Forschungs- und Innovationsprojekt
Untersuchungen zu Prävention von Spätfrostschäden

Ein Eiszapfen umschließt die frisch ausgetrieben Rebknospe

Untersuchungen zur Schadensminderung bei Spätfrösten in fränkischen Weinbergen

Das Spätfrostrisiko steigt mit dem fortschreitenden Klimawandel deutlich an. Phänologische Aufzeichnungen der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau ab dem Jahr 1968 zeigen ein immer früheres Austreiben der Reben. Die Gefahr von Kälteeinbrüchen besteht aber nach wie vor bis Mitte Mai. Hierdurch verlängert sich die Zeitspanne in der ein Spätfrostschaden verursacht werden kann um zwei bis drei Wochen.

Ausgangssituation und Zielsetzung

Die Gefahr von Ertragsausfällen in der Traubenproduktion ist je nach Region von verschiedenen Faktoren abhängig. Während biotische Schädlinge wirksam und ökonomisch effizient bekämpft werden können, sind Gegenmaßnahmen bei extremen Witterungseinflüssen wesentlich aufwändiger und ungenügend auf Wirksamkeit geprüft.

Dies gilt insbesondere für Spätfrostschäden an der Rebe im kontinental geprägten Klima Frankens. Nach Austrieb des jungen, grünen Gewebes im Frühjahr reichen Temperaturen ab -2°C, um Erfrierungen an der Rebe zu verursachen. Das Schädigungsmaß ist abhängig von einer Vielzahl von Faktoren, insbesondere der Dauer der Frosteinwirkung, der Luftfeuchtigkeit, dem Entwicklungsstand der Rebe und der Rebsorte.

Die Entwicklung der Reben 2011 begann ungewöhnlich früh, so dass Anfang Mai bereits das „4 - 5 Blatt – Stadium“ erreicht war. Ein Kälteeinbruch vom 3. auf den 4. Mai führte zu flächendeckenden Schäden im deutschen Weinbau. In vielen fränkischen Weinbergen wurden teilweise verheerende Spätfrostschäden verzeichnet. Der dadurch entstandene wirtschaftliche Schaden war für den Einzelbetrieb existenziell gefährdend. Für Franken wurden 2011 Schäden in Höhe von bis zu 80 Mio. EURO geschätzt (Fränkischer Weinbauverband 2011).

Das Ziel war es, ein Maßnahmenpaket zu entwickeln, das der Weinwirtschaft hilft, künftigen Spätfrostschäden vorzubeugen. Ein weiteres wichtiges Ziel war die Erforschung von geeigneten Bewirtschaftungstechniken, die nach einem Frostereignis den Ertragsausfall minimieren können.

Methoden

Zur Vermeidung von Spätfrostschäden wurden folgende Versuche durchgeführt

  • Verhindern von Wärmeabstrahlung mit Hilfe von Nebelkerzen und Vernebelungsmaschinen
  • Luftumwälzung zur Erwärmung bodennaher Kaltluftschichten mittels
    • Windrad
    • Hubschrauber
    • Selective inverted sink - Technologie
  • Beregnung
  • Wärme(-energie) aktiv zuführen
    • Stopgel-Kerzen
    • Heizdraht
  • Physiologische Verfahren
    • Spezielle Pflanzenstärkungsmittel zur Erhöhung der Frosttoleranz
    • Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Verzögerung des Austriebs
    • Ölapplikationen zur Verzögerung des Austriebs
    • Double pruning (doppelter Rebschnitt) zur Verzögerung des Austriebs
  • Begleitend:
    • Prüfung der Eignung von Drohnen mit Infrarotsensoren zur aktuellen und schnellen Temperaturermittlung
Neben den Spritzungen beispielsweise der Ölbehandlungen im Vorfeld möglicher Spätfröste im Mai erfolgen zahlreiche Versuchsdurchführungen während der Frostnächte wie Einsatz des Windrades, Hubschrauber, Stoppgel-Kerzen und Beregnung. Im Anschluss daran werden mehrmals pro Woche der Austrieb und die weitere Entwicklung der Reben protokolliert. Die Unterschiede auf Beerenreife und Auswirkungen auf die spätere Weinqualität werden ebenfalls erfasst. Versuche mit Topfreben im Gewächshaus oder mit vorgezogenen Topfreben im Freiland finden während des Winters statt.

Ergebnisse

Zusammenfassende Bewertung der im Rahmen des Spätfrostprojekts geprüften Verfahren

  • Nebelmaschine
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: nein
    • Anwendung bei Windfrost: nein
    • Kosten / Arbeitsaufwand: -
    • wichtige Anmerkung: Dieses Verfahren erwies sich als unwirksam und kann nicht empfohlen werden.
  • SIS-Gerät
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: nein
    • Anwendung bei Windfrost: nein
    • Kosten / Arbeitsaufwand: -
    • wichtige Anmerkung: Dieses Verfahren erwies sich als unwirksam und kann nicht empfohlen werden.
  • Windmaschine (Windrad)
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: nein
    • Kosten / Arbeitsaufwand: Ab 30.000.-€, zusätzlich fallen Kosten für Gas und Gastank an; Windräder können vollautomatisiert in Betrieb genommen werden.
    • wichtige Anmerkung: Flächenabdeckung je nach Modell der Windmaschine von 1-5 ha; zu beachten sind hierbei etwaige Abstands- oder Lärmbegrenzungen; ab einer Masthöhe von 10m ist eine stationäre Windmaschine genehmigungspflichtig.
  • Hubschrauber
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: nein
    • Kosten / Arbeitsaufwand: 250-400 €/ha (Kosten für Anflug und tatsächliche Flugminuten), d.h. kosten- und arbeitsgünstige Lösung bei hoher Schlagkraft.
    • wichtige Anmerkung: Je nach Hubschraubergröße können Flächen bis zu 25 ha geschützt werden; Einsätze in der Nähe von Ortschaften können problematisch sein (Lärmbelästigung); Flug nur bei Tag (frühestens 30 Minuten vor Sonnenaufgang) möglich.
  • Beregnung
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: ja
    • Kosten / Arbeitsaufwand: Hohe Kosten für Installation und Wartung der Frostberegnung; zusätzliche Ausgaben für Wasserbevorratung, komplette Automatisierung ist möglich.
    • wichtige Anmerkung: Effektiver Schutz bei Einsatz konventioneller Beregnungsanlagen; beim Einsatz neuer wassersparender Regner sind weitere Erfahrungen erforderlich; bei einer Neuinstallation derartiger Anlagen ist die Kombination mit einer Tröpfchenbewässerung möglich.
  • Heizkerzen
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: ja
    • Kosten / Arbeitsaufwand: 1.700.-€ bis 2.600.-€ pro ha; zusätzlich hoher Personalaufwand für Aufstellen, Anzünden und Löschen der Kerzen.
    • wichtige Anmerkung: Wirksames Verfahren, Einsatz muss der örtlichen Feuerwehr mitgeteilt werden; Die Brenndauer ist bei Windfrost reduziert.
  • Heizdraht
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: ja
    • Kosten / Arbeitsaufwand: Kosten von ca. 10.000.- €/ha für die Installation; zusätzlich fallen Ausgaben für die Strombeschaffung (Stromaggregat) an; eine vollständige Automatisierung ist möglich.
    • wichtige Anmerkung: Die Mechanisierung von Pflegemaßnahmen im Weinberg kann durch die Maßnahme eingeschränkt sein; eine Umstellung auf Kordonerziehung ist empfehlenswert
  • Pflanzenstärkungsmittel
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: nein
    • Anwendung bei Windfrost: nein
    • Kosten / Arbeitsaufwand: -
    • wichtige Anmerkung: Dieses Verfahren erwies sich als unwirksam und kann daher nicht empfohlen werden.
  • double pruning
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: ja
    • Kosten / Arbeitsaufwand: Der Vorschnitt im Winter kann maschinell erfolgen, der zweite Rebschnitt muss manuell erfolgen
    • wichtige Anmerkung: Wenig Erfahrungswerte gerade im Hinblick auf Sorteneignung/-unterschiede; die Maßnahme muss vor der eigentlichen Frostgefahr eingeleitet werden; bleibt ein Frostereignis aus sind Unterschiede in der Reifeentwicklung der Trauben zu erwarten und der Ertrag ist leicht verringert.
  • Ölapplikation (Rapsöl)
    • Anwendung bei Strahlungsfrost: ja
    • Anwendung bei Windfrost: ja
    • Kosten / Arbeitsaufwand: Geringe Kosten für Öl und Applikation, da kleine Zielfläche
    • wichtige Anmerkung: Es besteht keine Zulassung für die Verwendung der Öle in dieser Konzentration und zu diesem Zweck in Deutschland; Die Maßnahme muss vor der eigentlichen Frostgefahr eingeleitet werden; Keine Erfahrungswerte im Hinblick auf Sorteneignung/-unterschiede.
Projektinformationen
Projektleitung: Markus Müller, Dipl. Ing. (FH)
Laufzeit: 1.1.2012 – 31.12.2014, Projektverlängerung 1.1.2015 – 31.12.2017
Projektträger: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, München
Förderkennzeichen / Fördernummer: A / 12 / 12