Rebenanbau
Bewässerungsmanagement von Reben – worauf ist zu achten?

Blick in eine Rebzeile mit stark durch Trockenheit geschädigten Reben, deren Blätter welk und zahlreiche bereits brau vertrocknet sind. Auch die Trauebn erscheinen nicht mehr prall gefüllt.

Weltweit steigt die Menge an Frischwasser, die zur Bewässerung von Agro­kulturen benötigt wird. Bedingt durch die in vielen Weinbau­regionen stattgefundene Erwärmung (Jones et al., 2005) und die vorhergesagten zukünftigen klimatischen Veränderungen (IPCC 2013) erhöht sich das Interesse an zusätzlicher Reben­bewässerung innerhalb des europäischen Weinbaus, um den durch regional vorhergesagten Trocken­stress verursachten negativen Effekten entgegen­zuwirken.

Die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen stellt die Grund­voraus­setzung für das Wachstum der Pflanzen und deren Verbreitung dar. Aufgrund dessen wird die Pflanzen­produktivität überwiegend durch die Versorgung mit Wasser beschränkt (Kramer und Boyer, 1995). Aus diesem Grund muss konstant die Wasser­nutzungs­effizienz der Pflanzen sowie die Bewässerungssteuerung bei landwirtschaftlichen Kulturen verbessert werden, um die limitierte Ressource Wasser zu schützen.

Um den Wasserverbrauch für die Reben­bewässerung zu reduzieren, wurden in den letzten Jahrzehnten bestimmte Bewässerungs­systeme im modernen Weinbau eingeführt. Dazu zählt die Deficit Irrigation (DI) und das Partial Root-zone Drying (PRD). Nach Chaves et al. (2007) eignet sich gerade das Bewässerungs­system PRD zur Kontrolle des vegetativen Wachstums der Reben. Allerdings eignen sich diese fortschrittlichen Bewässerungs­systeme nicht unter wechselfeuchten Rebenanbau­bedingungen wie wir sie im deutschsprachigen Raum vorfinden.

In den letzten Jahren wurde die Bewässerungs­steuerung verfeinert, wobei signifikante Fortschritte im Verständnis zum Wasser­transport im Kontinuum Boden-Pflanze-Atmosphäre dazu beigetragen haben. Zur Bewässerungs­steuerung innerhalb den mittel­europäischen Rebenanbau­bedingungen haben sich zwei wichtige Faktoren ergeben, die im nachfolgenden Text beschrieben werden sollen. Gleichzeitig dient zur objektiven Ermittlung des aktuellen Trockenstress der Reben die Bestimmung des frühmorgendlichen Wasserpotenzials.

Frühmorgendliches Wasser­potenzial

Für die Messung des frühmorgendlichen Wasser­potenzials wird jeweils ein Blatt eines Rebstockes kurz vor Sonnen­aufgang abgeschnitten und in einer Scholander-Druckkammer eingespannt. Der aufgebrachte Druck, der nötig ist, um das Wasser gerade aus dem Stiel des Blattes zu drücken, entspricht dem Wasser­potenzial­wert. Bei dieser Messmethode werden die Werte jeweils in Megapascal (MPa) angegeben. Die Messung muss vor Sonnen­aufgang durchgeführt werden, da nach Sonnen­aufgang sich die Schließ­zellen der Blätter öffnen und die Rebe beginnt, Wasser zu transpirieren. Dabei sinkt das Wasser­potenzial in den Blättern. Da in der Nacht keine Transpiration stattfindet, aber noch Wasser zu den Reborganen nachströmt, gleichen sich die Potenzial­werte der Blätter wieder dem Boden­wasser­potenzial allmählich an (Schultz und Berthold, 2002). Somit kann kurz vor Sonnen­aufgang indirekt an den Blättern die Saugspannung gemessen werden, mit denen die Wurzeln das Wasser dem Boden entziehen (Xavier Choné et al., 2001).

Bewässerungsstandort und -technik

Seit dem Jahr 2011 dient der LWG bei Versuchen zur ressourcenschonenden Zusatz­bewässerung von Reben eine Fläche in der Lage „Thüngersheimer Scharlachberg“ die im Jahr 2005 mit der Rebsorte Silvaner (Klon Wü 92; Rebunterlage SO4) bepflanzt wurde. Neben der Prüfung verschiedener Fragestellungen zur Zusatz­bewässerung befasst sich ein Teilaspekt des Versuchs mit dem Einfluss einer Zusatz­bewässerung auf die generative- und vegetative Entwicklung der Rebe.
Die Bewässerung wurde mit druckkompensierten Tropferschläuchen (Fa. Netafim; 2,3 l/h Tropfer) realisiert. Je Bewässerungstermin wurden acht Liter Wasser / Stock ausgebracht. Um die Ergebnisse statistisch abzusichern wurde jede Variante vierfach wiederholt.

Bewässerungsschwellenwert

Bei Pflanzen reagieren das vegetative- (Trieb) und das generative (Trauben) Wachstum sensibel auf Trockenstress. Die Photosynthese­leistung hingegen reagiert wesentlich träger auf Wasser­mangel. Bei beginnendem Trockenstress zeigt die Rebe noch keine starke Reduzierung der Assimilations­leistung, aber schon eine größere Reduzierung der vegetativen Wuchs­leistung, wie vor allem im Vegetationsjahr 2015 vielerorts zu sehen war. Dies hat zur Folge, dass die Rebe auf der einen Seite zwar etwas weniger Zucker produziert, auf der anderen Seite aber wesentlich weniger Zucker­bausteine für das vegetative Wachstum verbraucht (Schultz & Steinberg 2002). Für Reben in der mittel­europäischen Weinbauzone ermittelten Schultz et al. (1997) unter Berücksichtigung dieses physiologischen Verhaltens einen Schwellenwert für eine qualitätsfördernde Zusatz­bewässerung von -0,25 MPa, gemessen als frühmorgendliches Wasser­potenzial zum Zeitpunkt Erbsengröße bis nach Reifebeginn.

Methodik

Zu dieser Fragestellung wurde die Versuchsfläche in drei verschiedene Bewässerungsintensitäten unterteilt:

  • Variante 1:
    • „ohne Bewässerung“ (Kontrolle)
  • Variante 2:
    • „moderate Bewässerung“ (qualitätsbetonte Bewässerung nach Schwellenwert)
  • Variante 3:
    • „intensive Bewässerung“ (fortwährende gute Wasserversorgung; kontinuierlich < -0,20 MPa gemessen als früh­morgendliches Wasserpotenzial)

Ergebnis

Beispielhaft ist in Abbildung 1 die vegetative Wuchs­leistung, gemessen als Schnittholzgewicht des Winter­rebschnittes, aus dem starken Trocken­stressjahr 2012 dargestellt. Durch die Verbesserung der Wasser­versorgung wurde signifikant mit steigender Bewässerungs­intensität das Wachstum der Reben angeregt und somit vermehrt Zucker­bausteine aus der Photosynthese zum Holzaufbau verwendet. Als Folge dessen wurde beobachtet, dass unter diesen Bedingungen der Zuckerertrag mittels einer Zusatzbewässerung nicht gesteigert wurde (Daten nicht dargestellt).

Bewässerungszeitraum

Eine weitere Einflussgröße zu einem erfolgreichen Bewässerungsmanagement ist die richtige Wahl des Bewässerungszeitraumes. In Abbildung 2 ist die Beeren­entwicklung ab dem Zeitpunkt der Blüte bis hin zur Vollreife schematisch dargestellt. Nach der Blüte findet in der Beere die sogenannte Zellteilungs­phase statt. Eine gute Wasserversorgung der Rebe zu diesem Zeitpunkt wirkt sich positiv auf die Intensität der Zellteilung und die spätere Zellgröße aus und hat somit einen direkten Einfluss auf das Beeren- und Traubengewicht. Trockenstress kann die Intensität der Zellteilung verlangsamen und dadurch das Beerengewicht verringern. Erst nach der Zellteilungsphase in den Beeren – etwa 30 Tage nach der Blüte – kann in anhaltenden Trockenphasen eine Zusatzbewässerung qualitätsentscheidend sein, ohne dabei das Beerengewicht zu erhöhen.

Methodik

Um diese physiologische Reaktion der Rebe zu verdeutlichen, eignen sich die Ergebnisse aus dem Bewässerungs-Exaktversuch des Jahres 2015. Das Vegetationsjahr 2015 war geprägt durch einen sehr frühen Beginn von Trockenstress um den Zeitraum der Rebenblüte. Aufgrund der Wasser­mangel­situation und einer vorhergesagten Hochdruck­wetterphase mit Tageshöchst­temperaturen über 30°C wurde circa zehn Tage nach der Rebblüte mit der Zusatzbewässerung begonnen.

Ergebnis

In Abbildung 3 sind die resultierenden Traubenerträge der einzelnen Bewässerungs­varianten dargestellt. Es ist zu erkennen, dass durch den frühen Bewässerungsbeginn innerhalb der Zellteilungsphase der Traubenertrag signifikant gesteigert wurde. Die höchste Ertragssteigerung hatte die Variante „moderate Bewässerung“. Aufgrund der Konkurrenz um Assimilate zwischen generativem und vegetativem Wachstum wurde bei der intensiven Bewässerungsvariante eine deutlich geringere Steigerung der Traubenertrages beobachtet. Mit dem sehr frühen Beginn der Zusatzbewässerung wurde nicht nur der Traubenertrag, sondern einhergehend das Traubengewicht erhöht und hiermit die Gefahr ein Abquetschen der Beeren und einen höheren Botrytisbefall zu verursachen.

Fazit

Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass durch eine Zusatzbewässerung die Rebsorte Silvaner sehr sensibel reagiert. Gerade bei einer intensiven Bewässerung reagiert die Rebsorte Silvaner mit einer starken Erhöhung des vegetativen Wuchses und gleichzeitig einer Verschwendung der Assimilate aus der Photosynthese für das Triebwachstum. Daher muss gerade bei Reben das angewandte Bewässerungsmanagement den aktuellen Pflanzenwasserstatus berücksichtigen, um nicht unnötig das vegetative Wachstum der Reben anzuregen und dadurch schlechtere Reifebedingungen der Trauben zu erzeugen. Denn bei witterungsbedingt ungünstigen Reifebedingungen kann ein hohes vegetatives Wachstum der Reben zu vermehrter Traubenfäule und somit verminderter Traubenqualität führen.

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