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Der Vorgarten: Eine attraktive Erscheinung?

Der Vorgarten - Titelseite

Zum attraktiven Erscheinungsbild eines Gebäudes, ob Wohnhaus oder Bürogebäude, gehört ein angemessener Eingangsbereich. Wir Landschaftsgärtner legen Wert darauf, dass die Gestaltung nicht steril und steinbetont ist, sondern dass mit passenden Pflanzen gestaltet ist. Äußerlichkeiten spielen eine große Rolle. Täglich macht uns die Mode vor, wie wichtig es ist, mit der Zeit zu gehen und Modetrends zu folgen.

2018, 7 Seiten.

Wer Grundsätze beherrscht, kann sich eher wohl fühlen als einer, der aus der Reihe tanzt. Wie bei der Mode geht es beim Vorgarten um eine Atmosphäre, in der man sich wohl fühlt und die Vertrauen weckt. Als „Fachmann für Freiraumfragen“ bietet sich der Landschaftsgärtner geradezu an. Er macht mit Gespür seinen Kunden darauf aufmerksam, was für ein optimales "Outfit" dem Wohnhaus, dem Büro- oder dem Geschäftsgebäude am besten steht. Die unpersönliche und mausgraue Architektur, sei sie nun modern oder schon "in die Jahre gekommen", kann er ideenreich und funktionell „einkleiden“.

Die Summe aller Vorgärten spiegelt den Charakter einer Siedlung wider

Wer sich kritisch umsieht, kann am Beispiel von Vorgärten feststellen, dass nicht nur ein enormer Diskussions-, sondern auch Handlungsbedarf besteht. In unseren Städten und Gemeinden sind die Vorgärten nicht selten zur Abstandsfläche, zum Stauraum neben der Straße oder zur Sicherheitszone vor dem vorbeifließenden Verkehr degradiert. Gesichtslose Wohnanlagen und Gewerbegebiete werden massenweise aus dem Boden gestampft. Hinzu kommen die „pflegeleichten“, aber teuren Kies- und Schottergärten mit den sterilen Gabionenwänden in jeder Höhe, Länge und Breite. Diese Drahtschotterkörbe sollen vor Lärm, Staub und „Einsicht“ schützen! Der GaLaBau muss diesen Markt möglichst bald mit vorbildlichen Lösungen besetzen, bevor Deutschland in steriler Anonymität versinkt.

Bebauungs- und Grünordnungspläne: Brauchbare Regeln für die Vorgärten?

Bebauungs- und Grünordnungspläne sind dazu da, der gesamten Eigenart eines Baugebietes einen unverwechselbaren Gesamtcharakter zu verleihen. Vom Grundsatz her soll nicht ein Sammelsurium an Gebäuden entstehen, sondern ein Wohngebiet, mit ausdrucksstarken Gestaltungsprinzipien: Einmalig, unverwechselbar und lebendig. Die Baukörper sollten sich nach der vorherrschenden Meinung der Freiraumplaner der Landschaft unterordnen. Möglichst viel individueller Lebensraum mit einem gemeinschaftlichen Umfeld wäre ein wirklich erstrebenswertes Ziel. Viel zu wenig kümmern sich die Städteplaner und Hochbauarchitekten gerade bei diffizilen topographischen Verhältnissen um die augenblickliche und künftige Geländestruktur, um die Vegetation, Höhenausbildung und Einbindung in die gewachsene Landschaft. Die Topografie lasse sich ihres Erachtens leicht verschieben, erhöhen, abtragen und einebnen. Architektur darf kein Selbstzweck mit einer unverantwortlichen Eigengesetzlichkeit sein. Architektur als weißer Kubus mit einer schwarzen Tür und schwarzen Fensterrahmen und Flachdach: Steril, stumm, starr. Angesichts des Klimawandels müsste jeder Hausbesitzer durch Begrünungen aller Art für ein moderates Stadtklima sorgen. Vielleicht ist das Bedürfnis, sich darzustellen, oder auch das Wohnungsproblem ein wenig gelöst. Spätestens dann ist der Rat und das Einfühlungsvermögen des Landschaftsgärtners gefragt, wie man die Architektenwillkür wieder mit harmonisierendem Grün bekleiden soll.

Funktionen und Gestaltung besser in Einklang bringen

Wenn man von durchschnittlichen Flächen von 50 bis 100 m2 für Vorgärten ausgeht, so gilt es, bei der Materialverwendung vor allem nach dem Grundsatz zu verfahren: "In der Beschränkung zeigt sich der Meister". Bei der Angebotsvielfalt auf dem Baustoffmarkt ist auf Entsprechung, Harmonie und Schwerpunktsbildung zu achten. Kommt man mit dem Grundstückszuschnitt, seiner Höhensituation und den Vorgaben der Gebäudearchitektur zurecht, so sind Lage, Form und Größe des Zuganges zur Haustüre zu bedenken. Wenn sie in der Mitte liegt, trennt sie oft den kleinen Vorgarten in zwei Hälften. Umfangreiche Problemlösungen sind gefragt. Besteht die Möglichkeit, einen "Umweg" gestalterisch zu begründen, wenn man z.B. an den täglichen Weg vom Auto zur Haustüre denkt? Wird sich der Bauherr damit anfreunden können? Kann die Umleitung durch ein "Hindernis" logisch erklärbar gemacht werden? Eine Art des Hindernisses könnte z.B. eine Pflanzinsel, ein Findling, ein Leuchtpoller oder eine Bank sein. Wege können trennen, können aber auch verbinden und gliedern. Gerade Kanten und lange Stecken sind langweilig. Wenn schon nicht bei der Planung der Wege darauf Rücksicht genommen wurde, so könnte man doch wenigstens den Pflanzen die Chance geben, über die Schnurkante der Einfassung hinauszuwachsen und so für Abwechslung zu sorgen.

Der Landschaftsgärtner ist Fachmann für den Freiraum

Bekanntlich fühlt man sich in einer Umgebung wohl, wenn man einen Überblick über die Lage im Raum und eine gewisse Rückendeckung als angenehmen Schutz verspürt. Für den Landschaftsgärtner ist die Bepflanzung im Freiraum das Hauptgestaltungselement, um dieses Ziel durchzusetzen. Es bieten sich kleinkronige Baumarten, wie Blumenhartriegel, Eberesche, Japanischer Ahorn, Felsenbirne, Zierkirschen, Zierapfel, Kugelakazie usw. hierfür hervorragend an. Sie stellen das Grundgerüst dieser naturbetonten Raumbildung dar. Oder wie wäre es mit dem Hausbaum herkömmlicher Art? Man denke an Apfel-, Birnbaum, Zwetschge, Walnuss, kleinkronige Winterlinde. Wichtig ist es vor allem, dass man alte Bäume auf jeden Fall schont und in die Gestaltung miteinbezieht. Der Freiraumgestalter achtet auch auf den Wechsel der Jahreszeiten. Wie steht es mit der Sonneneinstrahlung? Hat man, braucht man Schatten? Oder ist der Windschutz vorrangig gestalterisch zu bewältigen? Bei den heutigen Grundstücksgrößen machen vor allem der Lärm- und der Sichtschutz zunehmend Probleme. Bei aller Liebe zum Nachbarn; aber stets lässt man sich doch nicht "in die gute Stube" einsehen. Weiterhin gilt es, zwischen freiwachsenden Sträuchern und geschnittenen Hecken abzuwägen. Ranker, Stauden und einjährige Wechselbepflanzungen für Frühling, Sommer, Herbst und Winter bringen Kontraste, Farben und vor allem viel Grün auf kleinster Fläche. Jeder offene Quadratzentimeter muss Pflanzen eine Chance geben!

Zur Pflege gibt es keine Alternative

In unserer Gesellschaft muss der Umdenkungsprozess noch nachhaltiger werden, der dazu führt, dass man Grün nicht als ein lästiges Übel betrachtet. Einsparungen auf diesem Gebiet zahlen sich langfristig nicht aus. Der Trend zu den sterilen „Schottergärten mit Gabionen“ muss gestoppt werden. Die Grünflächenpflege stellt für den Privatmann/frau eine sinnvolle Freizeitbetätigung dar. Für den professionellen Dienstleister zeichnet sich als zukunftsorientierter und abwechslungsreicher Umweltberuf ab, auf den die Gesellschaft nicht mehr verzichten kann.
Wenn man davon ausgeht, dass man sich im Durchschnitt höchstens ca. 45 Minuten pro Woche mit der Pflege des Vorgartens von ca. 100 m2 Größe beschäftigen muss, um ihn einigermaßen in Schuss zu halten, so ist dieser Pflegeaufwand als Kostengröße vergleichsweise unbedeutend.
Weitere Informationen enthält der Fachartikel.