Forschung- und Innovationsprojekt
Späte Trachten

Honigbiene auf Phacelia-Blüte

Auswirkungen von Spättrachten auf die Ein- und Überwinterung von Bienenvölkern

Der landwirtschaftliche Anbau von Zwischenfrüchten wie Phacelia und Gelbsenf kann je nach Umfang das Trachtangebot von Honigbienen bis spät in den Herbst hinein verlängern. Auch spät blühende Pflanzen wie das Drüsige Springkraut oder Efeu können je nach Region eine nennenswerte Spättracht darstellen.

Eine späte Pollen- und Nektarverfügbarkeit in größerem Umfang wird von der Imkerschaft allerdings unterschiedlich bewertet. Einige Imkernde bewerten zum Beispiel größere Springkrautbestände positiv, weil sich dadurch merklich Winterfutter einsparen lässt und Pollen für die Aufzucht der Winterbienen verfügbar ist. Andere sehen darin ein Problem und befürchten ein Verhonigen des Brutnestes oder dass sich die Winterbienen aufgrund der lang anhaltenden Sammel- und Bruttätigkeit vorzeitig abarbeiten.

Ziel des Projektes

Im Rahmen des Forschungsprojektes Späte Trachten wurde untersucht, wie sich der Anbau von spätblühenden Kulturen im Oktober und November beziehungsweise größere Bestände an Drüsigem Springkraut auf die Überwinterungfähigkeit von Bienenvölkern auswirken und aus Sicht der Imkerschaft zu bewerten ist. Hierzu wurden über drei Jahre hinweg Völker an unterschiedlichen Standorten mit und ohne (Kontrolle) einer späten Tracht aufgestellt, die zuvor nach guter imkerlicher Praxis gegen die Varroamilbe behandelt und bereits vollständig für die Überwinterung aufgefüttert wurden.

Methoden des Projektes

Im Spätherbst 2019, 2020 und 2021 wurden jeweils sechs Wirtschaftsvölker mit ein beziehungsweise zwei Bruträumen an mehreren Standorten mit und ohne (Kontrolle) späte Tracht aufgestellt. Zuvor wurden alle Völker einer Varroabehandlung mit Ameisensäure unterzogen und vollständig für die Überwinterung aufgefüttert.

Zur Beurteilung der Versuchsvölker hinsichtlich Volksstärke (Anzahl Bienen und Brutzellen) und Nahrungsvorräte (Pollen und Futter) erfolgte jeweils vor Anwanderung an die Versuchsstandorte beziehungsweise den gemeinsamen Überwinterungsstand und zur Auswinterung im folgenden Frühjahr eine Populationsschätzung nach der Liebefelder Methode. Hierbei wird für jede Wabe beidseitig der Anteil an Fläche geschätzt, der mit Bienen besetzt ist und der Brut, Pollen oder Futter enthält. Anhand dieser Schätzwerte lassen sich dann die Anzahl an Bienen und Brutzellen, sowie die Pollen- und Futtermengen berechnen. Aus dem Verhältnis der Volksstärke (Anzahl Bienen) zur Auswinterung und Einwinterung ergibt sich der Überwinterungs-Quotienten, ein Maß dafür, wie gut die Völker überwintert haben. Werte kleiner als eins bedeuten, dass ein Volk schwächer ausgewintert wurde als es zur Einwinterung war. Werte von eins bedeuten entsprechend, dass ein Volk genauso stark auswinterte, wie es zuvor eingewintert wurde.

Aus jeder Versuchsgruppe standen zwei Bienenvölker auf automatischen Stockwaagen, um Gewichtsveränderungen kontinuierlich erfassen zu können. Zudem wurden alle Völker im Rahmen der Populationsschätzungen gewogen. Da Parasiten und Krankheitserreger für die Überwinterungsfähigkeit von Honigbienen eine wichtige Rolle spielen können, wurden von allen Völkern regelmäßig Bienenproben genommen und deren Befall mit Varroamilben (Varroa destructor), Nosemasporen (Nosema species) und Amöben (Malpighamoeba mellificae) erfasst.

Um zu untersuchen, ob und in welchem Ausmaß die Bienenvölker die Späte Tracht an den jeweiligen Versuchsstandorten tatsächlich für den Pollen- und Nektareintrag nutzen, erhielten diese für mehrere Tage Pollenfallen. Die so gewonnenen Pollenhöschen wurden getrocknet und deren botanische Herkunft lichtmikroskopisch bestimmt. Auch die Herkunft des eingetragenen Nektars lässt sich mittels einer Pollenanalyse bestimmen. Daher wurde zur letzten Kontrolle Anfang beziehungsweise Mitte November von allen Völkern eine Futterprobe entnommen und hinsichtlich Pollenspektrum sowie Zuckerspektrum untersucht.

Ergebnisse des Projektes

Die Untersuchung zeigte, dass die Bienenvölker das späte Nahrungsangebot an den jeweiligen Standorten nutzten, um Pollen und Nektar zu sammeln, wobei sich die Sammelaktivität nicht auf die angewanderten Flächen beschränkte. Auffällige Gewichtsveränderungen, die große Zu- oder Abnahmen der Völker anzeigen, konnten dabei in keinem Jahr festgestellt werden. Die Befürchtung, dass das Brutnest verhonigt, hat sich bislang ebenfalls nicht bestätigt.
Unabhängig vom Standort brütete ein Teil der Völker bis spät in den November hinein, was allerdings nicht zu einem kritischen Varroabefall führte. Die Bienenvölker, die 2019 an Gelbsenf standen, wiesen einen geringeren Überwinterungs-Quotienten auf, haben also etwas schlechter überwintert als die übrigen Völker. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant und hat sich im Jahr 2020 und 2021 nicht bestätigt.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass späte Trachten nicht zwangsläufig zu den befürchteten Problemen führen. Bei einer rechtzeitigen Behandlung gegen die Varroose besteht für die Bienenvölker keine erhöhte Gefahr. Die bisher beobachteten geringen Effekte erfordern aber, die Bienenvölker bei einem guten Trachtangebot im Herbst besonders sorgfältig zu beobachten.

Zwischenbericht

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse im Zeitraum 01.09.2019 bis 30.04.2021:

Juli 2021 - Zwischenbericht Späte Trachten pdf 2,7 MB

Abschlussbericht

Honigbienenvölker stehen an einer Fläche mit Gelbsenf und Ölrettich.

Honigbienenvölker ...

Blüten von Gelbsenf und Ölrettich

Gelbsenf und Ölrettich

Fläche mit lila blühender Phacelia und Gelbsenf.

Phacelia und Gelbsenf

Eine Erdhummel sammelt auf einer lila Phaceliablüte.

Erdhummel auf Phaceliablüte

Drüsiges Springkraut

Drüsiges Springkraut

Publikationen

Heidinger, I., Illies, I. und Berg, S. (2021) Späte Trachten – Fluch oder Segen? bienen&natur 10/2021, S. 29–31

Heidinger, I., Illies, I., Berg, S. (2022) Späte Trachten – Einfluss spätblühender Kulturen auf die Entwicklung von Honigbienenvölkern. Schule und Beratung 9-10/22

Heidinger, I., Illies, I., Berg, S. (2022) Late flowering bee plants – Curse or blessing? Posterbeitrag auf der 69. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. in Bad Überkingen-Oberböhringen, 05–07.04.2022

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Ingrid Illies
Projektbearbeitung: Dr. Ina Heidinger
Laufzeit: 2019 bis 2022
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Landesverband Bayerischer Imker e. V.