernachschubs. Der Bodenwasservorrat der reichlichen Niederschläge von April war aufgebraucht, der Nachschub aus den Niederschlägen im Mai und Juni (Abb.2) nur sehr dürftig.
Diese Situation sollte sich auch in den kommenden acht Wochen bis Ende August kaum ändern. Im Gegensatz zum Jahr 2018 traten lange, mehrtägige Hitzephasen über 35°C zwar nicht auf, doch eine fehlende nächtliche Abkühlung hievte die Durchschnittstemperaturen genauso nach oben.
Der ausbleibende Wassernachschub ließ die Böden bis in tiefste Bodenschichten austrocknen. Wie in Abb. 3 zu sehen ist, fiel in den vier Monaten von Mai bis August an vielen Standorten nur die Niederschlagsmenge, die im Mittel in einem einzigen dieser Monate fällt. Die höhere Niederschlagsmenge mancher Wetterstation war meist auf singuläre, starke Gewitterniederschläge zurückzuführen, die aber flächenmäßig oft nicht einmal auf der gesamten Gemarkung auftrat.
Nach dem hell werden der Beeren Anfang August entschied die Summe aus Standort, Gewitterniederschlägen, Alter der Anlagen, Bewirtschaftung und Bodenmanagement über die weitere Entwicklung der Trauben.

Schädlinge und Krankheiten

Schadmilben

Pockenmilben konnten nach dem Austrieb in vielen Rebanlagen beobachtet, aber mit einem mehrmaligen Netzschwefeleinsatz gebremst werden. Wurde hier nicht konsequent behandelt, setzte im Juni das Aufwandern der Tiere in die Triebspitzen ein. Bei befallen Anlagen sollte im folgenden Jahr eine Behandlung zum Wollestadium nicht vergessen werden. Dies ist der effektivste und nützlingsschonendste Einsatztermin

Oidium - Echter Mehltau

Ab Mitte Mai trafen die ersten Oidium-Meldungen von Zeigertrieben ein. Die leichteren Niederschläge Ende Mai / Anfang Juni ließen auch Kleistothezien-Infektionen zu. Das schnelle Wachstum in dieser Phase und hohe Luftfeuchtigkeit erforderten konsequente Behandlungen. Auch zum Monatswechsel Juni/Juli war nochmals eine Zeitspanne mit günstigen Witterungsbedingungen für die Entwicklung des Oidiumpilzes. Wurden diese Bereiche richtig abgedeckt spielte der Oidiumpilz kaum mehr eine Rolle und verursachte im Gegensatz zu den vorausgegangenen Jahren weniger Probleme.

Peronospora - Falscher Mehltau

In der letzten Maidekade waren Bedingungen für Primärinfektionen durch die Peronospora gegeben. Erste Ölflecke wurden Ende Mai und Anfang Juni gefunden. Der Schreckenspilz aus dem vorausgegangenen Jahr wurde dann allerdings durch die fehlenden Niederschläge und die trockenen Bedingungen ausgebremst und verursachte keine Probleme in der restlichen Vegetationsperiode

Traubenwickler

In nicht mit Pheromonen abgedeckten Gebieten trat der Bekreuzte Traubenwickler stellenweise in hohen Populationsdichten, sowohl in der ersten wie auch in der zweiten Generation, auf. Auch die „Würmer“ waren in zweistelligen Befallsstärken in beobachteten Anlagen zu finden. Hier war das sehr trockene Jahr von Vorteil, da sich der Botrytispilz als sekundärer Schädling nicht an den Fraßstellen der Traubenwickler festsetzen konnte. Dadurch fiel auch ein hoher Besatz mit Traubenwickler­larven in den Trauben vielen Winzern nicht auf. Bei feuchteren Verhältnissen im August, mit der Möglichkeit der Ausbreitung von Botrytis, wären diese Anlagen sonst völlig zusammengebrochen.

Sonnenbrand

Sonnenbrand wird zum jährlichen Begleiter. An den sehr heißen Tagen am 18. und 19. Juli traten die meisten Schädigungen auf. Die Befürchtung, dass die Trockenheit die Schäden nochmals verschlimmern könnte, bestätigte sich aber nicht. Allerdings traten, vor allem bei der Sorte Bacchus, Verbrennungen an den Blättern stärker auf.

Fazit Rebengesundheit

Aus Pflanzenschützer-Sicht war das Jahr geradezu unproblematisch. Dagegen war die Trockenheit in jüngeren Anlagen bereits ab Anfang Juli prekär. Abhängig von den Standortgegebenheiten mussten auch häufigere Wassergaben die Jungreben vor drastischen Trockenschäden bewahren. Da die Hoffnung auf Regen von Tag zu Tag nicht erfüllt wurde mehrten sich die Trockenstreßsymptome ab August dann auch in älteren Anlagen (>12 Jahre). Erstaunlicherweise blieben solche Anlagen noch mehrere Wochen bis zu den einsetzenden Niederschlägen stabil, soweit die Standortverhältnisse nicht zu grenzwertig waren.

Herbstgeschehen

Die Hauptlese setzte in Franken ab dem zweiten September­wochenende ein. Die Reife in den Anlagen war je nach Wasserversorgung, Standortverhältnissen und Ertrag sehr unterschiedlich. Die Entscheidung zur Lese war daher für jede Anlage, je nach Entwicklungsstand, individuell zu treffen. Die vollkommen gesunden Trauben erlaubten aber einen weiten Spielraum.
Die nach der ersten Septemberdekade einsetzenden Niederschläge ließen die Trauben prall und saftig werden, wobei der gute Gesundheitszustand noch lange stabil blieb. Gegen Ende September war bis auf Einzelflächen die Lese weitgehend abgeschlossen.
Eine negative Beeinflussung der Erträge durch die Trockenheit ist nur in Einzelfällen bei besonderen Standortverhältnissen und bei jüngeren Anlagen eingetreten. Schätzungen gehen von einem Durchschnittsertrag von ca. 80 hl/ha in Franken aus. Trotz geringer Nährstoffgehalte (Trockenheit) in den Traubenmosten gestaltete sich die Gärung meist problemlos. Erste Verkostungen versprechen klare, bekömmliche Weine, bei denen auch ein Schoppen mehr schmecken wird.

Mehr zu Rund um den Rebschutz