Historischer Weinbau bis heute
Der „Alte Satz“ in Rimbach – Ein Stück fränkische Weinbaugeschichte
Das Weinbauland Franken erlebte eine wechselhafte Geschichte: vom größten Weinbaugebiet in Deutschland im Mittelalter bis zu einem der kleinsten Anbauflächen Anfang des 20. Jahrhunderts. Der wohl älteste Zeitzeuge fränkischer Weinbaukultur steht am nordöstlichsten Rand des Landkreises Kitzingen in Rimbach, einem Ortsteil von Volkach. Nur wenige Meter hinter dem Weinberg beginnt der Landkreis Schweinfurt. Der Weinberg besteht seit 1835 und ist ein sogenannter „Gemischter Satz“ oder „Alter Satz“, weil mehrere Rebsorten darin vorhanden sind. Man muss sich gedanklich einmal in die Zeit von damals zurückversetzen: 1835 fuhr auf der Strecke Fürth-Nürnberg die erste Eisenbahn auf dem europäischen Kontinent und im nahen Schweinfurt wurden die frühesten Industriezweige aufgebaut. Es waren schlechte Zeiten in Franken. Wenig später 1846 folgte eine erste große Auswanderungswelle nach Amerika.
Weinbau neben Ackerbau und Viehhaltung
Bis etwa 1960 waren in Franken die landwirtschaftlichen Gemischtbetriebe mit Ackerbau, Weinbau und Viehhaltung Lebensgrundlage für viele Familien. In Rimbach hatte normalerweise jeder Bauernhof seinen „Morch Wengert“ (Morch = 1 fränkischer Morgen = 2000 m²). Der ebenfalls ca. 2000 m² große „Alter Satz-Weinberg“ war mindestens 4 Generationen in Familienbesitz: Stefan Hufnagel (geb. 1877, gest. 1962), konnte sich erinnern, dass der „Alte Satz“ schon ein älterer Weinberg war, als er noch Kind gewesen ist. Vor Stefan Hufnagel bewirtschaftete Johann Hufnagel den Weinberg. 1952 wurde der Weinberg mit einer ersten niedrigen Drahtanlage ausgestattet.
Auf dem Flaschenetikett wird die Lage mit „Rimbacher Landsknecht“ angegeben. Da Rimbach mit ca. 10 ha Weinbergen nur eine relativ kleine Weinbaugemeinde im Volkacher Raum ist, hat es keine eigene Lagenbezeichnung und gehört zum nahegelegenen Obervolkacher Landsknecht. Der Flurname, in dem der „Alte Satz“ liegt, nennt sich „Zum Brücklein“. Der Weinberg lag mehrere hundert Meter außerhalb der übrigen flurbereinigten Weinbauflächen und wurde von der Flurbereinigung nicht berührt. Somit hat er mittlerweile eine interessante und einmalige Lage mitten im Ackerland. Auffällig sind die gebogenen Zeilen wenn man von der Straße von Rimbach nach Obervolkach dort hinauf blickt.
Fränkische Kopferziehung
Bis Anfang der 1950er Jahre war die „Fränkische Kopferziehung“ mit drei Holzpfählen üblich. Die Stöcke wurden ca. mit 1 m Stockabstand und 1 m Reihenweite gepflanzt. Die Zeilenrichtung konnte der Winzer frei wählen, manche zogen die Zeilen längs, andere quer zum Hang. Eine Bearbeitung mit Maschinen war damals noch nicht üblich, die Weinbergsarbeit war reine Handarbeit. Die Stöcke bei der „Fränkischen Kopferziehung“ steckten teilweise in der Erde und konnten sehr alt werden. Im Winter hat man früher die Köpfe und die Ruten „gedeckt“, das heißt mit Erde zugedeckt damit sie in den damals sehr strengen Wintern keinen Schaden nahmen. Die Holzpfähle waren 1 m bis 1,50 m lang und wurden im Herbst nach der Lese gezogen und auf Haufen gesetzt, damit das „Decken“ leichter geht und die Pfähle in der nassen Wintererde nicht verfaulen.
Die Spitzen der selbst geschlagenen Pfähle wurden im offenen Feuer angekohlt, damit sie nicht so schnell verstocken. Als Verankerung für die Endpfähle hat man sich beholfen, indem man alte Futtertröge aus Sandstein, große Findlingssteine oder sogenannte „Kühbarren“ (Steine mit einbetonierten Eisenringen zum Anbinden der Kühe) am Zeilenende eingegraben hat.
Im Frühjahr nach dem „Räumen“ hat man die Pfähle dann nachgespitzt und wieder eingeschlagen und die sogenannten „Halbreben“ rechts und links angebunden. Gewöhnlich wurde ein Pfahl in der Mitte direkt am Kopf eingeschlagen und je ein Pfahl in einem Abstand von ca. 35 cm rechts und links davon.
Die Rebenerziehung im Jahreslauf
Beim „Niederziehen“ im März, wenn der frische Saft in die Reben steigt, wurde mit dünnen Weiden angebunden. Diese kurzen sehr dünnen Weiden waren gewöhnlich übrig bei der winterlichen Korbflechtarbeit. Die Hufnagels hatten mehrere Weidenstöcke am Rand ihrer Sumpfwiese. Im Mai hat man die Köpfe mit einem spitzen „Räumhäble“ richtig frei gelegt, damit man die vielen überflüssigen Stockausschläge (bis zu 50 Stück pro Stock) wegbrechen konnte. Die Sommertriebe der Weinrebe wurden früher mit langem Roggenstroh angebunden, welches man vorher mehrere Stunden im Brunnentrog oder im Bachwasser einweichen musste. Unfruchtbare Triebe hat man ab Juni ausgebrochen, um die ganze Kraft des Rebstocks in die fruchttragenden Reben zu lenken.
Rebscheren kamen erst nach 1900 in den allgemeinen Gebrauch, vorher hat man mit der „Hippe“, dem leicht gekrümmten Winzermesser fast alle Schneidarbeiten am Rebstock durchgeführt. Der Laubschnitt im August wurde mit der Sichel vorgenommen: man hat den Weinberg „abgesichelt“ und die abgeschnittenen Triebe herausgetragen und kompostiert. Das Rebholz vom Rebschnitt im Frühjahr wurde Anfang März „gelesen“, d.h. gesammelt, gebündelt in sogenannten „Wellen“, getrocknet und als Feuerholz für den Brotbackofen der Familie verwendet. Das dünne trockene Rebholz brennt sehr schnell ab und bringt eine große Hitze – dies hat man genutzt um den Backofen noch einmal kurz nachzuheizen, wenn die Hitze nach einer gewissen Zeit nachgelassen hat.
Von der Querzeilung zur modernen Längszeilung
Bis 1952 hatte der Weinberg ein völlig anderes Aussehen: nämlich mit vielen kurzen Querzeilen. Dies wurde in 15 Längszeilen mit einer einfachen Drahtanlage aus im Wald geschlagenen Akazienpfählen geändert. Die Pfähle haben sich im Laufe der Zeit stark gebogen. 1970 wurde jede 2. Zeile gerodet und eine moderne Drahtanlage installiert – damit ist das heutige Aussehen entstanden: von weitem ein moderner 8-reihiger Weinberg mit 2 m Zeilenbreite. Nur die gebogenen Zeilen in Bananenform sind nicht normal, zumal der Weinberg frei in einer Ackerfläche steht!
Betrachtet man den Weinberg in der Nähe fallen zuerst die vielen gebogenen Stämmchen auf. Diese sind entstanden, weil man keinen stabilen Pflanzstab in die alten, oft Schuhkartongröße erreichenden Köpfe der Rebstöcke rammen konnte. So wurden 1 bis 2 Stämmchen pro Kopf frei hochgezogen und im Herbst drückten sie sich krumm vom Gewicht der Trauben. Hier sei ein alter fränkischer Winzerspruch zitiert: „Die Krummen tragen mehr als die Graden“. Josef Hufnagel war mit diesem Umbau nicht einverstanden und sagte zu seinem Sohn: „Den Wengert betrete ich nie mehr!“ Jedoch durch den erhöhten Standraum der Stöcke (von 1 m² auf 2 m² pro Stock) und die erhöhte Laubwand erntete Georg Hufnagel in Folge die gleiche Erntemenge wie vorher, aber mit besserer Qualität.
Drei Kriterien sind entscheidend für den Weincharakter: Boden, Lage und Klima.
Das Großklima in Rimbach ist wie in Franken kontinental mit maritimen Einflüssen bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von ca. 9° C und einer durchschnittlichen Jahresniederschlagsmenge von 580 mm. Das Kleinklima wird am „Alten Satz“ geprägt durch die windoffene Südwestlage und die relativ flache Hangneigung von 10%. Vor 1970 waren noch viele Hecken und Obstbäume in der Nähe des Weinberges, die ihn wohl teilweise vor starkem Wind geschützt haben. Jedes Jahr musste ein Teil der Pfähle, die vom Wind in eine schräge Stellung gedrückt wurden, wieder gerade gerichtet werden. Durch die windoffene Lage ist der Weinberg auch anfällig für Winter- und Frühjahrsfröste. Der letzte große Frostschaden war 1985 als Winterfrost, er führte zu einem Totalausfall der Ernte im gleichen Jahr. Der „Alte Satz“ könnte wahrscheinlich von vielen Frostereignissen seit 1835 berichten, so sind z. B. 1955 bis 1957 drei Jahre hintereinander in ganz Franken die Reben erfroren!
Hacken fördert die Hackflora
Zum Glück stecken die Köpfe dieser Reben in der Erde und schlagen auch nach starken Winterfrösten immer wieder aus – man kann neues Fruchtholz aufbauen, welches ein Jahr später Trauben tragen kann. Bei massivem Regen kommt es regelmäßig im Weinbau zur Bodenerosion, wenn der Boden nicht durch Begrünung oder Abdeckung geschützt ist. In früheren Zeiten hat man versucht dies durch Querzeilung zu verhindern. Der „Alte Satz“ wurde bis 1970 mit dem „Karst“ (einer schweren Hacke mit 2 langen Eisenzinken) gehackt. Das erste grobschollige Hacken (20 – 30 cm große Erdblöcke) hat man im Mai durchgeführt, zwischen den Stöcken ist auf Kreuzform gehackt worden, damit der Boden nicht abschwemmte. Mit der Zeit hat sich durch das Hacken von unten nach oben die Erde am unteren Rand gehäuft, diese musste hin und wieder nach oben transportiert werden. Im Sommer kam das „Brachen“, also das 2. Hacken, welches hauptsächlich der Unkrautbekämpfung diente. Man sah früher in den Beikräutern eine starke Konkurrenz zu den Weinreben und hielt daher die Weinbergsböden unkrautfrei. Es durfte kein Gräslein im Wengert sein! Die sogenannte Hack- oder Zwiebelflora wie Weinbergslauch und Traubenhyazinthe wurden im Frühjahr geduldet.
Bodenbearbeitung zum Schutz vor Erosion
Durch eine extensive Bodenbearbeitung und eine zeitweise natürliche Begrünung mit Löwenzahn, Vogelmiere, Taubnessel, Wicken und dem Ackergoldstern wird der „Alte Satz“ vor Erosion geschützt und erhält damit langfristig die Bodengesundheit. Schon jahrzehntelang wird an einer guten Humusversorgung von etwa 6% gearbeitet, was die Weinstöcke durch frohen Wuchs und große Trauben danken. Es gibt sehr viele Regenwürmer und der Boden ist „wie ein Schwamm und trocknet schnell wieder ab“, obwohl es sich hauptsächlich um Lettenkeuper handelt, gemischt mit oberem Muschelkalk – von Grund auf ein eher schwerer und fester Boden. Erst in 1 m Tiefe stößt man auf Steinschichten. Durch die Tiefgründigkeit und der guten Bodenstruktur haben die Reben vom „Alten Satz“ relativ wenig Trockenstreß bei anhaltenden heißer und trockener Sommerwitterung. Die uralten Reben sind sowieso sehr tief verwurzelt und halten daher lange Trockenphasen durch. Früher hat man hauptsächlich mit Mistgaben und den Trestern (= Kelterrückstände) im Winter gedüngt, heute wird im „Alten Satz“ mit Stroh, Kompost und Dünger gearbeitet.
Pferde im Weinberg
Die Strohabdeckung kommt auch den vielen Erdkröten zugute, die im nahegelegen Teich ihre Eier ablegen und teilweise auch den Weinberg bewohnen – im Weinberg quakt es! Im nahen Teich laichen ca. 5000 Erdkröten und 1000 Knoblauchskröten. Deshalb setzt der Besitzer des Weinbergs auch keine Fräse zur Bodenbearbeitung ein. Vor 1970 hat man Bodenbearbeitung neben dem Hacken mit Hand nur noch im Sommer mit einem leichten Grubber am Pferd durchgeführt, was im „Alten Satz“ keine leichte Sache war, weil die Köpfe sehr breit sind und der Grubber öfter mal an einem Stock hängen geblieben ist. Das Pferd und der Winzer haben aber ihre Reben sehr gut gekannt und wenn der Grubber einmal gehakt hat, ist das Pferd automatisch vorsichtiger weitergelaufen – Mensch, Tier und Pflanze bildeten praktisch eine natürliche Einheit. Herr Hufnagel führte das Pferd ab einem Alter von 14 Jahren durch den Weinberg.
Die Reblaus kam auch nach Rimbach
Die Reblaus kam nach dem 1. Weltkrieg nach Rimbach und vernichtete die meisten Weinberge, nur 2 Weinberge sind damals übriggeblieben – einer davon steht heute noch und ist der „Alte Satz“. Vor 1900 hat man alle Weinberge in Franken wurzelecht mit Stecklingen, sogenannten Fexern gepflanzt. Fehlstellen wurden durch „Absenker“ wieder geschlossen. Bei dieser Methode ist eine lange „Schnabelrute“ des Nachbarstockes bis an die Fehlstelle geführt und dort einfach im Mai beim Hacken in die Erde eingelegt worden. Nach einem Jahr hat die Rute mit Bodenkontakt natürlich Wurzeln gezogen und man hat die „Nabelschnur“ halb durchgeschnitten, damit der junge Stock gezwungen wird sich selbst zu ernähren. Ein Jahr später wurde die Verbindung zum Mutterstock ganz weggeschnitten und die Fehlstelle war geschlossen. Heute werden nur noch Reben gepflanzt, die auf reblauswiderstandsfähigen Unterlagen gepfropft sind. Das ist biologischer Pflanzenschutz vor der Reblaus.
Als der Mehltau aus Amerika kam
Ende des 19. Jahrhunderts kamen auch die Mehltaupilze aus Amerika nach Europa und schädigten unsere Weinreben. Ab diesem Zeitpunkt musste man die Weinberge mit Pflanzenschutzmittel spritzen. Teilweise hat man auch die Blätter und die Trauben damit bestäubt. Der „Alte Satz“ wurde früher mit der Rückenspritze gespritzt. Der Vater von Georg Hufnagel ließ sich diese Arbeit nicht abnehmen, obwohl er aufgrund einer Kriegsverletzung eine Beinprothese trug. Beim Spritzen musste die Spritzbrühe unten von der Straße mit Eimern hoch in den Weinberg getragen werden – jedes Mal etwa 200 Liter! Früher waren die gängigen Spritzmittel Kupfer und Schwefel. Im Sommer bei schwül-feuchten Gewitter- und Peronospora-Wetter war man gezwungen, jede Woche zu spritzen. Meistens wurde abends gespritzt, da sind die Blätter trocken und die Temperaturen nicht mehr so heiß. Kupfer und Schwefel waren nach den Erfahrungen von Georg Hufnagel die wirkungsvollsten Spritzmittel für die Abhärtung der Elblingtrauben, weil diese sehr anfällig gegen Traubenfäule im Herbst sind.
Die Rebsorten im "Alten Satz"
Der „Alte Satz“ besteht aus mindestens 10 alten Rebsorten und mehreren Neuzüchtungen. Mit der Sortenvielfalt im „Gemischten Satz“ hat man früher versucht die Witterungsunbilden auszugleichen. Bis 1900 war es normal einen Gemischten Satz zu pflanzen. Erst nach 1900 kam der Weinbau dazu, reinsortige Weinsorten an- und auszubauen. Den größten Anteil an den alten Sorten bildet der Weiße Elbling mit über 50%. An weiteren alte Rebsorten finden sich Grüner- und Blauer Silvaner, Gewürztraminer und Gelber Traminer, Riesling, Weißer- und Roter Gutedel, Gelber Muskateller, Aligoté (= eine weiße Sorte aus dem französischen Burgund), Weißer Burgunder und Spätburgunder. An Neuzüchtungen sind vorhanden Müller Thurgau, Kerner und Ortega. Hervorzuheben sind die erstaunlich gesunden Elblingstöcke, einmalig in Franken!
Der Elbling in Bayern
Die Rebsorte Elbling war früher sehr verbreitet in Franken, weil sie sehr robust und sehr ertragssicher ist. Mittlerweile ist sie nur noch sehr selten in wenigen „Gemischten Sätzen“ in Franken und in kleinen Flächen nahe Regensburg in Bayern anzutreffen. Bei den Winzern wurde sie als „Massenträger“ bezeichnet. Die Nachteile der Sorte sind die hohe Anfälligkeit gegen Traubenfäule, die hohe Säure in „unreifen“ Jahren und der neutrale Geschmack bei hohen Erträgen.
Im 17. Jahrhundert wurde die Sorte gegen Silvaner ausgetauscht, zum Teil auch von der Obrigkeit verboten, um die Weinqualität zu steigern. Nimmt man beim Elbling eine Ertragsregulierung vor, so können frische, angenehme und leicht fruchtige Weine oder Sekte entstehen, wie es heute noch an der Mosel praktiziert wird, dem letzten größeren Anbaugebiet von Elbling in Deutschland. Die Trauben sind dicht mit Beeren besetzt und haben sehr kurze Stiele. Die Beerenfarbe ist gelbgrün. Der Elbling wurde früher in Franken auch als „Grober“ oder „Süßgrober“ bezeichnet.
Gutedel, Muskateller und Traminer
Der Rote- und der Weiße Gutedel wurden früher als Tafeltrauben verwendet. Man hat sie gerne den Lesehelfern als Geschenk mit nach Hause gegeben oder man trug sie zur Traubensegnung am Erntedankfest in die Kirche. Auch der Muskateller war bei den Lesehelfern als Tafeltraube sehr beliebt, weil er ein intensives Muskatbukett hat und sehr fruchtig schmeckt. Zusammen mit dem Traminer, einer weiteren Bukettsorte bringen sie immer eine angenehm fruchtig-frische Note in die Weine vom Gemischten Satz. Der Gelbe Traminer ist eine Rarität, man trifft ihn nur noch selten in alten Weinbergen an. Er hat kein so intensives Rosenbukett wie der Rote Gewürztraminer, sondern eher ein fruchtiges, an Aprikosen erinnernd. Im „Alten Satz“ stehen die vielen Sorten bunt gemischt Schulter an Schulter. Man sagt, dass die Reben über die Wurzeln miteinander kommunizieren können. Wenn man den Wein probiert entdeckt man eine sehr harmonische Einheit von Säure, Fruchtigkeit, Saftigkeit und Mineralität. Mit der Rebsorten-Zusammensetzung eines „Gemischten Satzes“ kann man natürlich den Geschmack des Weines beeinflussen. Die Familie Hufnagel hatte in der Vergangenheit keine großen Vorlieben für eine spezielle Sorte wie zum Beispiel dem Muskateller, weil sonst hätte man diese Sorten durch Absenker vermehren können und mit der Zeit z.B. einen Muskateller-Weingeschmack hervorbringen können.
Jeder Jahrgang ist etwas Besonderes
Das interessante am Wein vom „Alten Satz“ ist, dass er jedes Jahr anders schmeckt. Dies bestätigt auch Georg Hufnagel, der den Wein bis 1989 selbst ausgebaut hat. Sein Vater hat ihn noch in Holzfässern ausgebaut und erst ab 1970 hat die Familie begonnen, ihn in Flaschen abzufüllen. Vorher hat man ihn immer frisch aus dem Fass getrunken, was den Nachteil hat, dass der Wein mit der Zeit einen „Luftgeschmack“ bekommt. Wenn es eine größere Ernte gab, wurde ein Teil an die örtlichen Gastwirtschaften verkauft. Ansonsten war er nur für den Eigenverbrauch bestimmt.
Auch den Vögeln schmeckt es
Im Herbst gibt es im Weinberg immer Probleme mit Schadvögeln. Dies wird noch begünstigt durch die Hochspannungsleitung, die direkt über den Weinberg zieht. Deshalb werden bereits im August an jeder Zeile beidseitig Vogelschutznetze angebracht. In den 70 er Jahren versuchte man die Schadvögel mit Schreckschussapparaten zu vertreiben, die aber nur kurze Zeit wirksam waren, weil die Vögel sich daran gewöhnen.
Vom richtigen Lesezeitpunkt
Die Trauben werden jedes Jahr mit der Hand gelesen, auch, weil aufgrund der krummen Stöcke und den schrägen Pfählen kein Traubenvollernter den Weinberg befahren könnte.
Beim „Alten Satz“ ist es immer schwierig, den Lesezeitpunkt festzulegen, weil die Sorten unterschiedlich reifen – es ist jedes Jahr ein Abwägen: Wie lange kann man die Lese noch hinauszögern um möglichst viele reife Trauben zu ernten? Der Weiße Elbling stellt oft eine Begrenzung dar durch seine Anfälligkeit für Beerenfäule – wenn er reif wird, löst sich seine butterweiche Beerenhaut einfach auf.
Der Wein vom "Alten Satz" ein „Alter Schatz“
Der Wein vom „Alten Satz“ ist wie der Weinberg ein Individualist und eine einmalige Rarität! Im Probennotizbuch wird der Wein folgendermaßen beschrieben: „Ich liebe an diesem Wein erneut sein korpulentes Wesen. Die Beerensäure, sein Temperament ist gezügelt, Bouquet und Aromen sind fruchtig mit Erdtönen gepaart. Der Dialog im Hals ist lang anhaltend und tiefgründig. Ein echter Landsknecht, ritterlich, traditionell, standfest“.
Geprägt durch das Terroir des oberen Muschelkalkes und Lettenkeupers, sowie durch die jahrzehntelange gute Humusversorgung, hat er eine deutliche Mineralität. Dies drückt sich aus in einem vollmundigen, nachhaltigen Weingeschmack mit einem sehr angenehmen Mundgefühl. Die Leitaromen des Weines sind Quitte, Apfel, Kräuter und Akazienblüte. Daneben sind noch Birne, Stachelbeere, Honig, Heu und ein Hauch grünes Gras deutlich schmeckbar.
Er ist nicht mit einem reinsortigen Frankenweißwein zu vergleichen. Er hat die Saftigkeit vom Silvaner, die Spritzigkeit des Elblings, die Kräuteraromen eines Grauburgunders, sowie Früchte- und Blütenaromen von den anderen Sorten. Als Beispiel ist hier eine Sterngraphik abgebildet, welche deutlich zeigt, dass der Wein von 2009 anders schmeckt als der von Jahrgang 2010. Aber der Grundtyp ist der gleiche: Viel Quitten-, Apfel-, Kräuter- und Akazienblütenaroma.
Der Wein ist lange haltbar und kommt 1 bis 2 Jahre nach der Ernte zu seinem Höhepunkt. Er passt sehr guter zum Essen und kann wegen seiner Harmonie auch ohne Speisen nur zum „Schöppeln“ genossen werden. Er hat jedes Jahr viel Spiel und viel Charakter und wurde bei Weinproben schon als „Alter SCHATZ“ bezeichnet.
Erhaltung der Sortenvielfalt
Den sehr erfolgreichen Wein vom „Alten Satz“ gibt es nur begrenzt. 1962 wollte Josef Hufnagel den Weinberg vergrößern, es wurde damals aber nicht genehmigt. Die wichtigen alten Sorten wurden von der Rebenzüchtung der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau gesammelt, bzw. vermehrt und in Veitshöchheim in eine Genbank zu deren Erhaltung aufgepflanzt. Man könnte jetzt das Genmaterial vermehren und an einer anderen Stelle als „Gemischter Satz“ aufpflanzen – aber es wird nie identisch mit dem Original, dem „Alten Satz“ sein.
Inzwischen ist der "Alte Satz" von Rimbach im Besitz des Weingutes Zang.