Historische fränkische Rebsorten

Im Projekt "Erfassung rebengenetischer Ressourcen in Deutschland" des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung, welches von 2007 bis 2009 durchgeführt wurde, sind 77 historische Rebsorten, davon 17 endemische, oft mittelalterliche Sorten, in Franken registriert worden.
Die alten fränkischen Rebsorten und Klone werden an der LWG in Veitshöchheim gesammelt und zunächst in eine Vorprüfung mit ca. 15 Stock pro Akzession aufgepflanzt. Die interessanten Typen werden auf 100 Stock vermehrt und in eine „Zwischenprüfung“ gepflanzt, um die Weinqualität testen zu können. Daraus kann Vermehrungsmaterial für Praxisversuche entnommen werden.
Viele historische Rebsorten reifen relativ spät und sind deshalb interessant für den Versuchsanbau in der aktuell zunehmenden Klimaerwärmung.

Historische weiße Rebsorten in Franken

Bukettrebe

Grünlich-gelbe Trauben und alte Rebblätter am RebstockZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Sie ist wohl die jüngste unter den „Historischen fränkischen Weißweinsorten“ und wird 1864 zum ersten Mal schriftlich in Würzburg erwähnt. Gezüchtet von Sebastian Englert (1802 – 1880) in Randersacker aus einer Kreuzung von Grüner Silvaner x Blauer Trollinger. Sie wurde auch als Bouquettraube, Buket, Bukettriesling, Würzburger oder in der Pfalz und Rheinhessen als „Bocksbeutel“ bezeichnet.
Wegen ihres starken Wuchses und des reichen Ertrages auch auf mageren Böden hat sie sich relativ schnell verbreitet und wurde bis 1950 angebaut. Auf Grund der späten Reife und den hohen Säuregehalten hat man sie 1935 für den Anbau verboten und war in Franken fast ausgestorben.
Die Blätter sind groß und rund bis dreilappig. Typisch ist die stark überlappende Stielbucht, welche die Sorte als Kreuzungspartner an die Scheurebe weitergegeben hat. Die Traube ist mittelgroß bis groß und wirkt durch die beiden großen Schultern gedrungen. Die runden Beeren sind groß bis sehr groß und die Beerenschale wird mit zunehmender Reife dünn, was bei feuchten Reifezeiten zum Problem der Sorte wird. Das Ertragsniveau liegt sehr hoch, wir empfehlen daher eine Traubenhalbierung oder eine Ertragsregulierung auf 1,5 Trauben pro Trieb. Die Säure ist sehr stabil und mindestens auf Rieslingniveau. Bei einer guten Lage und entsprechenden Ausdünnungsmaßnahmen können 90° Öchsle erreicht werden und es gibt einen aromatischen Wein mit einer frischen fruchtigen Säure.
Der Klon Bukettrebe Wü 0401 reift kurz nach dem Riesling und bringt einen anregend fruchtigen Wein mit leicht grünen Aromen, die an Sauvignon blanc erinnern. Die Sorte benötigt eine Riesling oder gute Silvaner-Lage. In gefährdeten Lagen zeigt sich eine Anfälligkeit für Oidium.

Bukettsilvaner

Gold-gelb-grüne Trauben am RebstockZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Dem Ökonomierat Oberlin ist es Ende des 19. Jahrhunderts gelungen, im elsässischen Beblenheim durch Befruchtung der Bukettrebe mit früheren Sorten mehrere Neuzüchtungen herzustellen, neben dem Bouqetriesling und der Bouquetmadeleine auch den Bukettsilvaner.
Der Bukettsilvaner ist eine Herausforderung für jeden Ampelographen, wenn es um die Unterscheidung zur Bukettrebe geht. Der starke Wuchs und die großen Blätter sind identisch, auch die Trauben sehen im unreifen Zustand ähnlich aus. Erst gegen Ende der Traubenreife kann man die Sorten gut unterscheiden, weil der Bukettsilvaner eine Woche früher reift und die Beerenfarbe eher von grün nach gelb umschlägt. Die Beerenhaut ist zum Glück stabiler als bei der Bukettrebe und die Sorte ist weniger anfällig für Beerenbotrytis und Stielkrankheiten. Insgesamt ähnelt sie im reifen Zustand etwas mehr dem Silvaner als die Bukettrebe. Auch die Weine sind nach unseren ersten Erfahrungen ähnlich dem Silvaner, aber mit mehr Säure und leicht grünen Aromen.

Adelfränkisch

Grüne Trauben hängen am RebstockZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Die Sorte Adel - oder Edelfränkisch war eine Qualitätssorte im Gemischten Satz mit ihrer hohen Zucker - und Säureleistung. Synonyme sind Weiß- oder Kleinfränkisch. Die Blattform ist ähnlich wie die des Traminers, die Blätter sind sehr dick und erinnern beim Anfassen an Rindsleder. Sie reift kurz nach dem Silvaner und der körperreiche Wein hat frische fruchtige Aromen, die an Zitrusfrucht und grüner Apfel erinnern. Die Würzigkeit des Weines hat Ähnlichkeit mit der Sorte Güner Veltliner. Leider ist der Adelfränkisch nicht ertragssicher und verrieselt gerne bei schlechtem Blütewetter. Ein reinsortiger Anbau ist deshalb bisher nicht zu empfehlen. Er benötigt warme, windgeschützte Lagen.

Vogelfränkische

Lange, schmale Traube mit kleinen gelben Beeren und Blätter, die tütenförmig nach oben gerichtet sindZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Die Vogelfränkische ist eine verschollene Rebsorte, die 2009 wiederentdeckt wurde. In der Ampelographie nach „Carl Friedrich von Gok“ 1836 wird sie als „Korinthe“ abgebildet und beschrieben. Das typische zackige Blatt ist wie eine spitze Tüte geformt. Der Großteil der Beeren ist Jungfern-fruchtig und deshalb sehr kleinbeerig und kernlos. Wegen der Kernlosigkeit hat man die Beeren früher sicher getrocknet und als Korinthen verwendet. Die Reifezeit ist kurz nach Silvaner und die kleinen Beeren haben gewöhnlich hohe Öchslegrade und eine schmackhafte Säure. Der Verrieselungsgrad ist bei schlechtem Blütewetter sehr hoch, damit ist die Sorte leider nicht ertragssicher. Sie war früher ein Zucker- und Aromaspender im Gemischten Satz. Die Aromen erinnern an Riesling und Weißburgunder.

Weißer Lagler

Weiß bereifte grüne Trauben und Blätter am RebstockZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Im Steigerwald wurde die Sorte Weißer Lagler oder Weiße Schapatna gefunden. Die Sorte stammt aus der Steiermark und vom Neusiedlersee. Oft nur als „Lagler“ bezeichnet haben die Trauben einen interessanten fruchtig - würzigen Geschmack. Sie reif en kurz nach dem Silvaner und haben eine ansprechende Säure. Die Beeren sind relativ klein an lockeren bis gepackten und geschulterten Trauben.

Historische rote Rebsorten in Franken

Blauer Kölner

rot-blau bereifte, kompakte, lange TraubenZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Aus Regensburg wurden 2003 Trauben vom „Blauen Kölner“ zur Identifizierung gesandt. Sie stammten von 100-jährigen Rebstöcken. Der Name Kölner leitet sich vom ungarischen Wort für „Schlehenblaue“ ab. Die Trauben sind groß und gepackt mit bis zu fünf Schultern pro Traube. Die Sorte ist ertragreich. Der Wein erinnert an Portugieser- Rotweine. Die Sorte reift später als der Spätburgunder, das heißt der Blaue Kölner ist interessant für die Klimaerwärmung und eventuell ein Ersatz für den Portugieser.

Hartblau

Lockerbeerige, schwarz-blaue Trauben hängen am RebstockZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Diese Sorte galt als ausgestorben und wurde ebenfalls beim BLE-Projekt 2007 im fränkischen Steigerwald gefunden. Es handelt sich um eine mittelalterliche Rotweinsorte mit kleinen Beeren und meist lockeren Trauben. Die Beeren haben eine sehr dicke Beerenhaut und sind dadurch fäulnisresistent. Der Wein ist tanninhaltig mit Primäraromen von Schlehenfrüchten und Brombeeren. Der Ertrag ist mittel, da die Sorte zu Verrieselung neigt. Die Trauben reifen kurz nach dem Spätburgunder und bringen eine hohe Zuckerleistung.

Mohrenkönigin

Große, blauviolette Trauben am Rebstock sowie ein einzelnes Blatt sichtbarZoombild vorhanden

© Karl-Josef Hildenbrand, LWG

Sie liefert einen hellroten duftigen Wein mit aparten Aromen von Roten Johannisbeeren und Roter Paprika. Der Wein erinnert an einen dunklen Roséwein von Cabernet Sauvignon. An mittleren bis großen Trauben hängen große, runde Beeren mit einer purpurnen Beerenfarbe. Die Sorte ist relativ widerstandsfähig gegen Beerenbotrytis und reift mit dem Spätburgunder. Der Ertrag ist mittel bis hoch.

Neben den hier beschriebenen historischen fränkischen Rebsorten stehen noch weitere in der Sammlung der LWG, z.B. Kleinberger, Weißer Honigler, Silberweiß, Bukettsilvaner, Putzscheere und Geisdutte. Auch wenn manche Sorten für den aktuellen Weinbau nicht interessant erscheinen, werden sie an der LWG im Quartier der „Deutschen Genbank Reben“ für die Zukunft erhalten. Außer historischen fränkischen Sorten sammelt die LWG auch Klone von alten deutschen Sorten wie Weißer Heunisch, Roter und Weißer Elbling aus alten fränkischen Weinbergen. Die Prüfung der alten fränkischen Landsorten steht erst am Anfang und es müssen mit den gefundenen Sorten noch Erfahrungen im An- und Ausbau gesammelt werden. Praxisversuche helfen dabei, ökologische Streubreiten der Sorten zu testen. Die Rebsorten sind seit hunderten von Jahren an die Region angepasst und können sich auch heute mit einem individuellen Weingeschmack zu einer regionalen Spezialität entwickeln. Insbesondere bei Neupflanzungen des „Alten Satz“ oder „Fränkischen Satz“ können die historischen Sorten in der Praxis für die Zukunft erhalten werden.
Außer Keltertraubensorten finden sind auch etliche alte Tafeltraubensorten in den alten fränkischen Weinbergen. Diese werden in einem eigenen Sortiment in Würzburg erhalten.