Rebschutz
Grauburgunder-Virus (GPGV) Grapevine Pinot Gris Virus

Weinblatt mit mosaikartigen Aufhellungen

Die erste Beschreibung der Krankheitssymptome 2003 im Trentino stammt aus einer Grauburgunder-Anlage, die damit namensgebend war. Allerdings können alle Rebsorten Träger des Virus sein. Im Jahr 2012 gelang der erste Nachweis des Virus in Italien, 2015 in Reben in Deutschland und inzwischen kann GPGV fast weltweit in Reben nachgewiesen werden. Auch krautige Pflanzen wie Weißer Gänsefuß oder Weiße Lichtnelke können Träger des Virus sein.

Schädigungspotential

Zum Ausmaß der Schädigungen durch das Virus bestehen noch sehr viele Unklarheiten. In vielen Reben ohne Symptome kann das Virus ebenso nachgewiesen werden wie in symptomatischen Reben. Ob dies an unterschiedlich virulenten Virusstämmen, am Virustiter (Anzahl der Viren), oder an der Zusammensetzung unterschiedlicher Virusstämme liegt, ist noch weitgehend ungeklärt. Auch ein Zusammenspiel mit äußeren Bedingungen, die die Symptome hervorrufen, wird untersucht; ebenso die Empfindlichkeit verschiedener Rebsorten. Viele Forschungsarbeiten suchen nach Aufklärung.
Beobachtungen im Fränkischen Weinbaugebiet lassen auf eine flächenhafte Ver- und Ausbreitung des GPGV schließen. Besonders deutliche Symptome zeigen die Rebsorten Domina, Traminer, Grau- und Weißburgunder. Jedoch zeigen auch andere Sorten, wie Silvaner, Riesling, Bacchus und Müller-Thurgau Symptome.

In den neunziger Jahren trat in vielen Flächen Frankens die Kräuselmilbe verstärkt auf. Doch schon damals wurden dem Amtlichen Rebschutzdienst immer wieder Fälle gemeldet, bei denen trotz sorgfältiger Behandlungsmaßnahmen Einzelstöcke weiterhin Kräuselmilben-Symptome zeigen würden. Bei den Untersuchungen auf Kräuselmilben konnten diese jedoch nicht nachgewiesen werden. In der Rückschau sind wir uns sicher, dass bereits damals das GPGV vorhanden war. Umso wichtiger ist die wissenschaftliche Abklärung des Schadpotentials, der Ausbreitungswege, des verstärkten Auftretens in den vergangenen Jahren und die Ausarbeitung von wirksamen Gegenmaßnahmen.

Symptome

Die Symptome bei mit GPGV befallenen Reben sind sehr vielfältig. Diese reichen von völliger Symptomlosigkeit bis hin zu unterschiedlichen Ausprägungen an Blättern, Trieben und Wuchsverhalten. Wobei die Symptomatik zum Teil auch von der Rebsorte abhängig ist.

Blätter

Blattsymptome zeigen sich oft als Marmorierungen (ähnlich Kräuselmilbenbefall), Deformationen, asymmetrischem Wachstum oder chlorotischen Aufhellungen.
Nach unseren Beobachtungen sind Blattmarmorierungen bei den Sorten Riesling, Kerner und Bacchus kaum oder nicht vorhanden, während sie z.B. an den Sorten Domina, Schwarzriesling, Traminer und Weißburgunder sehr stark ausgeprägt sind.

Deformation, Marmorierung, Asymmetrie und chlorotische Verfärbung der Blätter:

Blätter mit mosaikartigen Aufhellungen, ältere Blätter mit Verwachsungen

GPGV - Aufhellung und Verwachsung

Rebblätter mit kleinen, deutlich sichtbaren Aufhellungen über das Blatt verteilt

GPGV - stichartige Aufhellungen

Blatt mit lokalen Aufhellungen und leicht blasigen Verwachsungen

GPGV - Aufhellung und Verwachsung

Blätter mit mosaikartigen Aufhellungen

GPGV - mosaikartige Aufhellungen

Blatt mit lokalen Aufhellungen und von diesen Stellen ausgehenden Verwachsungen

GPGV - Marmorierung und Verwachsung

Triebe | Wachstum

Die auffälligsten von der Rebsorte unabhängig auftretenden Symptome bei Reben sind die extreme Verkürzung der ersten Internodien der jungen Triebe sowie eine Verzögerung der phänologischen Entwicklung.
Vom Virus befallene Stöcke sind schon beim Austrieb durch ihre stark verzögerter Entwicklung auffällig. Der Großteil der Augen einer Rute sind im Wuchs gehemmt und bilden eher ein Blattbüschel als einen frohwüchsigen Trieb aus. Die Ursache dafür sind die verkürzten Internodien. Später treten die Gescheinsanlagen deutlich aus diesen Blattbüscheln hervor.
Ein Längenwachstum solcher Rebtriebe findet wegen der kurzen Internodien bis zur Blüte kaum statt. Nicht unbedingt alle Triebe eines Stockes weisen diese extreme Kurzknotigkeit auf, auch normal wachsende Triebe sind möglich. Nach der Blüte kann sich das Längenwachstum der jetzt zuwachsenden Internodien normalisieren. So fallen einige Wochen nach der Blüte solch symptomatische Stöcke auf den ersten Blick nicht mehr auf.
Bei Sorten, die keine oder nur geringe Marmorierung der Blätter aufweisen, fallen erkrankte Stöcke häufig nur durch ihren buschigen Wuchs ins Auge. Dieser ist zum einen durch eine starke Geiztriebbildung zum anderen durch eine eher horizontale Wuchsausrichtung der Triebe durch fehlende Standfestigkeit bedingt.

Wuchshemmung, kurze Internodien an der Triebbasis und buschiger Wuchs:

Trauben

Befallene Reben zeigen auch an den Trauben Symptome. Allerdings kann auch hier von Jahr zu Jahr eine unterschiedliche Symptomausprägung vorliegen. Neben starker Verrieselung können auch sehr kompakte Trauben mit oft kleinen Beeren auftreten. Auffällig ist die oft „kugelige“ Form der kleinen Trauben. In der Reifezeit fällt eine ungleiche Reifung der Beeren auf.

Trauben oft kugelig und ungleiche Reifestadien:

Rebfläche mit Virusbefall unter Beobachtung

Forschungs- und Innovationsprojekt
Grauburgunder-Virus (GPGV) - Entwicklung und Ausbreitung in der Rebfläche

Diesjährige Triebe an einer Bogrebe, u. a. ein Gescheine, das so lang ist wie der ganze Trieb

Der erste Nachweis des Virus gelang 2012, in den Jahren zuvor wurden bereits verbreitet Symptome beschrieben.
Zum Ausmaß der Schädigungen durch das Virus bestehen noch sehr viele Unklarheiten. Beobachtungen im fränkischen Weinbaugebiet lassen auf eine flächenhafte Ver- und Ausbreitung des GPGV schließen. Die konkrete Beobachtung einer Rebfläche über mehrere Jahre soll dazu Informationen liefern.  Mehr

Übertragungswege des Virus

  • Die Übertragung des Virus durch Pfropfung ist sicher
  • Eine Übertragung durch Pockenmilbe konnte unter kontrollierten Bedingungen (im Labor) nachgewiesen werden, allerdings mit geringer Effektivität. Andere Überträger sind noch nicht bekannt aber wahrscheinlich
  • Eine Weiterverbreitung über mechanische Maßnahmen z.B. Rebschnitt ist sehr unwahrscheinlich

Weitere offene Fragen

  • Der sichere Nachweis, dass das GPGV Ursache der Symptome ist, wurde noch nicht eindeutig erbracht, da auch viele symptomlose Reben das Virus tragen - diskutierte Ursachen sind:
    • verschiedene Virusstämme mit unterschiedlicher Virulenz
    • der Virustiter (Menge an Viren) könnte Einfluss haben
    • zusätzliche Umweltbedingungen (Bodentyp, Klima, Nährstoffe) könnten für Symptomausprägung notwendig sein
  • Blätter: Warum zeigen manche Sorten keine oder nur geringe chlorotische Aufhellungen (Riesling, Kerner)?
  • Trauben: Warum ist die Symptomatik jahrgangsweise sehr unterschiedlich?

Maßnahmen bei potentiellem Befall

  • Bei Bedarf: Verdachtsfälle zur Absicherung des GPGV Rebstöcke auf Virus testen lassen
  • Entfernung von Stöcken mit starker, mehrjähriger Symptomausprägung, da kein quantitativer und qualitativer Ertrag zu erwarten ist.
  • In betroffenen Anlagen sollten keine Symptome von Pocken- oder Kräuselmilbenbefall auftreten. Dies kann mittelfristig durch eine konsequente Raubmilben-Schonung und -Förderung erreicht werden. Kurzfristig sind Behandlungs­maßnahmen vor dem Austrieb der Reben wirksam.
  • Bei der Pflanzguterzeugung sollte diesem Erreger in Zukunft eine erhöhte Aufmerksamkeit zukommen