Eine ganz besondere Geburt
Fränkischer Silvaner aus georgischer Tonamphore

Ummauerte Öffnung einer vergrabenen Tonamphore (Qvevri); Gärröhre lässt Kohlensäure entweichen.

Man nehme 900 Kilogramm gesunde, angedrückte Weinbeeren, fünf Kilogramm Stielgerüste der Trauben, packe das Ganze für neun Monate in eine georgische Tonamphore, messe ab und an Fieber und behalte damit die Gärtemperatur im Blick und überlasse der Natur ihren Lauf der Dinge. Nach dem wohl ältesten Rezept der Weinbereitung baut die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim seit einigen Jahren „Qvevri-Weine“ aus. In der Folge stand wiedereinmal eine ganz besondere Geburt an: Denn die Weinbau-Experten der LWG öffneten eine der vergrabenen handgemachten georgischen Tonamphoren, durchstachen die Weinoberfläche und entnahmen schließlich das Herzstück – den auf der Maische vergorenen Silvaner-Wein.

Der ganz andere Wein

Die Weinbereitung im Qvevri (Tonamphore) bedeutet Weinausbau wie vor 8.000 Jahren und ist eine der ältesten und traditionellsten Formen der Weinherstellung. Georgien, südlich des Großen Kaukasus, kann sich dabei zur Wiege des Weinbaus zählen. Doch was hat ein typischer fränkischer Silvaner vom Thüngersheimer Scharlachberg in einer eingeschifften Tonamphore aus Georgien zu suchen? Mit Qvevri-Weinen gehen die Winzer in der Weinbereitung bewusst einen Schritt zurück und bauen damit direkt auf der Maische vergorene Weine aus. Diese Orange bzw. Raw oder auch Amber Wines, die meist aufgrund ihrer charakteristischen Bernsteinfarbe auf den ersten Blick zu erkennen sind, erfreuen sich steigender Beliebtheit und sind besonders langlebige, kräftige und hochwertige Weine.

Geburt erfolgreich – Mission geglückt!

„Der Weinausbau im Qvevri ist wie eine Wunderkiste, denn man weiß bis zum letzten Augenblick nicht, was man bekommt“, so Georg Bätz, Leiter des Institutes für Weinbau und Oenologie, in den spannenden Minuten kurz vor der Amphorenöffnung. Der Grundstein für den „erfolgreichen Start“ in das spätere Weinleben wurde dabei im September des Vorjahres gelegt und rund 900 Kilogramm gesunde Silvanermaische in die Amphore gefüllt. Zugefügt wurden zudem Rappen, die Stielgerüste der Trauben. „Diese geben bei der Vergärung die notwendigen Gerbstoffe ab und machen den Wein dadurch haltbar“, betonte Georg Bätz. Beim herkömmlichen Weinausbau übernimmt dies der Schwefel, auf den bei der Naturweinbereitung komplett verzichtet wird. Nach vier Tagen stürmischer Gärung wurde die Amphore schließlich verschlossen und erst nach neun Monaten Reifezeit wieder geöffnet.

Impressionen von der Amphorenöffnung

Unter einer dünnen Schicht von Traubenkernen und Silvanerbeeren wurde vorsichtig das Herzstück des Jungweines entnommen: Ein glockenklarer, intensiv schmeckender Silvaner. „Mit Aromen von reifen, getrockneten Früchten und seiner kräutrig, balsamischen Note ist der Jungwein schon jetzt ein idealer Essensbegleiter und könnte direkt von der Amphore auf den Tisch wandern“, freute sich der Weinbauexperte.

Forschung für die Praxis

An welchen Stellschrauben beim Qvevri-Ausbau noch gedreht werden kann, wird von den Weinbau-Experten der LWG in verschiedenen Versuchsreihen geprüft. Um beispielsweise den Einfluss der Gärtemperatur auf die Maischegärung zu untersuchen, wurde eine Amphore in einem Pilotversuch mit einer Kühlung versehen. Dafür wurde die georgische Tonamphore mit ca. 50 Meter Schlauch umwickelt, der mit kaltem Wasser befüllt werden kann. Dabei soll untersucht werden, ob die Qualität des im Qvevri ausgebauten Weines durch den Einsatz der Kühlung optimiert werden kann. Mit ihrer praxisorientierten Forschungsarbeit liefern die Experten des Institutes für Weinbau und Oenologie wichtige Erkenntnisse für die Winzer, die sich zunehmend in der Qvevri-Weinbereitung probieren.