Nachbericht zum Seminar vom 27. und 28. Februar 2023
Echte Naturschönheiten: Zierpflanzen aus ökologischer Produktion

Wucherblume mit pinken Blüten im Mustergarten der LWG Bamberg

Nach der sehr guten Rezession im vergangenen Jahr veranstaltete die Öko-Akademie Bamberg am 27. und 28.02.2023 ein weiteres Mal das Seminar „Grundlagen zum Bio-Zierpflanzenbau“, welches online stattfand. Bei der Organisation wirkten neben der LWG auch die Fördergemeinschaft ökologischer Zier- & Gartenpflanzen e. V. (föga) sowie die Arbeitsgemeinschaft der ökologischen Gartenbauberatung (Ökomene) maßgeblich mit. Insgesamt folgten rund 60 Zierpflanzengärtnerinnen und -gärtner der Einladung zu der zweitägigen Fortbildungsveranstaltung.

Der Status quo

Zu Beginn der Veranstaltung gab Andrea Frankenberg von der Ökomene/Bioland-Beratung einen aktuellen Überblick über die Entwicklung des Bio-Zierpflanzenbaus. Aus einer Agrarstrukturerhebung des Statistischen Bundesamts geht hervor, dass sich die Anzahl der Betriebe von 2016 bis 2020 um ca. 20 % auf bundesweit über 200 Stück erhöht hat. Auch die bewirtschaftete Fläche ist proportional dazu gestiegen. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt der Bio-Zierpflanzenbau in der Nische. Im letzten Jahr ist die Zahl der Umstellungswilligen etwas zurückgegangen. Dies lässt sich auf die gestiegenen Kosten in fast allen Bereichen zurückführen. Für die Netzwerkarbeit hat sich 2007 die Fördergemeinschaft ökologischer Zier- & Gartenpflanzen e. V. (föga) gegründet, in der Andrea Frankenberg als Ansprechpartnerin fungiert. Deren Ziele es sind, Menschen zu vernetzen und zu informieren. Aktuell hat der Verein 88 Mitglieder, davon sind die Hälfte zertifizierte Bio-Betriebe.

Der Weg durch die Umstellung

Nach der Einführung gab Andrea Frankenberg einen Überblick über alle Punkte, die umstellungsinteressierte Betriebe auf ihrem Weg zum Ökolandbau berücksichtigen müssen. So sollten beispielsweise die Gewächshäuser gründlich gereinigt und ggf. die Energieschirme sowie das Bändchengewebe gewechselt werden, um eine Kontamination mit Pflanzenschutzmittelrückständen zu vermeiden. Vor Umstellungsbeginn muss ein Vertrag mit einer unabhängigen Kontrollstelle geschlossen werden, die mindestens einmal jährlich eine Betriebskontrolle durchführt und dabei die Buchführung überprüft (Zukauf von Betriebsmitteln, Warenstrom, etc.). Auch über eine Verbandszugehörigkeit kann sich hier schon Gedanken gemacht werden.

Zierpflanzen, welche im Topf angebaut werden, sind nur erlaubt, wenn die Pflanze samt Topf an die Verbraucherinnen und Verbraucher vermarktet werden. Bei Kulturen, die im gewachsenen Boden angebaut werden (bspw. Schnittblumen), muss eine Umstellungszeit von 24 (jährige Kulturen) bzw. 36 Monaten (Dauerkulturen) berücksichtigt werden. Betriebsmittel, welche zugekauft werden, müssen der EG-Öko-Verordnung entsprechen. Bei "organicxseeds" kann man die Verfügbarkeit der Produkte online überprüfen. Falls diese sowie Umstellungsware nicht verfügbar ist, können mit einer ANG (Ausnahmegenehmigung) konventionelle, aber nicht behandelte Produkte genutzt werden.

Tipps zur Dünger- und Substratwahl

Robert Koch von der LVG Heidelberg widmet sich neben der Wuchsregulation auch Versuchen mit Bio-Substraten und Bio-Düngern. Dafür steht der Versuchsanstalt ein Bioland-zertifizierter Betriebsteil zur Verfügung. Da bei den Anbauverbänden reine Torfsubstrate nicht erlaubt sind, muss je nach Verwendungszweck ein Torfersatz von 20 bis 50 % erfolgen. Herr Koch erklärt, dass eine schrittweise Reduzierung von Torf der richtige Weg zu einer torffreien Produktion ist. Die gängigsten Ersatzprodukte sind Kompost, Kokosfaser, Kokosmark, Rindenhumus und Holzfasern. Dabei ist zu beachten, dass jeder Torfersatz Vor- und Nachteile mit sich bringt. Deshalb kann es durch die Verwendung zu hohen Salzgehalten oder zu einer Stickstoffimmobilisierung kommen. Grundsätzlich ist eine Torfreduzierung möglich, es sollte aber die Bewässerung und die Düngung entsprechend angepasst werden. Außerdem sind erhöhte Probleme mit Trauermücken möglich. Die kulturbegleitenden Substratanalysen sind das A & O.

Im zweiten Vortrag von Robert Koch ging es um die Bio-Dünger. Hier haben Bio-Gärtnerinnen und -Gärtner die Wahl zwischen Flüssigdüngern und Festdüngern. Festdünger werden dem Substrat beigemischt und dienen der Vorratsdüngung. Bei den Flüssigdüngern setzt man aktuell auf Vinassefreiheit, da Vinasse sehr geruchsintensiv ist. Allerdings sollte man bei den Alternativen auf ausreichend Phosphatgehalt achten. Zu den Flüssigdüngern, welche der EG-Öko-Verordnung entsprechen, zählen z.B. BlütoVin Bio, Aminofert N oder Alginin Vital.
Die Tendenz des Düngeverfahrens geht hin zur Grundbevorratung mit anschließender flüssiger Nachdüngung. Laut Koch muss bei Bio-Düngern aber bedacht werden, dass maximal 55 % des enthaltenden Stickstoffes pflanzenverfügbar werden. Zudem verläuft die Mineralisationskurve je nach Düngemittel sehr unterschiedlich. Schafwolle agiert eher als Langzeitdünger, während bei Horngries mit einer zeitigen Stickstoffmineralisation zu rechnen ist.

Das kleine Einmaleins der Pflanzengesundheit

Der biologische Pflanzenschutz stellt unter den produktionsspezifischen Themen eine der größten Herausforderungen dar. Klaus Bongartz ist freier Gartenbauberater und ebenfalls Ansprechpartner in der Fördergemeinschaft föga. Mithilfe von zahlreichen guten Praxisbeispielen zeigt er, dass der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel zwar eine gewisse Expertise voraussetzt, aber grundsätzlich gut möglich ist. Laut Bongartz seien bereits viele Betriebe auf dem Weg in einen ökologischen Gartenbau – sei es durch Nützlingseinsatz oder durch andere umweltschonende Kulturmaßnahmen. Sollten vorbeugende Maßnahmen nicht ausreichen, so kann auf bio-konforme Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel, beispielsweise Neem- und Orangenöl sowie diverse EM-Präparate, zurückgegriffen werden. Eine EM-Behandlung empfiehlt Klaus Bongartz seinen Betrieben gerne direkt nach dem Topfen, die er als „Begrüßungscocktail“ bezeichnet. Ebenso stellt er noch die Heißwassertechnik zur Unkrautregulierung vor, sowie Blühstreifen, welche alle sieben Beete gesät wurden. Sie zeigen eine deutliche Minimierung der Insektizide, da durch die Blühstreifen direkt mehr Nützlinge vor Ort sind.

Kompakter Wuchs ganz ohne Hemmstoffe

Der Einsatz von chemischen Hemmstoffen zur Wuchsregulation ist im ökologischen Zierpflanzenbau nicht zulässig, sodass auf andere Maßnahmen zurückgegriffen werden muss. Fabian Heesch von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG) in Heidelberg betreute das Projekt Luftreizbehandlung zur Wachstumssteuerung. Eine mechanische Reizung mit Vlies hat sich leider nicht bewährt, da es dadurch bei zahlreichen Pflanzenarten zu Gewebeschäden kam. Die Ausbringung von Druckluft mithilfe von speziell angefertigten Düsen führte zwar zu sehr guten Ergebnissen, erwies sich aber als zu kostspielig. Vielversprechender ist eine Wuchsregulation durch eine Luftreizbehandlung, die von Herrn Heesch im Rahmen des Projekts „Thigmo“ untersucht wurde. Dabei stößt das Gerät einen Luftstrom aus, welcher gleichmäßig über die Pflanzen im Gewächshaus fliegt. Für ein zufriedenstellendes Ergebnis ist es wichtig, dass die Luftgeschwindigkeit 8 m/s nicht unterschreitet. Dabei ist es aber nicht entscheidend, ob diese Behandlung in der Nacht oder am Tag durchgeführt wird.

Ergänzt wurden diese Erkenntnisse von Frank Korting vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR), der zahlreiche Versuche mit alternativen Präparaten zur Wuchsregulation durchgeführt hat. Im Fokus standen dabei verschiedene Silicium-Präparate, Pflanzenextrakte sowie stressinduzierende Mittel (EM, Komposttee, Bittersalz, etc.). Allerdings konnten diese Präparate nicht mit chemischen Hemmstoffen mithalten. Laut Korting sei eine Verbesserung des Habitus aber grundsätzlich möglich. Eine Reduzierung der N-Düngung kann den Zuwachs drosseln. Auch der Einsatz torffreier Substrate führt durch das schnelle Abtrocknen und den Nährstoffentzug zu kompakteren Pflanzen.

Zum Thema Pflanzenschutz zeigte Frank Korting verschiedene Versuche, bei denen mit bio-konformen Pflanzenschutz-Maßnahmen der Mehltau, Botrytis und der Thrips bekämpft wurde. Dabei konnten die biologischen PSM gegen die konventionellen mithalten, bzw. diese sogar teilweise übertrumpfen. Im Versuch den Thrips loszuwerden, erwies sich die Tankmischung mit NeemAzal und Raptol HP am wirksamsten. Zusammenfassend lässt sich sagen: Echter Mehltau lässt sich sehr gut biologisch bekämpfen, Botrytis und Thrips teilweise gut. Nur für Blattläuse gibt es aktuell noch keine zufriedenstellende biologische Wirkungsweise.

Schädlinge und ihre Gegenspieler

Martin Kamphusmann vom Beratungsdienst von Katz-Biotech zeigte den Teilnehmenden Strategien zur Bekämpfung wichtigster Schädlinge und ihre Gegenspieler (Nützlinge) auf. Ebenso stellte er biologische Pflanzenschutzstrategien vor. Die wichtigsten Schädlinge im Zierpflanzenbau sind unter anderem Thripse, Spinnmilben, weiße Fliege, Trauermücken, sowie verschiedene Blattläusearten. Gegenspieler zu den Thripsen können Nützlinge wie z.B. Raubmilben, Bodenraubmilben sowie Raubwanzen sein. Die Nützlinge selbst können auch noch unterschieden werden, da sie verschiedene Temperatur- und Pflanzenarten-Vorlieben besitzen. Außerdem ist es möglich, manche Arten schon präventiv und andere erst korativ einzusetzen. Bei Spinnmilben sind es nur die Raubmilben, die einen gewünschten Erfolg erzielen können. Nützlingsschonende Präparate wie NeemAzal oder Neu-dosan können bei einem stärkeren Befall zusammen mit den Nützlingen eingesetzt werden, um Schädlinge endgültig zu eliminieren.