Die „Untypische Alterungsnote“ im Wein (UTA) ist eine negative Veränderung des Weinbuketts, die nicht nur in Deutschland vermehrt Grund zu Beanstandungen gibt. Jungweine wirken bereits alt und besitzen nicht die von vielen Verbrauchern gewünschten frischen und feinfruchtigen Aromen.
In Deutschland werden etwa 20% der bei einer Qualitätsweinprüfung beanstandeten Weißweine aufgrund einer UTA abgelehnt. Besonders häufig tritt eine UTA in Jahren mit geringen Niederschlägen und hoher Sonneneinstrahlung auf. Das Fachzentrum Analytik an der LWG beschäftigt sich seit Jahren mit dem Phänomen.
Vermeidung der "Untypischen Alterungsnote" - Ascorbinsäure als wichtige Hilfe
Am 1. Februar 2019 wurde Dr. Norbert Christoph (LGL Würzburg), einer der Hauptakteure für die Problemlösung der UTA-Herausforderung, in den Ruhestand verabschiedet. In seinem Vortrag "Vitamin C – seit 20 Jahren bewährte Prophylaxe gegen den Weinfehler UTA)" blickte Dr. Martin Geßner auf die bewegenden Jahre und die Forschungsarbeit zurück.
Vortrag "Reife - Firne" (Veitshöchheimer Oenologische Seminarreihe) 188 KB
Was ist unter UTA zu verstehen?
Die „Untypische Alterungsnote“ im Wein (UTA) ist eine negative Veränderung des Weinbuketts, die nicht nur in Deutschland vermehrt Grund zu Beanstandungen gibt. Solche Weine besitzen kein bzw. wenig rebsortentypisches Bukett und wirken bereits nach einer kurzen Reifezeit überlagert und stark gealtert. Weine mit UTA weisen unsaubere, weinfremde Noten auf und wirken stumpf, bitter, gerbend und adstringierend. Als Umschreibungen werden Naphthalinnote, Hybridton, mediterrane Note, Bohnerwachs und seifig verwendet. UTA ist auch keinesfalls nur ein Problem, welches auf die Weinbauregion Franken beschränkt ist.
Ist UTA auf die Weinbauregion Franken begrenzt?
Keinesfalls! Jedoch haben wir uns in Franken sehr frühzeitig mit dieser Problematik befasst und Vorschläge zur Problemlösung erarbeitet.
Welche Substanz ist für die UTA verantwortlich?
Zwischen sensorischer UTA-Intensität und dem Gehalt der Verbindung 2-Aminoacetophenon (AAP) besteht ein hochsignifikanter Zusammenhang. Bereits bei einem AAP-Gehalt von 0,5 bis 1,0 µg/l fallen die Weine negativ auf.
1 µg/l entspricht etwa 1 Tropfen auf 500 hl.
Was sind die Ursachen für UTA?
“Stress im Weinberg“, Wassermangel durch Trockenheit in Kombination mit intensiver Begrünung und hohem Ertrag, besonders auf sandigen oder flachgründigen Böden. Auch unreifes Lesegut weist immer ein deutlich erhöhtes UTA-Potential auf.
Kann der Winzer etwas tun, um UTA zu vermeiden?
Dem Wassermangel-Stress im Weinberg vorbeugen, heißt UTA vermeiden. In Trockenphasen Stress mindern, Begrünung rechtzeitig umbrechen, Ertrag reduzieren, Verdunstung der Laubwand verringern, wenn möglich Bewässerung. Langfristig ist Bodenverbesserung anzustreben und die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens zu erhöhen. Lese bei Vollreife des Traubengutes, da jede zu frühe Lese die UTA-Neigung erheblich verstärkt.
Bei welchem Jahrgang kann von einer erhöhten UTA-Neigung ausgegangen werden?
Bei Jahrgängen mit Niederschlagsdefizit und ungünstiger Witterung, wodurch die optimale Vollreife des Lesegutes nicht erreicht wird.
Wie wird die für die UTA verantwortliche Substanz gebildet?
2-Aminoacetophenon (AAP) wird aus Indolessigsäure (IES) nach der Schwefelung der Jungweine durch radikalische Reaktionen gebildet. Ausschlaggebend für die Ausprägung der UTA ist nicht der Gehalt an IES, sondern die Konzentration an Radikalfänger, welche die Umsetzung von IES zu AAP verhindern.
Was sind Radikalfänger?
Substanzen, die den Praktikern besser unter dem Begriff Reduktone bekannt sind. In hochreifem Lesegut sind größere Mengen dieser Substanzen als in unreifem Lesegut zu finden. Dies trifft auch auf die jeweiligen Jungweine zu. Die Ascorbinsäure, ein zugelassener Behandlungsstoff, wirkt auch als Radikalfänger.
Sind alle Rebsorten gleichermaßen von UTA betroffen?
In Rotweinen wurde bis jetzt noch keine UTA festgestellt, durch die als Radikalfänger wirkenden phenolischen Verbindungen (z.B. Anthocyane) wird die Umsetzung von IES zu AAP unterbunden.
Welche kellerwirtschaftliche Maßnahmen sind ungeeignet um UTA vorzubeugen?
Starkes Auspressen der Trauben und die Maischegärung bei Weißweinen sind nicht zu empfehlen, weil die Weine bitter und gerbend werden. UTA würde hier zwar nicht auftreten, die Weine sind aber nicht ansprechend. Auch der Zusatz von Tannin-Präparaten hat sich als weitgehend unwirksam erwiesen.
Gibt es kellerwirtschaftliche Maßnahmen der UTA vorzubeugen?
Schonende Verarbeitung, angemessene Maischestandzeit und scharfe Vorklärung sind hilfreich für die Erzeugung von sauberen, rebsortentypischen Weinen. Die Auswahl von nicht zu rasch gärenden Hefen und temperaturkontrollierte Vergärung liefern fruchtige Weine. Zur Vorbeugung reichen diese Massnahmen nur in sehr begrenztem Umfang. Der Einsatz von Ascorbinsäure im Jungweinstadium und die kühle Lagerung der Tank- und Flaschenweine verhindern die UTA-Bildung. Massnahmen, die zur Verminderung der Luftaufnahme führen (z.B. Fein- oder Vollhefekontakt) mindern das Risiko, ohne einen UTA-freien Wein zu gewährleisten.
Kann ich durch eine späte Schwefelung das Auftreten der UTA verhindern?
Nein, damit wird nur die Gefahr des mikrobiellen Verderbs erhöht. Ebenso wird das Auftreten von Oxidationsaromen gefördert. Mit der Schwefelung der Jungweine sollte keinesfalls experimentiert werden.
Gibt es einfache Tests um das UTA-Potential in Trauben bereits zu bestimmen?
Zur Zeit gibt es noch keine Möglichkeit in Trauben, Most oder Jungwein durch direkte Messung von Inhaltsstoffen das UTA-Potential vorherzusagen. Die sensorische Beurteilung des Jungweines mittels UTAFIX-Test erscheint uns als sinnvoller Lösungsansatz.
Wie funktioniert der UTA-FIX-Test?
Wann sollte der Vortest durchgeführt werden?
Sinnvollerweise sollte der Test so früh als möglich durchgeführt werden (Oktober bis Januar), weil im Wein bereits gebildete UTA-Aromen nicht mehr durch Ascorbinsäure zu entfernen oder zu maskieren sind. Zeigt der Test auf ein erhöhtes UTA-Potential, ist unverzüglich Ascorbinsäure zuzusetzen.
Welche Eigenschaften hat Ascorbinsäure?
Sie wirkt reduzierend
Sie wirkt als Radikalfänger
Sie bewirkt eine Säuerung
Wie sollte Ascorbinsäure eingesetzt werden?
Wurde der Jungwein bereits geschwefelt, ist die freie SO2 vor dem Einrühren der Ascorbinsäure auf mindestens 40 mg/l einzustellen. Bei noch ungeschwefelten Jungweinen kann die Zugabe von Ascorbinsäure kurz nach der Schwefelung erfolgen. Gleichzeitiger Zusatz von schwefliger Säure und Ascorbinsäure oder eine Mischung beider Chemikalien sollte nicht praktiziert werden. Der Zusatz von Ascorbinsäure bis zu einer Woche nach der SO2-Gabe ist völlig unproblematisch.
Welche Menge an Ascorbinsäure setzt man sinnvoller Weise bei Jungweinen mit erhöhtem UTA-Potenzial zu?
Der Gesetzgeber erlaubt einen Zusatz von bis zu 250 mg/l (25 g/hl). Der zulässige Höchstgehalt sollte bei der erstmaligen Gabe nicht ausgeschöpft werden. Vor der Abfüllung wird der durch Verschnitte oder Süssreservedosage abgesunkene Gehalt an Ascorbinsäure bis zu 150 mg/l ergänzt.
Wie lange wirkt die zugesetzte Ascorbinsäure im Wein?
Solange sie in der reduzierten Form vorliegt. Bei gasdichten Verschlüssen sind das viele Jahre. Bei Verkostungen im Sommer 2007 fielen sehr viele unserer Versuchsweine des Jahrgangs 1999, welche ohne Ascorbinsäurezusatz ausgebaut und abgefüllt wurden, durch UTA auf. Die Weine mit Ascorbinsäure waren auch gereift und firn, aber frei von UTA.
Was ist beim Weinausbau mit Ascorbinsäure unbedingt zu beachten?
Es sind unbedingt Aufzeichnungen zu erstellen, welche Weine Ascorbinsäure erhalten haben. Den Gehalt an freiem Schwefeldioxid und Reduktonen regelmäßig prüfen. Nach Verschnitten von Weinen mit Ascorbinsäure-Zusatz sind immer freie SO2 und Reduktone zu bestimmen. Die Titration nach Rebelein sollte sehr langsam erfolgen, weil Ascorbinsäure nicht so schnell wie schweflige Säure bei der jodometrischen Titration reagiert.
Ist es sinnvoll und ratsam bei allen Weißweinen generell Ascorbinsäure anzuwenden?
Von einem generellen Zusatz der Ascorbinsäure zu allen Weißweinen ist abzuraten, da mit dieser Maßnahme Einschränkungen verbunden sind. Dennoch profitieren sehr viele Weine auch ohne UTA-Neigung vom richtigen Einsatz der Ascorbinsäure. So sind beim Ausbau von Weinen mit Ascorbinsäure unter anderem folgende Punkte zu beachten:
Was ist bei der Bestimmung der schwefligen Säure in Weinen mit Ascorbinsäure zu beachten?
Durch den Zusatz von Ascorbinsäure wird schweflige Säure bei fast allen gebräuchlichen Bestimmungsmethoden vorgetäuscht. Bei der Bestimmung der freien schwefligen Säure ist dies zu berücksichtigen. Durch die Verwendung von Glyoxal kann eine Entstörung bei der Bestimmung der freien schwefligen Säure erfolgen. Für die Bestimmung der freien schwefligen Säure ist folgende Arbeitsweise zu wählen:
Die Differenz aus der Bestimmung der freien SO2 und der Reduktone ergibt den tatsächlichen Gehalt an freier schwefliger Säure. Ein Gehalt an freier SO2 von rund 40 mg/l sollte zur mikrobiellen Stabilisierung der Weine eingehalten werden. Die gesamte schweflige Säure kann mittels Destillationsverfahren störungsfrei und genau ermittelt werden. Mit dem Reflektoquant-System der Fa. Merck kann mittels Teststreifen freie schweflige Säure und Ascorbinsäure problemlos nebeneinander hinreichend genau bestimmt werden. Dieses System erscheint für Praxisbetriebe geeignet und setzt keine umfangreiche Laborausstattung voraus.
Kann ich eine Aromaveränderung (Böckser) in Weinen mit Ascorbinsäure noch behandeln?
Die Belüftung als Behandlungsverfahren scheidet aus! Der Einsatz von Kupferpräparaten ist möglich, erfordert aber oft eine Blauschönung.
Gibt es Behandlungsmittel, um im Wein vorhandene UTA zu entfernen?
Zurzeit gibt es keine Behandlungsmittel die UTA-Aromen selektiv aus Weinen zu entfernen. Selbst mit Aktivkohle im gesetzlichen Rahmen ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Überhöhte Mengen an Aktivkohle liefern wasserhelle, unselbständige „Weine“, die auch als Verschnittpartner ungeeignet sind.
Stellen Tannine eine Alternative zur Ascorbinsäure in der UTA-Vorbeugung dar?
Nein; da die notwendigen Mengen sensorisch deutlich wahrzunehmen sind.
Sind Weine mit UTA als QbA-Weine zu vermarkten?
Nein; da der Verbraucher zu Recht bei einem Qualitätswein einen fehler- und mangelfreien Wein erwartet.
Dürfen Weine mit UTA bei der Qualitätsweinprüfung abgelehnt werden, wenn es sich bei der UTA um einen Jahrgangston handelt?
Sie müssen abgelehnt werden, weil der Verbraucher beim Kauf und Genuss eines Qualitätsweines von einem fehler- und mangelfreien Wein ausgeht.
Werden Weine mit Ascorbinsäure hochfarbig?
Bei ausreichender freier schwefliger Säure werden Weine mit Ascorbinsäure nicht hochfarbig. Niedrige Lagertemperaturen sind anzustreben.
Ist der Zusatz von Ascorbinsäure zur Maische oder Most sinnvoll?
Der Gesetzgeber hat den Einsatz ab dem Traubenstadium erlaubt. Zur Vermeidung der UTA ist ein Zusatz erst ab dem Jungweinstadium sinnvoll und erforderlich. Ein Zusatz von Ascorbinsäure zu den Trauben oder der Maische kann die Reduktivität erhöhen und so oxidationsempfindliche Aromastoffe und Off-Flavor-Komponenten (Sulfide) schützen, sofern solche überhaupt vorliegen. Im Jungwein sind meist nur noch Spuren von Ascorbinsäure vorhanden. Eine Störung des Diagnoseverfahrens UTAFIX-Test ist die Folge. Ascorbinsäurezugabe zum Most direkt vor der Vergärung führt zu sehr reduktiven Jungweinen. Der Ascorbinsäuregehalt im Jungwein variiert stark. Bis zu 80 % der zugesetzten Ascorbinsäure kann noch vorhanden sein.
Ist der Zusatz von Ascorbinsäure kurz vor der Füllung sinnvoll?
Aufgrund der stark reduzierenden Eigenschaft von Ascorbinsäure können Disulfide in Sulfiden gespalten werden. Die Geruchsintensität von Sulfiden ist stärker als von Disulfiden. Eine Böckserbildung in der Flasche kann erfolgen und ist nur nach dem Aufziehen des Weines zu behandeln. Vier Wochen Wartezeit nach der Ascorbinsäurezugabe bis zur Füllung sind ausreichend um Veränderungen festzustellen und im Fassweinstadium noch zu behandeln.
Wird Ascorbinsäure und SO2 nach der Flaschenfüllung verbraucht?
Die bei der Füllung eingebrachte Menge an Sauerstoff bewirkt die Abnahme von schwefliger Säure und der äquimolaren Menge an Ascorbinsäure. Ausreichend gasdichte Verschlüsse verhindern eine Abnahme der Antioxidantien.
Noch Fragen?
Fachzentrum Analytik
Dr. Martin Gessner
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