Forschungsbericht
Wildbiologische Begleituntersuchungen bei artenreichen Energiepflanzen – Ansaaten mit Wildpflanzen

Titelseite Wildbiologie Abschlussbericht Projektphase I

Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Bayerischer Jagdverband, Feldkirchen
Bearbeitung durch M.Sc. Biol. Heike Böhme, Dr. Jörg Tillmann, Dr. Katrin Ronnenberg, Institut für terrestrische und aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

2013, 122 Seiten

Zusammenfassung

Von 2011 bis 2013 beauftragte die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im Rahmen des Forschungsbereichs „Energie aus Wildpflanzen“ aus Mitteln des BayStMELF die TiHO Hannover mit der Durchführung von wildbiologischen Begleituntersuchungen.
Ziel der Studie „Energie aus Wildpflanzen“ ist eine ökologisch wertvolle und ökonomisch tragfähige Ergänzung zum Anbau vom derzeit weitgehend konkurrenzlosen konventionellen Energiepflanzen zu entwickeln, die die Reduzierung des Verlustes an Biodiversität in der Agrarlandschaft als Ziel der Bundesregierung unterstützt und darüber hinaus das Potential hat, die Niederwildpopulationen zu stärken. Hierfür werden artenreiche Saatmischungen aus ein-, zwei- und mehrjährigen Wildpflanzen entwickelt und in der Praxis erprobt, die mindestens 5 Jahre lang für die Biogasnutzung geerntet werden können.
Im Rahmen der wildtierökologischen Begleituntersuchungen wurde die Wirkung des Anbaus von Wildpflanzen für die Biogasproduktion auf die Habitatfunktion für ausgewählte Zielarten der Agrarlandschaft erfasst und bewertet. Die Untersuchungen erfolgten in drei Projektgebieten. Diese liegen in den bayerischen Landkreisen Straubing-Bogen (Aiterhofen) und Würzburg (Güntersleben, Rimpar). Die zwischen 165 ha und 274 ha großen Untersuchungsgebiete repräsentieren einen typischen Ausschnitt der jeweiligen Agrarlandschaft und bilden gleichzeitig die Kulisse für die Anlage der mehrjährigen Wildpflanzenkulturen.
Die Wildpflanzenkulturen stellen für die Wildtiere ein Nahrungs-, Brut- und Deckungshabitat dar, das den konventionellen Kulturen in der Regel vorgezogen wird. Entsprechend der ökologischen Ansprüche der einzelnen Wildtierarten werden die Wildpflanzenschläge jedoch unterschiedlich häufig frequentiert, eine Meidung wurde jedoch nicht erkannt. Für das Rehwild eignen sich die Wildpflanzen besonders gut während der Setzzeit. Der Schnittzeitpunkt Ende Juli/Anfang August, je nach Wetterlage, entschärft die Problematik des sonst üblichen Schnittzeitpunktes mit der Jungenaufzucht und ist so für viele Wildtiere von Vorteil (Rebhuhn, Fasan, Feldhase).
Aus wildtierökologischer Sicht wäre eine Verschiebung des Schnittzeitpunktes auf Anfang August optimal, da einige Arten noch relativ spät im Jahr reproduzieren (Zweitgelege von Fasanen, lange Reproduktionszeit der Feldhasen). Später sollte der Schnitt aber nicht erfolgen, damit sich ausreichend Grünäsung bis zum Herbst entwickeln kann, um im Winter als Nahrung zu dienen. Obwohl die Wildpflanzenkulturen eine sehr gute Habitatqualität aufweisen, werden im Winter von Feldhasen bevorzugt Winterweizenflächen zur Nahrungsaufnahme aufgesucht und stellen eine wichtige Nahrungsquelle dar. Tagsüber halten sie sich hingegen gerne in den Wildpflanzenflächen / -stoppeln auf. Besonders wenn die Kulturpflanzenschläge in die Milchreife kommen, aber auch nach der Ernte, wenn die Wildpflanzen die einzigen Deckungs- und Nahrungsreichen Strukturen in der Agrarlandschaft bilden, stellt diese für die Feldhasen eine wichtige Alternative dar. Eindeutige Unterschiede auf Wildpflanzenflächen zwischen Schlagmitte und Randstruktur konnten nicht nachgewiesen werden. Es konnten aber tierartenspezifische Präferenzen bezüglich der Wildpflanzenfläche festgestellt werden.
Um die Wildpflanzenschläge zu optimieren, sind lockerere Bestände zu empfehlen. Es ist davon auszugehen, dass die Habitatqualität für Arten wie Rebhuhn und Feldhase dadurch gesteigert wird. Durch die Mehrjährigkeit der Wildpflanzenfläche sind die Bearbeitungsintervalle geringer. Es wird weniger Dünger eingesetzt. Auf Insektizide und Pestizide kann im Normalfall ganz verzichtet werden. Diese Faktoren wirken sich positiv auf die Qualität der Wildpflanzen aus. Im Zuge des Wildpflanzenanbaus als Alternative zu herkömmlichen Bioenergiepflanzen ist die Integration in bestehende Fruchtfolgen von Schneisen, normalen Schlaggrößen und Teilschlägen als Kombination aus wildtierökologischer Sicht die beste Vorgehensweise.
Aufgrund der stark sinkenden Niederwildbestände kann davon ausgegangen werden, dass in Zukunft nur noch in Revieren nachhaltig gejagt werden kann, wo erstens die Prädatoren bekämpft und zweites von Monokulturen und Zusammenlegung von Schlägen Abstand genommen wird. Stattdessen sollten Wildpflanzenschläge oder -streifen als Alternative zur Biogasproduktion etabliert werden. Dadurch entsteht eine ökonomische und ökologisch aufgewertete, strukturreiche Agrarlandschaft.