Silvaner in Franken
Vielfalt des fränkischen Silvaners - eine Rebsorte mit Geschichte

Gelbgrüne Silvanertrauben hängen am Rebholz umbeben von einigen grünen Rebblättern

In Franken, Deutschland und den benachbarten europäischen weinbaubetreibenden Ländern wird die Rebsorte Silvaner normalerweise als "Grüner Silvaner" bezeichnet. Auf den Weinetiketten wird jedoch überwiegend nur "Silvaner" angegeben.

Der Silvaner ist eine sehr facettenreiche Rebsorte, von welcher man in alten Silvanerweinbergen noch eine große Vielfalt findet. Die LWG hat seit 2002 über 200 Silvanerklone gesammelt und züchterisch bearbeitet, darunter die wenig bekannten Spielarten "Gelber Silvaner", "Roter Silvaner", "Blauer Silvaner" sowie ertragsreduzierte Klone des "Grünen Silvaners".

Geschichte des Silvaners in Franken

Seit über 350 Jahren ist der Silvaner in Franken zu Hause. Er hat hier seine Lieblingsheimat gefunden, dies ist seit dem Jahre 1659 urkundlich belegt. Bis 1960 wurde er von den Winzern als „Östreicher“ bezeichnet. Weil der Silvaner um 1900 sehr weit verbreitet war und wegen seiner Ertragssicherheit einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor darstellte, wurde er sehr bald klonenzüchterisch bearbeitet.
Allen voran hat Gustav Adolf Froelich aus Edenkoben in der damaligen bayerischen Rheinpfalz 1876 bereits die ersten Silvanerklone ausgelesen und damit die Klonenzüchtung in Deutschland begründet. Mit der „Sylvaner Hochselektion Froelich“, die 1921 im DLG Hochzuchtregister eingetragen wurde, hatten die Winzer einen ersten ertragssicheren Silvanerklon zur Verfügung, welcher schnell weite Verbreitung fand. Dies war die Geburtsstunde des reinen „Grünen Silvaners“. Er ist dichtbeerig, verrieselungsfest, relativ großbeerig und somit ertragssicher mit 2 bis 3 relativ großen Trauben pro Trieb.
Ab 1912 sammelte auch die Bayerische Rebenzüchtung etwa 100 Silvanerklone in fränkischen Weinbergen durch Dr. Dern, der die Klone am Würzburger Pfaffenberg aufpflanzte. Danach wurde die fränkische Silvaner-Klonenzüchtung von Dr. Ziegler weitergeführt.
In Franken gibt es glücklicherweise noch etliche Weinberge, die älter als 50 Jahre alt sind. Einige davon sind bestockt mit dem früher üblichen „Gemischten Satz“, welcher in Franken aus ca. 70% Silvaner und 30% anderen Weißweinsorten besteht. In manchen dieser Weinberge findet man 4 Silvanertypen versammelt: Am häufigsten ist der Grüne Silvaner vertreten, dann folgt der Gelbe Silvaner, wenige Stöcke vom Blauen Silvaner und vereinzelte Stöcke des Roten Silvaners. Mutationen traten anscheinend in den alten „Östreicher-Weinbergen“ öfter auf, meist als „Augen-Mutationen“, d.h. ein einzelnes Auge auf der Bogrebe hat sich genetisch verändert und bringt einen Trieb hervor, welcher andersfarbige Beeren trägt. Auch Mutationen von einzelnen Trauben konnte man beobachten.

Sichtbare genetische Vielfalt

Die Blätter der modernen „Grünen Silvaner“ werden normal als „rund bis schwach dreilappig“ beschrieben. In alten wurzelechten Weinbergen die älter als 50 Jahre sind, haben nicht alle Stöcke diese Blattform, sondern sind drei- bis fünflappig . Ohne Trauben hat man Schwierigkeiten, sie als Silvaner zu identifizieren.

3-lappiges Silvanerblatt

3-lappiges Silvanerblatt

5-lappiges Silvanerblatt

5-lappiges Silvanerblatt

Beerenfarben

Gelber oder Grüner Silvaner

Dicht beeinanderhängende matt, grün-gelbe Silvanertrauben
Die Beerenfarbe des „Grünen Silvaners“ wird in den meisten alten und modernen Ampelographien als „grünlich-gelb“ oder „gelbgrün“ beschrieben. Nur Johann Metzger unterscheidet bereits 1827 zwischen „Gelber und Grüner Silvaner“ (Metzger, 1827). Manche deutsche Klonenzüchter werben für ihre Silvanerklone mit einer „deutlich gelblicheren Farbe“ oder mit „gelber Typ“ (DLR, 2004). Der Grüne Silvaner Klon Wü 78 wurde unter den fränkischen Winzern auch als „Gelber Silvaner“ gehandelt.
Trauben mit goldgelb gefärbten reifen Beeren, im Schatten noch Trauben mit grüne Beeren
Nach unseren Beobachtungen ist die Beerenfarbe beim Gelben und Grünen Silvaner jahrgangsabhängig. Warme Jahre mit vielen Sonnentagen im Spätsommer und im Herbst führen zu einer gelben Farbe der Silvanerbeeren. Der Herbst 2007 zum Beispiel brachte schöne gelbe Silvanerbeeren beim Gelben Silvaner und grünlich-gelbe Beeren beim Grünen Silvaner. Ein nasser und dunkler Spätsommer und Herbst wie 2010 brachte nur grünlich-gelbe Beeren beim Gelben Silvaner und grüne Beeren beim Grünen Silvaner.

Blauer oder Schwarzer Silvaner auch Schwarzer Österreicher

noch nicht vollständig blau durchgefärbte Trauben des blauen Silvaners
Der Blaue Silvaner wird gelegentlich auch als „Schwarzer Silvaner“ oder in Franken als „Schwarzer Österreicher“ beschrieben. Die Beeren können so schön blau ausfärben, dass man ihn früher wohl öfters für eine Rotweinsorte gehalten hat. Bei der Maischegärung gibt er aber nur sehr wenig Farbe ab, es wird höchstens ein lachsroter Roséwein. Die Anthozyanfärbung des Fruchtfleisches fehlt oder ist sehr gering. Im alten „Gemischten Satz“ erscheint er oft zusammen mit den Sorten Tauberschwarz und Affenthaler. Mit diesen Sorten kann man ihn auch leicht verwechseln. Eigentlich ist der Blaue Silvaner ein „Blauroter Silvaner“. Offiziell wird die Beerenfarbe mit „dunkelrotviolett“ angegeben (BSA, 2008).

In alten fränkischen Weinbergen findet man einige Spielarten mit mehr oder weniger dunkler blauroter oder violetter Beerenfarbe. Der Blaue Silvaner ist als beim Bundessortenamt seit 1984 als eigene Weißweinsorte eingetragen. In den Jahren um 1970 hat man sich Gedanken darüber gemacht, die Handlese von Silvaner zu beschleunigen. Der Silvaner ist dafür bekannt, dass er seine Trauben hinter einer Blätterwand versteckt, was beim Grünen Silvaner die Lese verzögert. Der Blaue Silvaner geht bei der Handlese zügiger, weil man die Trauben besser sieht. Aus diesem Grund hat Kaspar Steinmann aus Sommerhausen den Blauen Silvaner in Franken selektioniert und als Sorte zugelassen. Deutschlandweit wird er in Franken am meisten angebaut, eine echte fränkische Spezialität.

Staatsministerin Kaniber und mehrere Persönlickeiten des fränkischen Weinbaus im WeinbergZoombild vorhanden

© Judith Schmidhuber, StMELF

Aufnahme in Arche des Geschmackes - "Blauer Silvaner" ist kulinarisches und kulturelles Erbe
Der "Blaue Silvaner" ist ein Unikum unter den fränkischen Weinen: Angebaut wird das Nischen­produkt heute nur noch auf wenigen Hektaren. Um ihn bekannter zu machen und damit zum Erhalt der alten Rebsorte beizutragen, wurde der "Blaue Silvaner" 2021 von der Slow-Food-Stiftung als 29. Passagier in ihre Arche des Geschmacks aufgenommen. Der "Blaue Silvaner" gehört damit zum kulinarischen und kulturellen Erbe Bayerns.

Roter Silvaner

Reife Trauben des roten Silvaners mit rot überhauchten Beeren umgeben von herbstlichem Laub
Der „Rote Silvaner“ wird in den Ampelographien als seltene Varietät beschrieben. Er hat eine rosa Beerenfarbe ähnlich wie der Traminer, die Muttersorte des Silvaners. Zur Weinproduktion wurde er wohl nie im größeren Stil angebaut. In alten fränkischen Weinbergen findet man ab und zu einzelne Stöcke vom Roten Silvaner in verschiedenen Farbabstufungen: von hellem bis dunklem rosa oder violett.

Silvaner als "Tafeltraube"

In früheren Zeiten hat man gerne sogenannte „Traubenschüsseln“ im Herbst verschenkt: sie waren mit verschiedenfarbigen Trauben gefüllt. Der Silvaner war früher eine weitverbreitete Tafeltrauben am Haus und in den Gärten. Es sind „schöne wohlschmeckende Tafeltrauben mit fester Beerenhaut, knackig, saftig, sehr süß und angenehm“ – besonders reizvoll in den Farben blau, rot und grün in einer Traubenschüssel angerichtet. Der Bamberger Maler Adam Friedrich Ditterich malte 1826 mehrere Stilleben mit Früchten und verschiedenen Silvanertrauben.

Traubengröße, Beerengröße und Traubenstruktur beim Silvaner

Sichtbare Variabilität bei den Silvanertrauben gibt es auch hinsichtlich der Traubengröße, der Beerengröße und der Traubenstruktur:

  • Der Blaue und der Rote Silvaner haben Trauben mittlerer Größe und sind in der Regel dichtbeerig.
  • Der Grüne Silvaner hat die größten und dichtesten Trauben, 250 bis 300g pro Traube ist normal, 400g keine Seltenheit.
  • Der Gelbe Silvaner erreicht nur ein durchschnittliche Traubengewicht von 200 bis 300g und ist lockerbeerig. Das heißt, seine Trauben und Beeren sind kleiner und er hat wesentlich weniger Beeren pro Traube.

Das bringt zwei Vorteile für den Winzer: er muss nicht ausdünnen und die Beeren bekommen weniger Botrytis im Herbst, weil sie sich nicht gegenseitig aufdrücken. Im September 2010 wurden zwei Gelbe Silvaner mit einem Grünen Silvaner verglichen, indem 3 typische Stöcke ausgewählt und die Beerenzahl bzw. das Beerengewicht untersucht wurden (Schlossnickel, 2010). Die Untersuchung zeigt, dass der Gelbe Silvaner wesentlich weniger Beeren pro Traube besitzt. Wenn man die Rappenlänge in Relation zum Beerengewicht setzt (cm/g) ergibt sich ein Lockerbeerigkeits-Index. Dieser Index liegt beim Grünen Silvaner unter 0,1 und beim Gelben Silvaner über 0,1.

Schmeckbare genetische Vielfalt

Sortenreine Silvanerweine gibt es erst seit ca. 1830. Die „Deutsche Gesellschaft für die Weinverbesserung machte um 1820 erste Versuche mit sortenreinen Weinen vom Silvaner (Gok, 1836). Bei niedrigem Säuregehalt waren die Weine nicht sehr lange haltbar und schmeckten breit und fade. Deshalb empfahl man damals den Winzern, die Silvanertrauben mit Riesling oder anderen säurereichen Rebsorten zu verschneiden, bzw. die Silvanermaische mit Rieslingrappen zu versetzen. Sebastian Englert, der Gründer der ersten Weinbauschule in Franken brachte um 1850 Silvanertrauben und Silvanerwein zur Bayerischen Landwirtschaftsausstellung nach München und gewann damit einen Preis. Er war ein Förderer der Rebsorte Silvaner, obwohl zur damaligen Zeit Riesling, Burgunder und Traminer die Modeweine waren. Danach kamen immer mehr reinsortige Silvanerweine in den Verkehr.
Als nach dem ersten Weltkrieg in Franken die ersten ertragssicheren Silvanerklone vom Grünen Silvaner zur Verbreitung kamen, behaupteten einige konservative Winzer, ihre „Gelben Österreich-Sylvaner“ seien geschmacklich viel besser als der neue „Froelich-Sylvaner“ und lagen mit ihren fortschrittlichen Kollegen im Streit. Jedoch die wirtschaftlichen Vorteile belehrte sie bald eines besseren.

Vergleicht man die vier Silvanertypen im Beerengeschmack unter gleichen Bedingungen, d.h. im gleichen Weinberg, so stellt man bereits hier deutliche Unterschiede fest:

Der Gelbe Silvaner schmeckt sehr reif, fruchtig (gelbe Früchte) und honigähnlich. Der Grüne Silvaner schmeckt saftig, fruchtig (grüne Früchte) und frisch. Die Weinqualität des Grünen Silvaners ist gut, auch bei höheren Erträgen. Allerdings zeigt der Gelbe Silvaner eine fruchtigere und reifere Aromazusammensetzung als der Grüne Silvaner. Bei dem Namen „Grüner Silvaner“ denkt man an grüne Früchte wie: Grüner Apfel, Birne, Stachelbeere und Gras. Der Name „Gelber Silvaner“ erinnert an reife gelbe Früchte: Quitte, Mirabelle, Honigmelone und Williams-Christ-Birne. Beim Gelben Silvaner sind die „reifen“ Aromen erhöht (Birne, Quitte, reifer Apfel, Honig) und die „grünen“ Aromen reduziert (grüner Apfel, Gras/vegetativ). Dies ergibt ein angenehm fruchtiges, reifes und balsamisches Geschmacksbild.

Mit den modernen Weinausbaumethoden kann man mit der Rebsorte Silvaner hervorragende Weine erzeugen, die international wettbewerbsfähig sind. Die Leitaromen eines modernen Silvanerweines sind: Birne, Quitte, reifer Apfel, grüner Apfel, Stachelbeere, Gras/vegetativ, Heu, Honig und mineralisch/erdig. Im Jahr 2007 gab es deutliche Unterschiede zwischen dem Gelben und dem Grünen Silvaner, wie die Sterngrafik zeigt.

Der Blaue Silvaner ähnelt geschmacklich dem günen Silvaner, mit einer kleinen harten, nicht unangenehmen Gerbstoffnote. Beim „Blauen Silvaner“ denkt man zuerst an Rotwein, muß sich aber eines besseren belehren lassen, es handelt sich hier um einen Weißwein. In der alten Weinbauliteratur wird die Weinqualität des Blauen Silvaners als gering eingestuft. Wahrscheinlich kamen bei der Weinbereitung von früher mit langen Maischestandzeiten (die Trauben wurden schon im Weinberg gemahlen) und hohem Druck durch das Pressen die Gerbstoffe geschmacklich stärker in den Vordergrund.
Aus dem Roten Silvaner wurde noch nie im großen Stil ein sortenreiner Wein gewonnen.

Bis vor kurzem galt der Blaue Silvaner in der Literflasche als ein hervorragender Brotzeitbegleiter. In jüngerer Zeit gibt es von ihm vermehrt auch Prädikatsweine. Durch den höheren Gerbstoffgehalt in der Beerenschale verändert sich die Aromazusammensetzung im Vergleich zum Grünen Silvaner etwas. Die „gelben“ Aromen (Quitte, Birne und Honig) sind reduziert, die „grünen“ Aromen (Apfel, Stachelbeere und Gras/vegetativ) sind ähnlich wie beim Grünen Silvaner vorhanden, aber es kommen noch Kräuteraromen (Bohnenkraut) dazu und ein nicht störender Anklang von „gerbig/adstringierend“ oder „bitter“ . Hierzu wurde ein 2009er Blauer Silvaner Kabinett, ein typischer Vertreter seiner Art, mit Hilfe der typischen Attribute verkostet und in eine Sterngraphik übertragen.

Zusammenfassung und Ausblick

Silvanerweine erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Silvaner ist eine sehr facettenreiche Rebsorte. In alten Silvanerweinbergen findet man noch eine große genetische Silvanervielfalt – sowohl sichtbar als auch schmeckbar. Die Bayerische Landesanstalt hat in 10 Jahren über 200 Silvanerklone gesammelt und sie züchterisch bearbeitet. Für die wenig bekannten Spielarten „Gelber Silvaner“, „Roter Silvaner“ und „Blauer Silvaner“, aber auch für die ertragsreduzierten Klone des „Grünen Silvaners“ interessieren sich die fränkischen Winzer sehr. Dies lässt hoffen, dass die genetische Vielfalt dieser Sorte auch in Zukunft erhalten wird und vielleicht bald Weine des Gelben und Roten Silvaners auf dem Markt erscheinen.

Literatur/Quellen

  • Metzger, J.: Der Rheinische Weinbau (1827)
  • DLR: Dr. Hofäcker, Die Deutschen Rebklone (2004)
  • BSA: Beschreibende Sortenliste 2008 (2008)
  • Schlossnickel, B.: Bachelorarbeit zu Silvanerklonen an der LWG (2010)
  • Gok, C.F. : Die Weinrebe und ihre Früchte (1837)